Obama droht Kongress mit Veto
Das Atomabkommen mit dem Iran unterbindet nach Darstellung von US-Präsident Barack Obama die Verbreitung von Kernwaffen im Nahen Osten. Durch die Vereinbarung werde die Staatengemeinschaft sicherstellen können, dass die Regierung in Teheran nicht an Atomwaffen gelangen könne, so Obama am Dienstag in Washington.
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Das nach monatelangen Verhandlungen am Dienstag erzielte Abkommen mache „das Land und die Welt sicherer“, so Obama in einer Fernsehansprache aus dem Weißen Haus. Es wäre verantwortungslos, das Abkommen nicht anzunehmen. Für den Iran sei „jeder Pfad“ zur Atombombe abgeschnitten. Die Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten sei „gestoppt“. Am Vormittag hatten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif eine Einigung im Atomdeal bestätigt.
Rede von US-Präsident Obama zum Iran-Abkommen
Das Abkommen mit dem Iran sei „historisch“, sagte US-Präsident Barack Obama am Dienstag, es mache „das Land und die Welt sicherer“. Für den Iran sei „jeder Pfad“ zur Atombombe abgeschnitten.
Obama sagte weiters, das Abkommen beruhe nicht auf Vertrauen, sondern auf einer Überprüfung durch internationale Inspektoren. Sollte Teheran gegen seine Verpflichtungen verstoßen, würden die Sanktionen sofort wieder „zuschnappen“. Obama kündigte sein Veto gegen jedes Gesetz im Kongress an, das eine Umsetzung verhindern würde. Die Abgeordneten und das amerikanische Volk müssten sich die Alternative zu der Vereinbarung vor Augen halten, sagte Obama. Republikanische Abgeordnete kündigten bereits an, den Deal wegen „tiefer Skepsis“ sehr genau prüfen zu wollen. Der US-Kongress hat nach Übermittlung des Papiers dafür 60 Tage Zeit.
US-Außenminier John Kerry sagte in Wien, der Deal sei die beste Alternative von allen. Das bedeute aber nicht, dass die Arbeit zu Ende sei. Kerry rief die iranische Führung auf, sich an die Punkte im 109 Seiten langen Vertragspapier zu halten, damit die Sanktionen auch tatsächlich gelockert werden können. Nachdem sich der Iran aber auch an das Interimsabkommen vom November 2013 gehalten habe, gebe es berchtigte Hoffnung, dass der Deal halten werde.
Heftige Kritik Israels
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte das Abkommen einen „bösen Fehler“. „Dem Iran wird damit ein sicherer Weg eröffnet, Atomwaffen zu erlangen“, kritisierte Netanjahu in Jerusalem. Viele der Beschränkungen, die genau das verhindern sollten, würden nun aufgehoben. Netanjahu wird laut Experten nichts unversucht lassen, das Abkommen auch mit Hilfe des US-Kongresses, der der Vereinbarung noch zustimmen muss, zu Fall zu bringen. Es gebe keinen Grund, dem Iran zu vertrauen, sagte auch der Jüdische Weltkongress, bisher sei das Abkommen nur ein Stück Papier.

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Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bei der Pressekonferenz am Dienstag
Vizeaußenministerin Zipi Chotoveli kritisierte die Atomeinigung als Kapitulation gegenüber dem Iran. Die israelische Nachrichtenseite Ynet zitierte Chotoveli am Dienstag mit den Worten: „Das ist ein historischer Kapitulationsvertrag des Westens gegenüber der Achse des Bösen unter der Führung des Iran.“ Der Vertrag werde schlimme Auswirkungen für den gesamten Nahen Osten haben und bringe den Iran auf dem Weg zum atomaren Schwellenland einen großen Schritt weiter. „Wir werden mit allen diplomatischen Mitteln gegen den Vertrag vorgehen“, sagte Chotoveli weiter.
Obama telefoniert mit Netanjahu
Obama telefonierte später mit Netanjahu und sicherte ihm weiter die „unerschütterliche Unterstützung“ der USA zu. Das solle auch der Besuch von US-Verteidigungsminister Ash Carter in Israel kommende Woche verdeutlichen, so Obama nach Angaben des Weißen Hauses. „Wir bleiben wachsam dabei, den destabilisierenden Maßnahmen des iranischen Regimes in der Region entgegenzutreten“, sagte Obama. Die Sorgen über den Iran als Unterstützer des Terrorismus und Bedrohungen Israels würden durch das Atomabkommen nicht verringert.
Steinmeier optimistisch
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier verteidigte das Abkommen gegenüber der Kritik: Er sei sich sicher, dass man auch Israel von dem Abkommen überzeugen könne, wenn die Details bekanntwerden. Er mache sich aber keine Illusionen: Nicht alle Probleme im Verhältnis zum Iran seien mit der Vereinbarung gelöst. Es sei auch nicht auszuschließen, dass Gegner die Umsetzung nun torpedieren.
Putin: Russland tut alles für Umsetzung
Russland werde alles für eine vollständige Umsetzung der Wiener Vereinbarung tun und gehe davon aus, dass auch die anderen Gesprächspartner ihre Verpflichtungen erfüllen würden, so Präsident Wladimir Putin am Dienstag in Moskau. „Ich bin überzeugt, dass die Welt heute vor Erleichterung laut aufgeatmet hat“, so Putin.

APA/AP/Joe Klamar
Am Dienstagvormittag gab es noch eine letzte Runde mit den Außenministern der fünf UNO-Vetomächte und Deutschlands sowie der EU und des Iran
Russland erwartet Außenminister Sergej Lawrow zufolge von den USA nun ein Ende der Pläne für eine Raketenabwehr in Europa. US-Präsident Barack Obama habe 2009 in seiner Prager Rede gesagt, dass sich das Vorhaben bei einer Einigung mit dem Iran erledigen würde. „Die Einigung von Wien wird das Nichtweiterverbreiten von Atomwaffen positiv beeinflussen und eine heilende Wirkung haben auf die Lage im Nahen Osten, in Nordafrika und am Persischen Golf“, sagte Lawrow.
Nach Ansicht Lawrows ist die Einigung auch eine gute Ausgangsbasis für eine schlagkräftigere Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Der Kompromiss beseitigt die größtenteils künstlichen Hindernisse, um ein breites Bündnis gegen den Islamischen Staat und andere Terrorgruppen zu schmieden“, sagte Lawrow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge.
Ban hofft auf Frieden und Sicherheit
Frankreichs Präsident Francois Hollande und Großbritanniens Premierminister David Cameron begrüßten den Deal ebenfalls. Das Abkommen, dessen erstes Ziel es gewesen sei, die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen zu unterbinden, sei wichtig für die Zukunft der Welt, so Hollande. Der britische Außenminister Philip Hammond, der in Wien mit am Verhandlungstisch gesessen war, sagte, der Fokus werde nun auf der „schnellen und vollständigen“ Umsetzung liegen.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte die Vereinbarung als „historisch und bedeutend“. „Das ist die Bestätigung des Nutzens von Dialog“, so Ban laut einer von den Vereinten Nationen in New York verbreiteter Mitteilung. Er bewundere die „Entschlossenheit der Verhandlungsteilnehmer und den Mut ihrer Staats- und Regierungschefs“. Er hoffe, dass das Abkommen zu Frieden und Sicherheit in der Region und darüber hinaus beitragen werde, schrieb Ban.
Auch die Wirtschaft reagierte auf den Deal: Der Ölpreis sank in Erwartung eines steigenden Angebots. Die richtungsweisende Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um bis zu 2,1 Prozent auf 56,61 Dollar je Barrel (159 Liter). Die US-Ölsorte WTI rutschte sogar um 3,4 Prozent auf 50,41 Dollar ab. Schon jetzt übersteigt das Angebot die Nachfrage um mehr als 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Abseits davon rechnet sich die Wirtschaft aber auch wieder milliardenschwere Geschäfte mit dem Iran aus.
EU würdigt „Durchbruch“
Die EU würdigte die Einigung als „Durchbruch“. Sollte das Abkommen in allen Punkten umgesetzt werden, könne es „ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft sein“, sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk in Brüssel. Das Abkommen könne auf weltgeopolitischer Ebene bahnbrechend sein.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz blickte dem „Beginn einer neuen Ära“ entgegen. Das Abkommen sei gut für den Iran, gut für die Region und gut für die globale Sicherheit, so Schulz in Brüssel. „Eine glaubwürdige Umsetzung des Abkommens wird jetzt der Schlüssel sein.“
Bundesregierung: „Unermüdliches Engagement“
Österreichs Regierungsspitze zeigte sich über die erzielte Einigung ebenfalls froh. Es seien schwierige Verhandlungen gewesen, so Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Die Beteiligten hätten sich durch „unermüdliches Engagement“ ausgezeichnet. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) reagierte erfreut, dass die Gespräche positiv abgeschlossen werden konnten und sich gezeigt habe, dass es möglich sei, komplexe Probleme aus der Welt zu schaffen.

Dragan Tatic
US-Außenminister John Kerry neben Frankreichs Außenminister Laurent Fabius und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP)
Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) hofft nun, dass der Iran auch zur Lösung der Konflikte in der Region beitragen kann. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte die Einigung als „Riesenchance für Frieden, Stabilität und Sicherheit nicht nur im Mittleren Osten, sondern auf der ganzen Welt“. Man sei stolz, dass die Verhandlungen in Wien stattgefunden haben und die Stadt Ort des Dialogs war, so Kurz unmittelbar nach der offiziellen Bekanntgabe der historischen Einigung.
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