Neuauflage von „Sunni Awakening“?
US-Präsident Barack Obama hat zuletzt eine verschärfte Vorgangsweise gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und Syrien angekündigt. Eine solche fordert nun auch ein offenbar neu gebildetes Bündnis einflussreicher syrischer Stammesführer, die gleichzeitig scharf kritisieren, dass sich die Unterstützung des Westens bisher auf kurdische Kämpfer konzentriert.
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Als großes Vorbild der neuen Anti-IS-Koalition nennt der „Independent“ die Bewegung „Sunni Awakening“, von der sich die USA nach der Irak-Invasion Unterstützung im Kampf gegen die Terrorgruppe Al-Kaida erhofften. Der Zeitung zufolge haben Vertreter des neuen Bündnisses bereits den Kontakt zu den USA gesucht. Die Rede ist von einem Geheimtreffen mit US-Sonderbeauftragen und ehemaligen Kommandanten der US-geführten Streitkräfte in Afghanistan, John Allen.
Vor rund zwei Wochen sei beim Syrien-Sonderbeauftragten der UNO, Staffan de Mistura, in Genf zudem die Möglichkeiten eines Friedensabkommens mit dem syrischen Regime ausgelotet worden. Wenn Syriens Langzeitmachthaber Baschar al-Assad Frieden will, dann sei man zu Gesprächen bereit, wird in diesem Zusammenhang Alscheich Irhiman Kawan Adschbara vom Ugaidat-Stamm zitiert - bisher gebe es allerdings keine Anzeichen für einen solchen Schritt.
„Schlüsselfaktor“
Laut „Independent“ handelt es sich bei den genannten sunnitischen Stämmen im syrischen Bürgerkrieg um einen „Schlüsselfaktor“ mit Hundertausenden loyalen Anhängern. Obwohl teilweise in Assad-Anhänger und -Gegner gespalten, soll das Land nun gemeinsam befriedet werden. Angesichts der ernüchternden Bilanz des US-Engagements im Irak wolle sich die „Koalition der syrischen Stämme und Clans“ auch „nicht manipulieren“ und gegeneinander ausspielen lassen. Angesprochen wurden damit auch die von Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten verfolgten Interessen.
Von Assad und dem IS zum Teil ins Exil gedrängt, seien die Stammesführer von den genannten Ländern bereits um Unterstützung gebeten worden. Vermisst wird eine spürbare Unterstützung. Warum seien bisher nur Kurden und schiitische Kämpfer von der US-geführten Luftstreitmacht unterstützt worden und warum sei der IS etwa beim Sturm auf Palmyra nicht mit Luftschlägen gestoppt worden, fragten die Stammesführer, die im Kampf gegen den IS offenbar auf sich allein gestellt waren.
Von USA „nur Lippenbekenntnisse“
Obwohl von den USA bisher lediglich Lippenbekenntnisse gekommen seien, sei man dennoch weiter verhandlungsbereit. Den USA wurde gleichzeitig aber vorgeworfen, im Kampf gegen den IS nun verstärkt auf Assads Unterstützung zu setzen - ein baldiger Sturz sei demnach nicht absehbar. Die Zurückhaltung im Irak sehen die Stammesführer zudem im anstehenden Atomdeal mit dem nun wieder verstärkt im Irak aktiven Iran begründet.

APA/ORF.at
Die IS-Miliz hat Teile des Iraks und Syriens besetzt und begeht in den von ihr gehaltenen Gebieten Gräueltaten. Vor einem Jahr riefen die Dschihadisten ein grenzüberschreitendes „Kalifat“ aus. Die USA fliegen seit Sommer 2014 gemeinsam mit Verbündeten Luftangriffe auf IS-Stellungen. Für den Kampf am Boden setzt Washington auf die irakischen Streitkräfte, kurdische Verbände sowie die moderate Opposition gegen Assad. Der seit mehr als vier Jahren andauernde Bürgerkrieg in Syrien hatte den Aufstieg der IS-Miliz maßgeblich begünstigt.
Über vier Millionen Flüchtlinge
Der Bürgerkrieg und der IS-Vormarsch in Syrien vertrieb mittlerweile mehr als vier Millionen Menschen aus dem Land. Allein in den vergangenen zehn Monaten sei die Zahl der Flüchtlinge um eine Million gestiegen, teilte das UNO-Flüchtlingswerk UNHCR am Donnerstag in Genf mit. UNHCR-Chef Antonio Guterres erklärte, es handle sich um die „größte Zahl von Flüchtlingen aus einem einzigen Konflikt seit einer Generation“.
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