Über 340 Mrd. Euro gesamt für „Grexit“
Nach dem klaren Nein der Griechen zu den Spar- und Reformvorschlägen der Gläubiger ist nach Einschätzung vieler Ökonomen die Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus der Euro-Zone („Grexit“) deutlich gestiegen. Im Falle eines Konkurses des griechischen Staates und der griechischen Banken würden sich die Maximalverluste für Österreich bereits auf knapp zehn Mrd. Euro summieren.
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Zu diesem Ergebnis kommt unter anderem eine aktuelle Analyse des dem österreichischen Ökonomen Eugen von Böhm-Bawerk gewidmeten Blogs Bawerk.net, das sich auf Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat, den Rettungsschirm EFSF, die Europäische Zentralbank (EZB), die griechischen Zentralbank (Bank of Greece) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) beruft.
Ziemlich lange Rechnung
Laut der Rechnung stünden bei einem „Grexit“ insgesamt rund 343 Mrd. Euro „im Feuer“, für die die Euro-Länder entweder haften oder die sie bereits an direkten Krediten an Griechenland vergeben haben. Die Summe setzt sich zusammen aus 52,9 Mrd. Euro an bilateralen Krediten, 131 Mrd. Euro an Mitteln des Euro-Rettungsfonds EFSF, bei 19,8 Mrd. Euro handelt es sich um griechische Staatsanleihen, die von den anderen Euro-Notenbanken im Rahmen des Security Markets Programme (SMP) erworben wurden, 17,8 Mrd. Euro sind kurzfristige T-Bills (Schatzscheine), 32,3 Mrd. Euro machen die Hauptrefinanzierungsgeschäfte (MRO) der EZB und rund 89 Mrd. Euro die EZB-Notfallkredite (ELA) aus.
Für Österreich knapp drei Prozent des BIP
Der auf Österreich entfallende Anteil von 9,86 Mrd. Euro an der errechneten Gesamtsumme von 343 Mrd. Euro entspricht etwa 2,9 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ein großer Teil entfällt auf Haftungen. Die österreichischen Banken sollen indes zuletzt nur noch mit weniger als 100 Mio. Euro in Griechenland investiert gewesen sein.
Zum Vergleich: Das deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut ifo kam in einer Ende Mai erschienenen Schnellanalyse - mit Datenstand per Ende März - für Österreich auf einen Wert von 9,2 Mrd. Euro. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) sprach Ende Februar - mit Datenstand Ende 2014 - von 8,9 Mrd. Euro bzw. 2,7 Prozent des BIP.
Deutschland am stärksten betroffen
In Summe am stärksten betroffen von einem „Grexit“ wäre laut den aktuellen Daten Deutschland mit 90,4 Mrd. Euro. Auf Frankreich würden 71,2 Mrd. Euro entfallen, gefolgt von Italien mit 61,8 Mrd. Euro und Spanien mit 44,4 Mrd. Euro. Ein zweistelliger Betrag würde auch noch auf die Niederlande (20,1 Mrd.) und Belgien (12,5 Mrd.) kommen.
Bei Italien machen diese Außenstände samt Haftungen 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, in Relation am stärksten betroffen wären von einem Ausfall Lettland (5,7 Prozent), Litauen (5,5 Prozent) und die Slowakei (fünf Prozent).
Schelling hält Kosten für „überschaubar“
Laut Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) schuldet Griechenland Österreich im Rahmen eines bilateralen Kredits insgesamt 1,56 Mrd. Euro mit einer Laufzeit bis 2041. Die Rückzahlung des Kredits ist ab dem Jahr 2020 vereinbart. Österreich hat außerdem eine Haftung von 3,9 Mrd. Euro beim Rettungsschirm EFSF übernommen. „Damit diese schlagend wird, müsste die EFSF insolvent werden. Das wird nicht eintreten“, sagte der Finanzminister vor einigen Tagen. Beim EFSF gebe „es maximal einen Schuldenschnitt, den wir halt anteilig mittragen müssten“. Das Risiko sei daher „überschaubar“.
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