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„Endlich in Europa angekommen“

Nach jahrelangen Querelen ist Österreich, „was den Nichtraucherschutz betrifft, endlich in Europa angekommen“. Mit diesen Worten zeigte sich Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) über die für viele nun überraschend schnell getroffene Einigung auf ein neues Nichtrauchergesetz erfreut, das am Mittwoch im Nationalrat die letzte Hürde nimmt.

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In Kraft treten soll das neue von der SPÖ-ÖVP-Koalition mit den Stimmen der Grünen Ende Juni im Gesundheitsausschuss beschlossene Regelwerk schließlich nach Ablauf einer Übergangsfrist am 1. Mai 2018. Laut Gesundheitsministerium handelt es sich um ein „totales Rauchverbot“ - die bisherigen Ausnahmen und den damit verbundenen und viel diskutierten Interpretationsspielraum soll es für die Gastronomie nicht mehr geben.

„Streng abgeschirmte Raucherräume“ in Hotels

Die neuen Nichtraucherschutzbestimmen umfassen nach Angaben der Parlamentskorrespondenz „alle öffentlichen Orte, wo Speisen und Getränke hergestellt, verarbeitet, verabreicht oder eingenommen werden“. Darunter fallen beispielsweise auch Versammlungen in Pfarrsälen und Feuerwehrfeste, aber auch „nicht ortsfeste Einrichtungen“ wie Festzelte.

2.000 bzw. 100 Euro Strafe

Bei Verstößen gegen das neue Nichtrauchergesetz droht Wirten ein Bußgeld von 2.000 Euro - für Raucher, die sich nicht an die neuen Regeln halten, ist eine Strafe von 100 Euro vorgesehen. Neben klassischen Tabakerzeugnissen sind von der neuen Regelung zudem Wasserpfeifen und verwandte Produkte wie etwa E-Zigaretten erfasst.

Ein striktes Rauchverbot ist zudem für Mehrzweckräumlichkeiten sowie schulische Einrichtungen und Freiflächen, in denen Kinder und Jugendliche beaufsichtigt und beherbergt werden, vorgesehen. Betroffen sind auch Vereinslokale, „sofern in diesen Tätigkeiten im Beisein von Kindern und Jugendlichen ausgeübt werden“, wobei hier als Beispiele Chor- und Musikproben und Sportvereinstreffen genannt wurden. Nicht verboten wird Rauchen in Vereinsräumen, die ausschließlich von Erwachsenen und zu internen Zwecken genutzt werden. Genannt wurden hier als Beispiel Gesangsvereine und Zigarrenclubs - gleichzeitig sagte Oberhauser, dass man sicherstellen werde, dass das Rauchverbot nicht durch Vereinsstrukturen umgangen werden kann.

„Rauchen verboten“ heißt es künftig auch in den Zimmern heimischer Hotels und sonstiger Beherbergungsbetriebe. Mit der Begründung, „dass die Verweildauer der Gäste auch mehrere Tage oder Wochen betragen könne“, werden diesen „streng abgetrennte Raucherräume“ erlaubt.

Grafik zu Rauchverboten in Europa

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Steuerliche Anreize für vorzeitiges Umsteigen

Für Gastronomieunternehmer, die bereits in Raucherzimmer & Co. investiert haben, sieht das Gesetz unterdessen eine Art steuerliche Entschädigung vor. Konkret ist für Unternehmen, die bereits vor 1. Juli 2016 auf die neuen Regeln umsteigen, eine steuerliche Prämie in der Höhe von 30 Prozent für getätigte Umbauinvestitionen vorgesehen.

Anzeigenflut von Anrainern befürchtet

Die Wirtschaftskammer (WKO) wertete die im Rahmen der Verhandlungen noch verlängerte Übergangsfrist und die von zehn auf nun 30 Prozent erhöhte Nichtraucherschutzprämie zwar als Entgegenkommen - grundsätzlich werde man in Sachen Rauchverbot nun aber vor „vollendete Tatsachen“ gestellt, die es nun „zähneknirschend“ zu akzeptieren gelte.

Die WKO vermisst zudem „klare und eindeutige Regelungen“ für das nun wohl zunehmende Rauchen vor den Lokalen. Laut „Kurier“ äußerte Mario Pulka von der WKO jedenfalls bereits die Befürchtung einer drohenden „Anzeigenflut“. Die Anrainerproblematik werde wohl „enorme Probleme mit sich bringen“.

Erneut Schlupflöcher geortet

Der im Umweltministerium für die Arbeitsgruppe Innenraumluft zuständige Peter Tappler sieht unterdessen auch abseits davon reichlich Diskussionsbedarf. Er vermisst nicht nur weiterreichende Maßnahmen Richtung Privatautos und -wohnungen, auch über die offenbar für Krankenhäuser weiter vorgesehenen Raucherräume und die Ausnahmeregelung für Hotels zeigte sich Tappler in einem „Standard“-Gastkommentar wenig begeistert. Völlig unverständlich sei aber, „dass erneut keine konsequente öffentliche Kontrolle zur systematischen Überprüfung der Vorgaben des Gesetzes vorgesehen wurde“.

„Kampf bis 2018“

Einen „Kampf bis 2018“ kündigte im „Kurier“ aber auch der in Sachen Rauchverbot streitbare Wiener Wirt Heinz Pollischansky an. Das neue Gesetz sei zwar beschlossene Sache, „aber schauen wir, welche Regierung 2018 oder vielleicht früher gewählt wird“, so der Organisator einer offenbar bereits von 350.000 Unterstützern unterzeichneten Kampagne gegen rauchfreie Gaststätten in Österreich.

Vorgeschmack auf Parlamentsdebatte

Im Nationalrat wird unterdessen eine breite Mehrheit erwartet - einen ersten Vorgeschmack auf die noch zu erwartende Debatte gab aber bereits der Gesundheitsausschuss vom 30. Juni, bei dem das Gesetz auf Schiene gebracht wurde. Nicht für das Gesetz stimmen wollen FPÖ und das Team Stronach (TS) - sie sehen nicht nur das Selbstbestimmungsrecht, sondern auch Österreichs Wirtshauskultur in Gefahr. FPÖ-Mandatar Peter Wurm sprach in diesem Zusammenhang von „diktatorischen Regelungen“, TS-Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer von einer Bevormundung der Bevölkerung. Ein weiteres Mal verwies die FPÖ zudem auf die Petition „Nein zum absoluten Rauchverbot“, die am Mittwoch im Parlament behandelt wird.

Eva Mückstein von den Grünen zeigte sich überzeugt, dass sich die Aufregung bald legen werde, und „in ein paar Jahren alle froh sein werden, dass es das Gesetz gibt“ - sie hätte sich aber eine kürzere Übergangsfrist gewünscht. Nicht mit allen Punkten zufrieden zeigte sich auch Gerald Loacker von NEOS - von seiner Partei werde der Schutz der Nichtraucher und vor allem der Arbeitnehmer in der Gastronomie aber natürlich unterstützt.

Erwin Spindelegger von der SPÖ verwies im Gesundheitsausschuss auf Irland, wo bereits 2005 weitreichende Rauchverbote eingeführt wurden, und seitdem „kein einziges Pub zusperren musste“. Laut Erwin Rasinger (ÖVP) entspricht die Novelle „dem internationalen Trend“. Zudem verwies Rasinger auf die jährlich etwa 14.000 Menschen in Österreich, die an den Folgen des Tabakkonsums sterben.

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