Provider keine „Schleusenwärter“
Die US-Telekommunikationsaufsicht Federal Communications Commission (FCC) hat kostenpflichtigen Überholspuren im Internet einen Riegel vorgeschoben. Mit drei zu zwei Stimmen nahm das FCC-Gremium am Donnerstag eine neue Regulierung an, die Internetanbieter zu einer Gleichbehandlung aller Datenpakete verpflichtet.
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„Das Internet ist das ultimative Werkzeug für die freie Meinungsäußerung“, sagte FCC-Chef Tom Wheeler vor der Abstimmung. Den Providern dürfe nicht die Funktion eines „Schleusenwärters“ zufallen, der über die verfügbaren Netzinhalte entscheidet. Wheeler hatte seine Pläne Anfang Februar vorgestellt.
Vorschriften waren gekippt worden
Die Neuregelung war notwendig geworden, nachdem ein US-Bundesgericht die bisherigen Vorschriften zur „Netzneutralität“ vergangenes Jahr nach einer Klage des US-Telekommunikationsriesen Verizon gekippt hatte. Das Gericht warf der FCC vor, mit den zuvor geltenden Vorschriften ihre Befugnisse überschritten zu haben.

Reuters/Yuri Gripas
Das FCC-Gremium stimmte mit knapper Mehrheit für neue Regeln
Teil der Grundversorgung
Nun stuft die Aufsichtsbehörde den Zugang zu Breitbandinternet ähnlich wie zu Wasser-, Strom- und Telefonnetzen als Teil der öffentlichen Grundversorgung ein. Dabei stützt sich die FCC auf ein Gesetz von 1934 zur Regulierung von Telefonleitungen. Die US-amerikanische Telekombranche hatte bereits Klagen dagegen in Aussicht gestellt.
Die neuen Regeln verhindern, dass Internetprovider aus finanziellen Interessen bestimmte Datenpakete bevorzugen beziehungsweise bestimmte Webangebote der Konkurrenz drosseln oder gar blockieren können.
Auftakt für juristische Auseinandersetzungen
Das Votum vom Donnerstag dürfte aber nur der Auftakt einer langen juristischen und politischen Auseinandersetzung sein. Kritiker werfen Wheeler vor, mit mehr Bürokratie Investitionen abzuwürgen. Der republikanische FCC-Kommissar Ajit Pai beklagte, dass die neuen Regeln zu einer „monumentalen Verlagerung hin zu einer Kontrolle des Internets durch die Regierung“ führen würden.
Harold Feld von der Verbraucherschutzorganisation Public Knowledge wertete die Abstimmung dagegen als Erfolg für Internetnutzer. Die neuen Regeln würden sicherstellen, dass es im Internet nicht wie beim Kabelfernsehen die Anbieter sind, „die entscheiden, welches Paket man bekommt und was man sehen kann“. Der Netzaktivist Erik Stallman vom Center for Democracy and Technology ergänzte, dass die FCC das „Prinzip der Nichtdiskriminierung“ von Daten hochhalte, das für die Entwicklung des Internets entscheidend gewesen sei.
Telekomriese übt harsche Kritik
Die Unternehmen kritisieren wiederum, dass eine strikte Durchsetzung der Netzneutralität ihnen das Geld für nötige Investitionen abschnüren könnte. Sie würden gern zusätzliche Gebühren für schnellere oder besonders zuverlässige Leitungen kassieren. Verfechter der Netzneutralität warnen, dass dadurch am Ende kleine Unternehmen benachteiligt werden könnten, die sich das nicht leisten können.
Der Telekomriese Verizon verurteilte die FCC-Entscheidung am Donnerstag umgehend als unnötigen Rückschritt zu einem veralteten Regulierungsmodell. Als Protestsymbol wurde der Blogeintrag in Morse-Zeichen und in Schreibmaschinen-Schrift veröffentlicht. Der Telekomkonzern AT&T äußerte die Hoffnung, dass der Beschluss angesichts der knappen Mehrheit nicht in Stein gemeißelt sei.
Vor der Abstimmung wurden die tiefen Gräben innerhalb der FCC deutlich. „Wir können kein Zweiklasseninternet mit Überholspuren haben, die den Datenverkehr von Privilegierten beschleunigen und den Rest von uns zurücklassen“, sagte Kommissarin Jessica Rosenworcel. Die neue Regulierung solle die US-Internetwirtschaft schützen, „um die uns die ganze Welt beneidet“.
USA überholen Europa
Die USA übernehmen damit eine Vorreiterrolle bei der Durchsetzung der Netzneutralität. In Europa zeichnen sich aktuell schwächere Regeln ab. Die Position der USA hat aber angesichts der Stärke der US-Internetwirtschaft auch international großes Gewicht. Die FCC hatte ursprünglich laschere Regeln ins Auge gefasst. Die Kommission bekam aber einen starken öffentlichen Druck zu spüren - und auch Präsident Barack Obama rief sie auf, die Netzneutralität zu verteidigen.
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