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Viele Briten unter den Toten

Bei dem Anschlag auf ein Strandhotel in Tunesien könnte laut Medienberichten die Zahl der britischen Opfer noch weiter steigen. Ein Attentäter hatte am Freitag bei dem Angriff auf Badegäste in Sousse 38 Menschen erschossen, bevor er selbst getötet wurde. Nicht alle konnten bisher identifiziert werden.

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Nach Angaben des tunesischen Gesundheitsministeriums konnten bis zum Sonntag 19 Opfer identifiziert werden. Die meisten Toten stammen aus Großbritannien. Laut einer Sprecherin von Premier David Cameron könnte die Zahl der getöteten Briten auf 30 steigen. Auch drei Iren, eine Portugiesin und ein Belgier sowie zwei Deutsche sind unter den Opfern. Österreicher sind laut Außenministerium nicht betroffen.

Feuer am Strand eröffnet

Nach bisherigen Erkenntnissen handelte es sich bei dem Täter um einen 23-jährigen Studenten der Universität in Kairouan, einer Hochburg von Salafisten. Er ging mit einem Boot am belebten Stand des Hotel Imperial Marhaba an Land und eröffnete das Feuer auf die Badegäste. Seine Waffe hielt er zunächst in einem Sonnenschirm verborgen. Augenzeugen erzählten später von einem Kugelhagel, bei dem viele Gäste zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Auch soll der Attentäter auf verletzte und flüchtende Menschen gezielt geschossen haben.

Ein elfminütiges Amateurvideo zeigt den Täter, wie er langsam an leblosen Körpern am Strand entlanggeht. Ein Hotelangestellter dürfte das Video versteckt hinter einer Steinmauer aufgenommen haben. Der Attentäter wurde schließlich durch Schüsse von Polizisten getötet.

Erste Verhaftungen

Am Montag erklärte das tunesische Innenministerium, dass eine „erste Gruppe“ gefasst worden sei. „Eine bedeutende Anzahl von Menschen aus dem Netzwerk“, das hinter dem Täter gestanden sei, sei verhaftete worden, sagte der tunesische Innenminister Najem Gharsalli bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Zu dem Anschlag bekannten sich Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in einer nicht verifizierbaren Twitter-Mitteilung.

Abordnung europäischer Innenminister mit ihrem tunesischen Amtslkollegen

AP/Abdeljalil Bounhar

Regierungsvertreter aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und Belgien legten in Sousse am Montag Blumen für die Opfer nieder

Vater des Attentäters distanziert sich

Der Vater des Attentäters distanzierte sich in einem Interview von seinem Sohn. „Nur Gott weiß, was meinen Sohn zu dieser Tat gebracht hat. Ich habe meinen Sohn nicht so erzogen. Nicht dazu erzogen, dass er Menschen tötet“, sagte der in der nordtunesischen Stadt Gaafour lebende Mann in den ARD-„Tagesthemen“. Er sehe die Bilder der Opfer vor seinen Augen und könne nicht nachvollziehen, wie sein Sohn unschuldige Menschen habe töten können. „Irgendwelche Leute müssen meinen Sohn indoktriniert haben, dass er so etwas tut.“ Er habe keine Anzeichen für extremistisches Verhalten gezeigt.

Karte von Tunesien

APA/ORF.at

Opfer werden ausgeflogen

Die britische Regierung hat am Montag eine Militärmaschine losgeschickt, um Tote und Verletzte auszufliegen. Das Transportflugzeug der britischen Luftwaffe vom Typ Boeing C17 solle bei der „Evakuierung der Opfer“ helfen, sagte Premierminister Cameron dem Rundfunksender BBC. Außerdem sollten die Leichen der Anschlagsopfer zurück nach Großbritannien gebracht werden. Cameron sprach von einer „absolut entsetzlichen Attacke“, die das ganze Land und die ganze Welt schockiert habe.

„Es handelt sich um eine existenzielle Bedrohung, denn was hier geschieht, ist die Perversion einer großen Religion“, sagte Cameron weiter. Der erschaffene „giftige Todeskult“ verführe zu viele junge Köpfe. So lange der IS im Irak und in Syrien existiere, seien Briten bedroht. In Großbritannien gilt die zweithöchste Terrorwarnstufe. Demnach wird davon ausgegangen, dass ein Anschlag höchstwahrscheinlich ist.

Viele Urlauber reisen ab

Viele Urlauber verließen am Wochenende die Region: Mindestens 1.000 Briten sind bereits ausgeflogen. Der Reiseveranstalters TUI rechnet damit, dass auch 250 deutsche Gäste vorzeitig abreisen wollen. „Bis zum Sonntagabend werden wir rund 200 Gäste ausgeflogen haben“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Viele Reiseveranstalter haben es Urlaubern freigestellt, einen geplanten Tunesien-Urlaub kostenlos zu stornieren. Allein mit TUI machen derzeit 15.000 Menschen Urlaub in Tunesien. Als Vorsichtsmaßnahme hat der Reiseveranstalter das komplette Ausflugsprogramm in Tunesien zunächst bis zum Dienstag abgesagt.

Menschenkette zum Schutz der Gäste

Andere Gäste bleiben jedoch, auch um ihre Unterstützung mit der tunesischen Bevölkerung zu demonstrieren. Überlebende des Anschlags erzählten, dass tunesische Hotelangestellte eine Menschenkette um die Urlauber bildeten, um den Attentäter daran zu hindern, noch mehr zu töten. Viele Menschen in der jungen Demokratie sind vom Tourismus abhängig und fürchten nun um ihre Existenz. In Tunis gingen am Samstagabend mindestens 200 Demonstranten gegen Extremismus auf die Straße. „Tunesien ist frei, raus mit dem Terrorismus“, riefen sie. „Die Opfer sind meine Brüder und Schwestern in der Mitmenschlichkeit“, sagte eine Demonstrantin.

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