Themenüberblick

Attacke in Badeort

Bei dem Angriff auf Touristenhotels in Tunesien am Freitag sind nach Angaben des Innenministeriums 37 Menschen getötet worden - der blutigste Anschlag in der jüngeren Geschichte Tunesiens. Unter den Todesopfern seien auch Ausländer, sagte ein Vertreter der Behörde am Freitag. Zudem sei ein Angreifer getötet worden. Die Attacke ereignete sich am Strand des Urlaubsortes Sousse.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Offiziellen Angaben zufolge wurden bei der Attacke Briten, Belgier und Deutsche getötet - vom deutschen Auswärtigen Amt gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Die deutsche Botschaft riet allen Staatsbürgern in einer per E-Mail versandten Mitteilung, die Umgebung des von tunesischen Sicherheitskräften abgeriegelten Tatorts zu meiden.

Österreicher wurden offenbar Zeugen des Blutbads

Unter den Verletzten und Toten seien keine Österreicher, hieß es im Außenministerium. Unter den Gästen waren jedoch mehrere Österreicher, wie die „Presse“ (Onlineausgabe) vom Außenministerium bestätigt wurde. Mit Schilderungen des blutigen Anschlags hätten sich zwei von ihnen telefonisch ans Ministerium gewandt, so die Zeitung. Zum Zeitpunkt des Anschlags seien sie auf ihre Zimmer geflüchtet.

Karte von Tunesien

APA/ORF.at

Schusswechsel mit Angreifern

Ziel des Anschlags waren das Hotel Imperial Marhaba sowie das Nachbarhotel Muradi Palm Marinay, berichtete die spanische Nachrichtenagentur EFE unter Berufung auf Sicherheitskreise. Sousse ist einer der beliebtesten Badeorte in Tunesien, das von vielen Touristen besucht wird.

Wie die staatliche Nachrichtenagentur TAP sowie das Staatsfernsehen am Freitag unter Berufung auf das Innenministerium berichteten, wurde das Gebäude von bewaffneten „Terroristen“ überfallen. Dabei habe es auch einen Schusswechsel zwischen den Angreifern und Sicherheitskräften gegeben.

Auf Sonnenliegen erschossen

Lokale Medien meldeten unter Berufung auf Augenzeugen, zwei Terroristen seien von der Strandseite aus auf das Hotelgelände vorgedrungen. Einer habe plötzlich aus einem zusammengefalteten Sonnenschirm ein Sturmgewehr hervorgeholt und auf Menschen geschossen, die am Strand lagen.

In einem Feuergefecht hatten Sicherheitskräfte einen Angreifer getötet und später zahlreiche Sturmgewehre beschlagnahmt. Bei dem getöteten Attentäter handelt es sich nach Angaben von Staatssekretär Rafik Chelly um einen der Polizei nicht bekannten jungen Studenten. Der Mann sei Tunesier und stamme aus der Region um (die für Muslime heilige Stadt) Kairouan, so der Staatssekretär laut Radio Mosaique. Der zweite Angreifer sei festgenommen worden. Auf Twitter wurden Bilder von einer schwarz gekleideten Leiche und einem Maschinengewehr verbreitet.

Außenministerium ruft zur Vorsicht auf

Österreichs Außenministerium stehe in engem Kontakt mit den tunesischen Behörden, sagte Sprecher Martin Weiss auf APA-Anfrage. Es gebe keine Hinweise auf österreichische Opfer, „klar ist aber auch, dass das eine sehr beliebte Touristenregion ist“. Das Außenministerium rief Reisende zur Vorsicht auf. „Es wird dringend empfohlen, sich über die Sicherheitslage vor Ort genauestens informiert zu halten und den Anweisungen der Hotels, Reiseveranstalter und der Sicherheitsorgane unbedingt Folge zu leisten“, teilte das Ministerium am Freitag auf seiner Website mit.

Ein Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Tunis wurde nach Sousse entsandt. Zudem ist der österreichische Honorarkonsul bereits am Ort des Geschehens. „Wir werden alles daran setzen, die Österreicherinnen und Österreicher in Sousse so gut wie möglich zu betreuen“, versicherte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP).

Kurz verurteilt Terroranschlag auf das Schärfste

Kurz zeigte sich über den Terroranschlag erschüttert und rief zum entschiedenen Kampf gegen Dschihadismus auf. „Ich verurteile diesen feigen Akt der Barbarei auf das Schärfste. Unser aufrichtiges und tief empfundenes Mitgefühl gilt in diesen schweren Stunden den Angehörigen und Freunden der Opfer“, erklärte Kurz am Freitag in einer Aussendung.

Einmal mehr zeige sich, dass es sich um einen Kampf der zivilisierten Welt gegen die Barbarei des Dschihadismus handle, sei es in Frankreich, Tunesien oder Kuwait, so der Minister. „Das Außenamt unterstützt die vor Ort befindlichen Österreicherinnen und Österreicher so gut wie möglich und steht in laufendem Kontakt mit den Reiseveranstaltern“, so Kurz.

Reisewarnung nur für Sahara-Gebiete

Das Ministerium macht auf seiner Website auch auf die Möglichkeit zur Reiseregistrierung für alle Urlauber aufmerksam. Diese erlaubt es, im Krisenfall leichter mit Urlaubern Kontakt zu halten. Für Tunesien gilt aber wie bereits bisher nur eine Reisewarnung für die Sahara-Gebiete, wo es immer wieder zur Entführung von Ausländern kommt. Im Rest des Landes - darunter auch in den beliebten Badeorten an der Küste - gebe es ein „erhöhtes Sicherheitsrisiko“, von Reisen wird aber nicht grundsätzlich abgeraten.

Tunesien brauche Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). „Der heutige Anschlag kann uns darin nur bestärken“, fügte er hinzu.

Reiseveranstalter ziehen Konsequenzen

Nach dem Anschlag bietet TUI Urlaubern aus Österreich und Deutschland den kostenlosen Rücktritt von Reisen in das Land an. TUI-Gäste, die in der aktuellen Sommersaison eine Tunesien-Reise gebucht haben, könnten bis einschließlich 15. September gebührenfrei umbuchen oder stornieren, teilte der Tourismuskonzern am Freitag mit.

Für Urlauber am Ort des Geschehens, die ihre Reise vorzeitig beenden wollen, organisiere TUI vorzeitige Abreisen, sobald das möglich sei, sagte TUI-Österreich-Sprecherin Kathrin Limpel. Derzeit befinden sich laut dem Unternehmen rund 3.800 deutsche TUI-Gäste in Tunesien. Zur Zahl der österreichischen Urlauber könne man aber keine Angaben machen, sagte die Sprecherin.

Einer der größten polnischen Reiseveranstalter setzte indes Flüge nach Tunesien aus. Alle Reisen in das nordafrikanische Land würden gestoppt, berichtete der Rundfunksender TOK FM am Freitag unter Berufung auf eine Sprecherin von Itaka Polska.

Tote bei Terrorangriff in Bardo

Mitte März hatten zwei Bewaffnete in Tunis das berühmte Bardo-Nationalmuseum angegriffen und dabei 21 Menschen getötet. Obwohl die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) sich zu dem Anschlag bekannt hatte, hatte die tunesische Regierung die mit dem rivalisierenden Al-Kaida-Netzwerk verbündete islamistische Brigade Okba Ibn Nafaa dafür verantwortlich gemacht. Im April 2002 waren bei dem bis dahin schwersten Terroranschlag in Tunesien auf eine Synagoge in Dscherba 21 Menschen ums Leben gekommen, darunter 14 deutsche Urlauber.

Anders als in Ländern wie Libyen, Syrien und Ägypten blieb es in Tunesien nach den Volksaufständen des „arabischen Frühlings“ lange Zeit ruhig. Allerdings gibt es mehrere islamistische Extremistengruppen in dem Land, etwa die Ansar al-Scharia. Im Nachbarland Libyen versucht zudem die IS-Miliz an Boden zu gewinnen. Nach Schätzungen der Behörden haben sich 3.000 Tunesier dem IS in Syrien und im Irak angeschlossen. Die tunesische Regierung ist in Sorge, dass Rückkehrer im Land Anschläge verüben könnten. Am Montag ist der erste Jahrestag der Gründung des „Kalifats“ in Syrien und dem Irak durch die IS-Terrormiliz.

Links: