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Fast die Hälfte 50 Jahre oder älter

Über die heimischen Lehrer wird in Österreich viel und gerne diskutiert - nicht immer sachlich, manchmal polemisch, oftmals spekulativ. Verhältnismäßig unverfänglich erscheinen demgegenüber statistische Zahlen. Aus den jüngsten Aufstellungen zum Schulbereich lässt sich etwa herauslesen, dass Österreichs Lehrer im EU-Vergleich überdurchschnittlich alt sind.

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„Unausgewogene Anteile“ bei der „Altersverteilung des Lehrpersonals“ in Österreich hatte die Statistik Austria in ihrem Bericht „Bildung in Zahlen 2013/2014“ bereits im April konstatiert. Allerdings hielt die Statistikbehörde damals mit Verweis auf Eurostat-Zahlen aus dem Jahr 2012 fest: „Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist das Lehrpersonal in Österreich eher jung.“

Grafik zum Alter der österreichischen Lehrer im EU-Vergleich

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Eurydice

Anders sieht das nun Eurydice, das Bildungsnetzwerk der Europäischen Kommission. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht wird Österreich gemeinsam mit Bulgarien, Estland, Griechenland und Lettland als Beispiel für Länder mit verhältnismäßig wenig jungen Lehrern genannt. Weniger als 25 Prozent der Lehrer in diesen Ländern seien unter 40 Jahre alt, so Eurydice.

Hoher Altersdurchschnitt bei Hauptschullehrern

Allerdings - so viel mag man einwenden - geben die Zahlen des Bildungsnetzwerks nicht das ganze Bild wieder. Eurydice analysierte in seiner Untersuchung nur Lehrer der Sekundarstufe I. In Österreich entspricht das der gymnasialen Unterstufe sowie der Gesamt- und Hauptschule. Gerade dort arbeiten aber besonders viele alte Lehrer. Wie aus den aktuellen Zahlen der Statistik Austria hervorgeht, gibt es gerade in den Hauptschulen das größte altersmäßige Ungleichgewicht: Mehr als die Hälfte aller Hauptschullehrer sind 50 Jahre oder älter.

Grafik zum Alter der österreichischen Lehrer nach Schultyp

Grafik: ORF.at; Quelle: Statistik Austria

In den heimischen Gymnasien ist der Lehrkörper im Vergleich ein gutes Stück jünger: Die über 49-jährigen Lehrer stellen dort etwas mehr als 40 Prozent. Rechnet man – wie Eurydice – Hauptschul- und AHS-Unterstufenlehrer zusammen, dann macht die Zahl der Lehrer ab 50 mehr als 48 Prozent aus - und liegt damit zehn Prozent über dem EU-Schnitt.

„Verzerrung der Altersstruktur“

Eurydice mag also auch Österreich vor Augen gehabt haben, als es in seinem Bericht manche Länder vor einem möglichen Lehrermangel warnte. Auch die Statistik Austria formulierte zwei Monate zuvor etwas vorsichtiger, wenngleich mit ähnlicher Stoßrichtung: Ob die „Verzerrung der Altersstruktur“ einen Lehrermangel nach sich ziehe, „hängt stark von der Ausbildungs- und Stellenpolitik von Bund und Ländern und der Entwicklung der Schülerzahlen in den nächsten Jahren ab“.

Das Bildungsministerium wies in den vergangenen Jahren mehrfach darauf hin, dass sowohl Lehrermangel als auch Lehrerüberschuss je nach Region und Fach variierten. Einen österreichweiten Lehrermangel wies man aber kategorisch zurück. Vorbei sind aber freilich die Zeiten, als eine Bildungsministerin in einem Brief Österreichs Maturanten von einem Lehramtsstudium abriet.

Für das kommende Schuljahr hat das Bundesministerium für Bildung und Frauen (BMBF) jedenfalls bereits recht konkrete Prognosen parat: „Rund 2.060“ Lehrer werden nach diesen in den kommenden Monaten in Pension gehen und sollen im Bedarfsfall auch nachbesetzt werden. „Das BMBF ist in ständiger Abstimmung mit den Pädagogischen Hochschulen und den Universitäten“, so das Ministerium in einer kurzen Stellungnahme gegenüber ORF.at.

Besonderes Ungleichgewicht in Kärnten

Die Verantwortung liegt aber nicht beim Bund allein. Im föderal verfassten Österreich sind für die Pflichtschullehrer die Länder verantwortlich. Im Bundesländervergleich fällt auf, dass sich in Kärnten die Waage ganz besonders stark in Richtung der älteren Lehrer senkt. In Österreichs südlichstem Bundesland sind - über alle Schultypen verteilt - mehr als die Hälfte der Lehrer 50 Jahre und älter. Ihnen stehen gerade einmal drei Prozent unter 30-Jährige gegenüber.

Grafik zum Alter der österreichischen Lehrer nach Bundesland

Grafik: ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Vor den Folgen der heranrollenden Pensionswelle fürchten sich die Verantwortlichen in Kärnten aber kaum. Laut Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger herrscht bei den Landeslehrern für die kommenden Jahre de facto ein Aufnahmestopp. Geht ein Lehrer an einem Bundesgymnasium in Pension, wird seine Stelle im Normalfall nachbesetzt. Bei einem Volks- oder Hauptschullehrer passiert das nicht.

Pensionisten auf Skikurs

Vor 15 Jahren saßen in Kärntens Schulen noch 14.000 Schüler mehr als jetzt - und der Abwärtstrend werde sich in Zukunft fortsetzen, so Altersberger im Gespräch mit ORF.at. Das - und das Fehlen einer Strategie in der Vergangenheit - führte laut dem Landesschulratspräsidenten dazu, dass in Kärnten momentan rund 450 Landeslehrer „zu viel“ angestellt sind. Erst wenn die alle in Pension seien, könnten wieder neue - und damit junge - Lehrer eingestellt werden.

Das hat laut Altersberger auch ganz konkrete Folgen: So fänden sich etwa immer weniger Lehrer, die auf Schulsport- und Skiwochen mitkommen wollten. Die Schulen müssten dann auf Lehramtsstudenten zurückgreifen. Oder auf bereits pensionierte - aber noch „rüstige“ Lehrer hoffen. Dass es die durchaus geben kann, lässt sich auch aus den statistischen Zahlen erahnen. Über 60 sind nur vier Prozent der Lehrer. Hier liegt Österreich deutlich unter dem EU-Schnitt von neun Prozent.

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