„Derzeit sind wir nicht gerüstet“
Eine Reihe von prominenten NGOs fordert von der Bundesregierung den Beschluss eines Nationalen Aktionsplans (NAP) Asyl. Angesichts des Weltflüchtlingstags am 20. Juni äußerten sich Amnesty International (AI), Rotes Kreuz, Caritas und Diakonie am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zur weltweiten und österreichischen Situation.
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Österreich erwarte im Jahr 2016 100.000 Asylwerber, sagte Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes. „Derzeit sind wir dafür nicht gerüstet“, meinte er und sprach sich für einen NAP Asyl aus. Darin müssten die Unterbringung in festen Quartieren - etwa durch Flächenwidmungspläne für Containersiedlungen und den Neubau von Wohnungen für Asylwerber - sowie die tatsächliche Zulassung zum Arbeitsmarkt und erhöhte Budgets geregelt sein. Die Regierung müsse eine Taskforce aufstellen, in der rund zehn Experten diesen NAP erarbeiten.
Dramatische Situation von Kindern und Jugendlichen
Auch Caritas-Präsident Michael Landau sprach sich für einen NAP Asyl aus. Notwendig seien unter anderem zusätzliche Grundversorgungsplätze, mehr Personal für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie dringend notwendige Integrationsmaßnahmen wie Deutschkurse von Anfang an.
Besonders dramatisch sei die Situation für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Unterbringung der Kinder und Jugendlichen im „Großlager Traiskirchen“ widerspreche der UNO-Kinderrechtskonvention. Der von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigte Bearbeitungsstopp von Asylanträgen „auf dem Rücken schutzsuchender und traumatisierter Menschen ist ein menschliches und rechtliches Versagen der Verantwortlichen“, so Landau.
„Wenn sich die Innenministerin schon abgemeldet hat vom Management, dann könnte man ja auch unsere alte Forderung wahr machen und den Asylbereich aus diesem Ministerium ausgliedern“, sagte Michael Chalupka, Direktor der Diakonie. Positiv bewertete er, dass Kanzler und Vizekanzler, die zwei Gipfelgespräche mit Ländern bzw. NGOs angekündigt hatten, sich nun mit den Vorschlägen der NGOs auseinandersetzen wollen.
„Kriminelle“ EU
Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Österreich und Europa würden darauf mit Massenabschiebungen, Zelten und Planlosigkeit reagieren, lautet die Kritik der Hilfsorganisationen. „Die EU hat den Friedensnobelpreis gewonnen, aber das, was derzeit passiert, ist kriminell“, sagte Tarek Brhane, Sprecher der Flüchtlingsorganisation „3rd of october Committee“, der selbst als Flüchtling nach Italien kam. „Wir dürfen nicht weiterhin über Menschen als Zahlen sprechen.“
„Nicht mehr als ein bis zwei Prozent der Flüchtlinge wollen nach Europa kommen, dass das eine Bedrohung für Europa sein soll, ist absurd“, sagte Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich. „Wir können nicht das ganze Problem lösen, aber wir haben unseren fairen und anständigen Anteil daran zu leisten“, betonte er.
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