Bescheidene Superreiche
Reich, reicher, US-Präsidentschaftskandidat: Von den Fixstartern zur Wahl 2016 sind so gut wie alle finanziell überprivilegiert. Kein Wunder also, dass die fürstlichen Vermögen der Kandidaten zum Wahlkampfthema werden, bevor die Kampagnen überhaupt angelaufen sind.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
So weit sie politisch auch auseinanderdriften mögen, eines haben die meisten Kandidaten im US-Präsidentschaftswahlkampf gemein: Ihre Konten sind gut gefüllt. Was die Favoriten angeht, glänzt die Demokratin Hillary Clinton mit 25 Millionen Privat- und 80 Mio. Dollar Familienvermögen. Der Republikaner Jeb Bush gibt sich noch bedeckt, sein Vermögen wird aber auf etwa zehn Millionen Dollar geschätzt, er hat zudem einen nicht in Geldwerten aufwiegbaren Familienclan im Rücken. Auch die anderen Kandidaten gehen reich ins Rennen.
Kandidaten fast nur (Multi-)Millionäre
Dabei dürfte die Republikanerin und Ex-Hewlett-Packard-Chefin Carly Fiorina mit 59 Millionen Dollar Vermögen die Grenze nach oben hin gut abstecken. Über etwa halb so viel, rund 32 Millionen, verfügte der Demokrat Lincoln Chafee nach eigenen Angaben bei seinem Abgang aus dem Senat 2007.
Goldes wert ist auch der pensionierte Neurochirurg und Republikaner Ben Carson, der für die erste erfolgreiche Trennungsoperationen an siamesischen Zwillingen bekannt wurde. Sein Vermögen wird auf zehn Mio. Dollar geschätzt, lukriert unter anderem auch durch Reden, Vorstandsposten und Erträgen aus Buchverkäufen. Laut eigenen Angaben hatten er und seine Frau in 16 Monaten zwischen neun und 27 Mio. Dollar verdient.

Reuters/Dave Kaup
Die republikanische Bewerberin Carly Fiorina bei einem Kampagnenevent
Am gegenüberliegenden Ende des Spektrums steht der Republikaner Marco Rubio, dessen Vermögen 2013 immerhin noch 443.000 Dollar betrug. Als Einziger in den roten Zahlen dürfte der Republikaner Scott Walker stecken. Laut einem Bericht von The Daily Beast hat der Gouverneur von Wisconsin Kreditkartenschulden zwischen 10.000 und 100.000 Dollar.
Vermögensschere verärgert Wähler
„Die Schere zwischen der breiten Masse der Bevölkerung und der herrschenden Klasse war noch nie so weit offen wie heute“, gibt auch David Carney, Stratege der Republikaner, zu. Während der Reichtum der US-Präsidenten früher mit ihrer Unbestechlichkeit gerechtfertigt wurde, stößt er den Wählern heute immer saurer auf. In einem Land, in dem das jährliche Durchschnittshaushaltseinkommen rund 52.000 Dollar beträgt (Stand 2013), fragen sich immer mehr Menschen, wie Millionäre die ökonomischen Lebensrealitäten der großen Mehrheit des Landes verstehen und bestimmen sollen.
Das schlägt sich offenbar auch im Meinungsbildungsprozess nieder: Einer Umfrage von Reuters zufolge ist die Zahl jener, die einen „sehr reichen“ Kandidaten mit wesentlich geringerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit unterstützen würden, von 39 Prozent im November 2012 auf 42 Prozent im März 2015 gestiegen.
Politiker mimen „Mann des Volkes“
Deswegen liegt den Kandidaten auch eine Menge daran, ihre Vermögen unter den Teppich zu kehren und potenzielle Wähler von ihrer Bodenständigkeit zu überzeugen. Sie üben sich im „Mittelklassen-Mimikry“ und perfektionieren in ihren Auftritten die Demonstration unterwürfiger Bescheidenheit. Wohl nicht ganz zufällig kursierte am Tag von Hillary Clintons Kampagnenstart ein Foto in der Öffentlichkeit, das die 69-Jährige in einem Fast-Food-Restaurant zeigt.

Reuters/Rick Wilking
Hillary Clinton gibt sich in ihrer Kampagne volksnah
Ein beliebter Kniff ist auch der Rückgriff auf eine vermeintlich bescheidene Herkunft. So sprach Clinton in ihrer Bewerbungsrede über die harte und entbehrungsreiche Kindheit ihrer Mutter, Marc Rubio betont oft und gerne seine kubanische Herkunft mit dem Barkeeper-Vater und der Zimmermädchen-Mutter, und der Republikaner Mike Hukabee wird nicht müde zu betonen, er sei mit „einem blauen Kragen, nicht mit blauem Blut“ aufgewachsen. Besonders gerne unterstrichen werden auch von Kandidaten aufgenommene Studienkredite, ein heißes Eisen in der US-Politik.
Gefahrenpotenzial für Clinton
Besonders die eine Sozialkampagne fahrende Hillary Clinton hat reichlich Potenzial, über ihr Vermögen in ein Fettnäpfchen zu treten. Bereits 2014 sorgte sie für Empörung, als sie verkündete, ihre Familie habe nach Ehemann Bills Präsidentschaft das Weiße Haus nicht nur „pleite, sondern auch total verschuldet“ verlassen. Das Paar habe damals „Häuser“, eines davon 2,85 Mio. Dollar Wert, abbezahlen müssen. Dazu seien die Studiengebühren für Tochter Chelsea an Eliteuniversitäten gekommen. „Das war nicht einfach.“
Für die Äußerungen geriet die Demokratin umgehend in die Kritik. Der republikanische Parteivorsitzende Reince Priebus erklärte, die Aussagen zeigten, wie sehr Clinton den Kontakt zur Lebenswelt der „durchschnittlichen Leute“ verloren habe. Tatsächlich werden die beiden unter anderem für Engagements als Sprecher mit astronomisch hohen Honoraren entlohnt. Gemeinsam gehören sie zum reichsten Prozent aller Amerikaner.
Noch begegnet Clinton der Kritik, ihr eigener Reichtum würde ihre Kampagne untergraben, locker. Sie glaube, dass ihr Familienvermögen für Wähler zweitrangig und „Amerikaner nicht gegen Erfolg“ seien.
Nicht alle waren reich
Historisch gesehen hat präsidentieller Reichtum in den USA Tradition. Landbesitz und Sklavenhandel haben die ersten Präsidenten unfassbar reich gemacht. Mit einem geschätzten Vermögen von 525 Mio. Dollar in heutigen Werten ist George Washington nach John F. Kennedy der zweitreichste Präsident in der Geschichte der USA. Kennedys damaliges eigenes Vermögen kann wegen seiner Familienstruktur kaum ermessen werden, wird aber auf umgerechnet eine Milliarde Dollar geschätzt.
Im Gegensatz dazu waren beispielsweise Abraham Lincoln und Harry S. Truman keine Millionäre. Truman war auch der letzte aus der Mittelklasse. Seit 1953 werden in den USA nur noch Millionäre Staatsoberhäupter. Als Gründe dafür nennt der Historiker Jeffrey A. Engel vor allem die Notwendigkeit sehr teurer Kampagnen, die großteils durch Spenden finanziert werden. Bei der Lukrierung dieser Gelder haben Reiche und Vernetzte die weitaus besseren Karten, weswegen sie häufiger ins Rennen starten können.
Nur einer ist anders
Während die meisten Kandidaten mit großer Vorsicht über das finanzielle Minenfeld gehen, macht einer keinen Hehl aus seinem riesigen Vermögen: Donald Trump. Der extravagante Immobilienmogul und Multimilliardär nimmt nach jahrelangen Überlegungen tatsächlich am Präsidentschaftswahlkampf 2016 teil. An Geld für seine Kampagne fehlt es dabei wahrlich nicht.
Schon bei seiner Bewerbungsrede verwies er ausdrücklich darauf, dass sein Nettovermögen mehr als acht Mrd. Dollar und damit doppelt so viel wie die vom Magazin „Forbes“ geschätzten 4,1 Mrd. Dollar betrage: „Ich mache das nicht, um anzugeben“, sagte Trump und wedelte mit einem Papier mit Details über seinen Reichtum. „Ich mache das, um zu sagen, dass dies die Art Denken ist, die unser Land braucht.“
Links: