Gedenkfeier mit Prinz Charles
Es war das letzte Aufbäumen Napoleon Bonapartes. Am 18. Juni 1815 fügte eine militärische Koalition unter britischer Führung Frankreichs Heer bei Waterloo eine entscheidende Niederlage zu. Ausschlaggebend dafür war unter anderem die Verteidigung eines kleinen Gehöfts durch alliierte Soldaten. Anlässlich des 200. Jahrestages findet eine Gedenkfeier statt, bei der Statisten das Gemetzel nachstellen.
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Genau 200 Jahre nach der Schlacht wird auf dem historischen Schlachtfeld am Fuße des Löwenhügels etwa 15 Kilometer südlich von Brüssel wieder Kanonendonner zu hören sein. Im Rahmen einer viertägigen Gedenkveranstaltung wird die Schlacht bei Waterloo mit 5.000 Statisten und 300 Pferden nachgestellt. Um die Authentizität des Gefechts zu erhöhen, sollen 2.500 Kilogramm Schwarzpulver verschossen werden. Der Reigen der Gedenkfeiern begann am Mittwoch im Beisein von Prince Charles. Am Donnerstag werden die Feldlager eröffnet, am Freitag der Angriff der Franzosen nachgestellt, am Samstag steht dann der Gegenangriff der Alliierten auf dem Programm.
Vernichtende Niederlage
Der Name der kleinen Ortschaft im heutigen Belgien wurde zum Synonym für die vernichtende Niederlage. Am 18. Juni 1815 standen einander 180.000 Soldaten gegenüber, als das französische Heer unter dem Befehl Napoleons eine letzte Schlacht gegen eine europäische Koalition schlug. Den Franzosen entgegen stellte sich ein Zusammenschluss von Streitkräften aus Großbritannien, den Vereinigten Niederlanden, den Herzogtümern Braunschweig und Nassau, dem Königreich Hannover sowie Preußen.

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Angriff der Franzosen auf La Haye Sainte: Die Verteidigung des Gutshofs durch nur 400 alliierte Soldaten trug entscheidend zur Niederlage Napoleons bei
Der Ausgang der Schlacht, die gegen 11.30 Uhr begann und insgesamt 47.000 Soldaten auf beiden Seiten das Leben kostete, ist bekannt: Napoleons Streitmacht wurde vernichtet, die kapitale Niederlage beendete die „Herrschaft der 100 Tage“, die am 1. März 1815 mit der Rückkehr Napoleons aus seiner Verbannung in Elba ihren Ausgang genommen hatte. Am 22. Juni 1815 musste Napoleon als Kaiser abdanken und wurde auf die britisch verwaltete Atlantikinsel St. Helena verbannt, wo er 1821 starb. Den Führer der britischen Streitkräfte, Arthur Wellesley, 1. Duke of Wellington, machte der Sieg über die Grenzen des Königreichs hinaus bekannt.
Der „Fels in der Brandung“
Anlässlich des 200. Jahrestags der Schlacht bei Waterloo bemühen sich Historiker, bisher kaum beachtete Details der Schlacht auszuleuchten. Eine besondere Rolle spielte etwa die Verteidigung des Gutshofs La Haye Sainte mitten im Kampfgebiet durch ein Bataillon der King’s German Legion.
Buchhinweis:
Brendan Simms: Der längste Nachmittag. 400 Deutsche, Napoleon und die Entscheidung von Waterloo, 191 Seiten, 18,95 Euro.
Der irische Geschichtsforscher Brendan Simms hat den 400 Kämpfern ein Buch gewidmet, das seit Ende des Vorjahres in deutscher Übersetzung vorliegt. Das Gehöft war den Stellungen von Wellingtons Armee vorgelagert und fungierte als „Fels in der Brandung der Napoleonischen Attacke“, wie es die deutsche Tageszeitung „Die Welt“ ausdrückte.
Die mehrheitlich deutsche Besatzung des Gehöfts hielt dem Dauerdruck der französischen Armee und schwerem Artilleriefeuer den ganzen Nachmittag hindurch stand und verhinderte so ein Vorrücken der Franzosen. Erst gegen 18.00 Uhr mussten die letzten verbliebenen 42 Soldaten das Gebäude räumen. Napoleons erfahrene Einheit, die „Alte Garde“, startete daraufhin einen Angriff auf die hinter La Haye Sainte liegenden alliierten Stellungen, scheiterte jedoch.
Preußens Eingreifen brachte den Sieg
Ausschlaggebend für die komplette Vernichtung der französischen Armee war letztlich das Eingreifen der preußischen Armee unter dem damals 72 Jahre alten Feldmarschall Gebhard von Blücher. Napoleons Truppen hatten den Preußen 48 Stunden zuvor unweit des Ortes Ligny eine herbe Niederlage zugefügt. Napoleon rechnete nicht mehr damit, dass Blüchers Kräfte noch entscheidend in die Schlacht bei Waterloo eingreifen könnten - ganz im Gegensatz zu Wellington, dem das Zitat „Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen“ zugeschrieben wird.
Als die ersten Teile der reorganisierten preußischen Verbände gegen 16.30 Uhr die Franzosen angriffen, hatten diese wenig entgegenzusetzen. In den folgenden Stunden kam es zu immer stärker werdenden Auflösungserscheinungen in der französischen Armee. Napoleon gelang es, sich in Richtung Paris abzusetzen. Die gesamte Artillerie seiner Armee fiel in die Hände des Feindes.
Was von Napoleon blieb
Die Ereignisse auf dem Schlachtfeld hätten das „Denken in Europa“ verändert, so der Museumsdirektor Etienne Claude, Mitorganisator der Gedenkfeiern in Waterloo. Die Schlacht sei nicht nur zur Niederlage Napoleons geworden und habe seine Kriege beendet. Sie habe in vielen Ländern Europas auch die Restauration eingeleitet, so Claude. Auch wenn Napoleons Ende den letzten Akt der Französischen Revolution einleitete - sein Erbe lebt bis heute weiter. Der von Napoleon eingeführte „Code civil“ ist nach wie vor in Frankreich gültig und wurde in vielen Staaten rund um den Globus zur Basis für modernes Zivilrecht.
Unter Napoleons Herrschaft wurde in Frankreich das metrische System eingeführt, das sich in der Folge in ganz Europa durchsetzte. Ebenfalls durch Napoleon ins Leben gerufen wurde der französische Staatsrat. Die Institution besteht bis zum heutigen Tag. Den positiven Hinterlassenschaften des Kaisers stehen gewaltige menschliche Opfer gegenüber. Die napoleonischen Feldzüge brachten insgesamt 3,5 Millionen Europäern den Tod.
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