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Handy jahrelang abgehört

Die deutsche Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen des mutmaßlichen US-Lauschangriffs auf das Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel eingestellt. Der Vorwurf lasse sich nicht gerichtsfest beweisen, teilte die Behörde am Freitag in Karlsruhe zur Begründung mit. Die Opposition kritisierte die Entscheidung.

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Im vergangenen Jahr war bekanntgeworden, dass der US-Geheimdienst NSA vermutlich über Jahre hinweg Merkels Handy ausgespäht haben soll. Das führte zu ernsten Verstimmungen zwischen Berlin und Washington. Im Juni leitete Generalbundesanwalt Harald Range ein Ermittlungsverfahren ein.

Kein Dokument im Original

Anlass für die Ermittlungen war ein im Oktober 2013 erstmals in den Medien veröffentlichtes Dokument, das als Beleg für das Belauschen von Merkels Handy angesehen wurde. Bei diesem Dokument handelte es sich laut Bundesanwaltschaft aber nicht um einen authentischen Abhörauftrag der NSA oder eines anderen US-Nachrichtendienstes. Es soll sich vielmehr um die Abschrift eines in Augenschein genommenen Dokuments der NSA gehandelt haben.

Weil es Range nicht möglich war, das Dokument im Original zu beschaffen, sah er sich nach eigenen Angaben gezwungen, das Ermittlungsverfahren einzustellen.

Kanzleramt 2006 über BND-NSA-Affäre informiert

Das deutsche Kanzleramt soll schon vor knapp zehn Jahren über unrechtmäßige Spionageversuche des US-Geheimdienstes NSA in Europa mit Hilfe des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) informiert worden sein.

Der damalige BND-Präsident Ernst Uhrlau sagte vor dem NSA-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag, er habe 2006 aus dem BND von problematischen NSA-Zielen für das Ausspähen des Datenverkehrs erfahren. Auch der Name des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS sei in dem Zusammenhang wohl gefallen. Er gehe davon aus, dass er die Information mündlich im Kanzleramt erwähnt habe.

Beim BND führte das laut Uhrlau zunächst zu einer „intensiveren stichprobenartigen Überprüfung, in welchem Umfang die amerikanische Seite auch europäische Ziele mit eingibt“. Diese schärfere Kontrolle der Spionageziele von deutscher Seite habe dann das „Austrocknen dieses Prozesses“ bewirkt, sagte der 68-Jährige: Die USA hätten das Projekt schließlich 2008 beendet, weil ihnen die deutschen Restriktionen zu streng gewesen seien.

Entscheidung komme „Freibrief“ gleich

Die Entscheidung des deutschen Generalbundesanwalts, nicht mehr wegen einer Ausforschung des Handys von Bundeskanzlerin Merkel zu ermitteln, stieß bei der Opposition auf scharfe Kritik.

Wenn der oberste Ermittler Harald Range das Verfahren einstelle, „dann kommt das einem Freibrief gleich, die Bürgerinnen und Bürger auszuforschen“, sagte die Linke-Obfrau des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Martina Renner, am Freitag in Berlin. Auch Renate Künast von den Grünen hält die Entscheidung Ranges angesichts der Debatte über Hackerangriffe ausländischer Geheimdienste für falsch: „Wir dürfen weder gegenüber befreundeten Geheimdiensten noch gegenüber kriminellen Hackern klein beigeben“, sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags.

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