Themenüberblick

Kritik von Linken und Rechten

Im Tiroler Telfs findet von Donnerstag bis Sonntag das 63. Bilderberg-Treffen statt. Auf der Teilnehmerliste stehen 133 Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Medien. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Veranstaltungsort sind hoch. Indes machen die Gegner der Konferenz mobil, neben einer „Dauerkundgebung“ ist für Samstag eine Großdemonstration geplant.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das diesjährige Treffen steht im Zeichen aktueller politischer Entwicklungen, Sicherheit und Hochtechnologie. Das legt die Themenliste nahe, die von den Organisatoren der Bilderberg-Konferenz vorab online veröffentlicht worden war. Auf dem Programm des bis Sonntag andauernden Treffens stehen neben den Punkten Iran, Griechenland, Großbritannien und Russland auch Diskussionen über Terrorismus, künstliche Intelligenz und Cybersicherheit.

Das Treffen ist als privater Kreis organisiert, es gibt weder Beschlüsse noch wird das anonymisierte Protokoll veröffentlicht. Kritiker sehen in der Zusammenkunft eine Art „geheime Weltregierung“. Die erste Bilderberg-Konferenz fand 1954 statt, um den Dialog Europas mit Nordamerika zu fördern. Der Name wurde vom ersten Tagungsort, dem Hotel de Bilderberg im niederländischen Oosterbeek, übernommen.

Parlamentarische Anfragen der FPÖ

Der klandestine Charakter der Veranstaltung sorgt für heftige Kritik am linken und rechten Rand des politischen Spektrums. „Die Bilderberger stehen für die Gefahr eines autoritären Kapitalismus“, sagte etwa Fritz Pichlmann von ATTAC Innsbruck auf einer Pressekonferenz.

Indirekte Unterstützung kommt dabei auch von der FPÖ. Die Freiheitlichen machten das Treffen und seine Inhalte in den vergangenen Jahren achtmal zum Thema parlamentarischer Anfragen. „Sicher ist, dass diese Bilderberger-Treffen ein Hort der Intransparenz der Macht sind“, so die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter im ORF-„Report“.

„Keine linksrevolutionäre Veranstaltung“

Österreichs Vertreter im Exekutivbüro der Bilderberg-Konferenz, Rudolf Scholten, verteidigte indes die Geheimhaltungsregeln. Diese trügen zur „Belebung der Diskussion“ bei, sagte der Chef der Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) am Montag in der ZIB2. Als „völlig berechtigten Kritikpunkt“ bezeichnete Scholten aber, dass die Verteilung zwischen Frauen und Männern unter den Teilnehmern „altmodisch“ sei: „Also das ist eigentlich absurd.“

Rudolf Scholten zur Bilderberg-Konferenz

Rudolf Scholten sitzt als einziger Österreicher seit vielen Jahren im Exekutivkomitee der Bilderberg-Konferenz. Am Montag verteidigte der Kontrollbank-Chef in der ZIB2 die Geheimhaltungsregeln bei dem Treffen.

Auf den Hinweis einiger, dass die Konferenz „politisch einseitig“ sei, sagte der ehemalige SPÖ-Unterrichtsminister: „Also eine besonders linksrevolutionäre Veranstaltung ist es nicht, allerdings sind immer wieder eine ganze Reihe von Sozialdemokraten auch vertreten.“ Scholten ergänzte, dass er Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) eingeladen habe so wie einmal auch den früheren Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, aber niemanden von der FPÖ.

Proteste trotz Platzverbots

Die Globalisierungskritiker von ATTAC gehören zu einem linken Bündnis, das für Samstag Nachmittag zu einem „großen Protestmarsch“ aufgerufen hat. Der Demonstrationszug soll vom Rathausplatz in Telfs starten und durch den Ort führen, die Organisatoren erwarten 2.000 bis 3.000 Teilnehmer. Zudem werde eine auf einem Parkplatz angemeldete „Dauerkundgebung“ 90 bis 150 Demonstranten umfassen.

Mythos Bilderberger

Geheime Weltregierung? Der ORF-„Report“ fasste die Kritik an den Bilderbergern zusammen und ging der Frage nach, was wirklich dran ist an den Verschwörungstheorien rund um das Bilderberg-Treffen.

Seit Dienstag gilt in Telfs ein verordnetes Platzverbot (Strafandrohung: 500 Euro) rund um den Tagungsort - das auf einem Hochplateau im Ortsteil Buchen gelegene Interalpen-Hotel Tyrol. Zudem gibt es Einschränkungen für den „zivilen Sichtflugverkehr“. Das Innenministerium zog dafür insgesamt 2.100 Polizeibeamte aus ganz Österreich zusammen.

Bundespräsident unter den Teilnehmern

Zu den internationalen Stargästen zählen unter anderem Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Euro-Gruppe-Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem, Airbus-Chef Thomas Enders, Ryanair-CEO Michael O’Leary, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger und der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Paul Achleitner.

Auf der Teilnehmerliste des diesjährigen Bilderberg-Treffens finden sich auch prominente Namen aus Österreich. Bundespräsident Heinz Fischer und der ehemalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer werden ebenso beim Treffen dabei sein, wie Bank-Austria-Aufsichtsratsvorsitzender Erich Hampel, der Chef der Raiffeisen Bank International (RBI), Karl Sevelda, Immobilienunternehmer Rene Benko, OMV-Vorstandsvorsitzender Gerhard Roiss und Oscar Bronner, Herausgeber des „Standard“. Konrad Kogler, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, sagte seine Teilnahme ab. Anwesend sein wird hingegen der Österreicher Wolfgang Hesoun, der die Geschicke des Siemens-Konzerns lenkt.

„So interessant wie jede andere Konferenz“

Wie brisant die Diskussionen hinter den Mauern des Luxushotels wirklich sind, lässt sich aus Berichten ehemaliger Konferenzteilnehmer ableiten. „Wären die Bilderberg-Treffen öffentlich zugänglich (...), das globale Interesse würde verpuffen“, so der Journalist David Frum 2010 in einem Beitrag für die kanadische „National Post“.

Der ehemalige Redenschreiber von US-Präsident George W. Bush hatte in den 1990er Jahren an mehreren Bilderberg-Treffen teilgenommen. Die Zusammenkünfte seien keineswegs „langweilig“, so Frum, sie seien aber auch nicht interessanter als jedes andere Expertentreffen. Beschlüsse werden laut Frum nicht getroffen, auch informelle Abmachungen zwischen Konferenzteilnehmern habe er nicht beobachtet.

„Es wird viel Mist über das Treffen geschrieben“, hatte Denis Healey 2013 der britischen Zeitung „Daily Telegraph“ gesagt. Der britische Labour-Politiker war als Teilnehmer beim allerersten Bilderberg-Treffen im Jahr 1954 dabei gewesen und 40 Jahre lang im Organisationskomitee gesessen. Kritik habe es schon damals gegeben. „Manche sprachen von einer kommunistischen Organisation, andere von einer amerikanischen - alles Blödsinn“, so Healey.

Offener Austausch

Dass die Inhalte der Diskussionen nicht veröffentlicht werden, habe einen simplen Grund, so der deutsche Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin gegenüber Heise.de: „Auf diesen Konferenzen geht es um einen offenen Austausch zu aktuellen Themen. Damit solche Diskussionen nicht nur in den üblichen Textbausteinen enden, finden sie häufig vertraulich statt. Das unterscheidet Bilderberg-Konferenzen nicht von vielen anderen Formaten, wo sich Thinktanks, Politiker und Unternehmen treffen“, sagte der Grünen-Politiker, der für seine Teilnahme einem Bilderberg-Treffen harsche Kritik einstecken musste.

Links: