Lautloses Ertrinken
Temperaturen von bis zu 30 Grad, Sonnenschein und steigende Wassertemperaturen: Es steht wieder ein Badewochenende bevor. Damit steigt auch das Risiko von Badeunfällen. Gerade bei Kindern werden Gefahren oft unterschätzt, denn sie ertrinken lautlos - sie gehen einfach unter.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
3.300 Unfälle beim Schwimmen, Ins-Wasser-Springen und Tauchen mussten im vergangenen Jahr im Krankenhaus behandelt werden. Die Hälfte davon betraf Kinder unter 15 Jahre. Das geht aus Statistiken des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) hervor. „Bei Kindern reichen schon ein paar Zentimeter Wassertiefe für ein mögliches Risiko“, sagte Klaus Robatsch, KfV-Bereichsleiter Forschung, gegenüber ORF.at. Im Schnitt stürben 51 Menschen pro Jahr bei Badeunfällen, so Robatsch.
Schon am ersten wirklichen Badewochenende dieses Jahres gab es vier Tote bei Badeunfällen - mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Am Sonntag musste ein Fünfjähriger im Freibad Fürstenfeld wiederbelebt werden. Er war unbemerkt in ein etwa 110 Zentimeter tiefes Becken gestürzt und trieb bewusstlos auf dem Wasser - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Unfälle bleiben oft unbemerkt
Bei Kindern wie auch Erwachsenen könne die große Temperaturdifferenz zwischen dem Braten in der Sonne und dem Sprung ins kühle Wasser zu Herz-Kreislauf-Problemen führen, sagte der Chefarzt des Wiener Roten Kreuzes, Harald Hertz, gegenüber ORF.at. Kinder seien aber vor allem durch Hineinspringen und Rutschen gefährdet. „Wenn mehrere Kinder beteiligt sind, merkt man bei den Massen oft nicht, wenn eines der Kinder untergeht.“
Kleinere Kinder, die noch nicht schwimmen können, könnten trotz Schwimmflügeln ertrinken - auch in seichtem Wasser, warnte der Arzt. Wenn sie plötzlich ins Wasser fallen, könnten sie in eine plötzliche Schockstarre fallen. Hertz: „Auch wenn sie es aufgrund der Körpergröße könnten, kommen sie nicht auf die Idee aufzustehen.“ Beide Experten appellierten, Kinder, die nicht schwimmen können, unbedingt zu beaufsichtigen. Es komme immer wieder vor, dass Kinder in Schwimmreifen, auf Luftmatratzen oder anderem Wasserspielzeug alleine gelassen werden, bemängelte Robatsch. Wichtig sei, dass Kinder früh - schon im Alter von drei Jahren - schwimmen lernen.
Drei Minuten Zeit für Rettung
Treibt jemand bewusstlos im Wasser, habe man maximal drei Minuten Zeit für die Wiederbelebung, so Hertz: „Normalerweise kann das Gehirn drei Minuten ohne Sauerstoff überleben, danach treten irreversible Schäden ein. Nach fünf Minuten tritt der Gehirntod ein.“ Der Rot-Kreuz-Arzt empfiehlt, nach jedem Badeunfall ins Krankenhaus zu fahren - auch wenn es dem Kind schon besser gehe.
Denn es gebe immer wieder Fälle, bei denen es noch Stunden nach dem Unfall zu einem verzögerten „zweiten Ertrinken“ kommt, wenn doch Wasser in die Lunge geraten ist. Die Lungenbläschen sind dann nicht mehr in der Lage, Sauerstoff an das Blut abzugeben, es gibt Probleme beim Gasaustausch. Wenn das nicht behandelt werde, könne es ebenfalls zu einem gefährlichen Sauerstoffmangel kommen, sagte Hertz.
Simone Leonhartsberger, ORF.at
Links: