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Die Blutsbrüder vom Dienst

Als Winnetou und Old Shatterhand waren sie über Jahre hinweg auf den Sets der Karl-May-Filme aufeinander angewiesen. Doch die berufliche Partnerschaft wurde für Schauspieler Pierre Brice und Lex Barker auch privat zur engen Freundschaft. Dabei hätten ihre Charaktere unterschiedlicher nicht sein können.

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Der Unterschied fing allein damit an, dass Barker schon ziemlich am Ende seiner US-Karriere angelangt war, als er die Old-Shatterhand-Rolle annahm. Dem einstmaligen Weggefährten von Regiegigant Orson Welles war sein gutes Aussehen zum Verhängnis geworden. Er war so oft als optischer Aufputz in schnell abgedrehten B-Pictures besetzt worden, dass ihm bald nichts anderes mehr zugetraut wurde. Brices Karriere hatte hingegen noch kaum begonnen.

Never change a winning Rothaut

Der französische Jungschauspieler träumte davon, es seinem Freund Alain Delon gleichtun zu können: Es musste im damaligen französischen Film mit dessen vielen Nouvelle-Vague-Starregisseuren doch genug Rollen für zwei schöne junge Männer geben. Brices Wunsch sollte nicht in Erfüllung gehen. Er musste sich ebenfalls mit europäischen Billigproduktionen und außerdem noch Modeljobs über Wasser halten - bis das Angebot eines Karl-May-Films kam.

Über Jahrzehnte hinweg konnte Brice den Widerwillen gegen seine „Lebensrolle“ nicht verbergen. Als Winnetou hatte er kaum Dialog und war auch in der Mimik meist auf „ernst in die Ferne blicken“ festgelegt. In anderen Worten: Brice fühlte sich schwer unterfordert und belagerte Produzent Horst Wendlandt und vor allem Regisseur Harald Reinl, der Figur mehr Facetten zu geben. Die hielten allerdings eisern am Erfolgskonzept der schweigsamen Rothaut fest.

Energischer Franzose und sanftmütiger Hüne

Winnetou sollte Brices Segen und Fluch bleiben. So sehr er auf ewig als Apachenhäuptling abgestempelt war und sich oft darüber beklagte, dass sein „Beruf Schauspieler und nicht Indianer“ sei, so sehr griff er selbst aus finanziellen Gründen doch immer wieder auf die Rolle zurück - mit jahrelangem Tingeltangel bei Karl-May-Festspielen und anderem mehr, bis hin zum bizarren Musiksammlerstück einer gesungenen Version der „Old Shatterhand“-Melodie unter dem Titel „Du fehlst mir“.

„Old Shatterhand“ Barker war genau das Gegenteil zum energischen und politisch extrem konservativ eingestellten Brice. Der strahlende 1,93-Meter-Hüne galt als ebenso sensibel und sanftmütig wie im Hinblick auf Frauen, Alkohol und Zigaretten maßlos bis zum Exzess. Dazu kam die Liebe zu Sprachen, Literatur und Kunst. Er verstarb 1973 nur 54-jährig in New York an einem Herzinfarkt.

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