Themenüberblick

Das Ende der Hochburgen

Der Schock bei SPÖ und ÖVP in der Steiermark sitzt tief. Doch eigentlich hätten die beiden Parteien gewarnt sein müssen. Denn bei der Nationalratswahl 2013 und der EU-Wahl 2014 wurden sie auch schon abgestraft. Die FPÖ kam damals sogar auf den ersten bzw. zweiten Platz. Regional verloren SPÖ und ÖVP am Sonntag höchst unterschiedlich - beide Parteien haben in der Steiermark nun ganz deutliche „Problemzonen“.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In drei von 13 Bezirken wurde die FPÖ bei der Landtagswahl stärkste Kraft: Graz-Umgebung, Voitsberg, Deutschlandsberg - Leibnitz, das laut dem vorläufigen Ergebnis ebenfalls mehrheitlich blau war, blieb durch die Wahlkartenstimmen schwarz. Bei der EU-Wahl waren nur die ersten beiden Bezirke FPÖ-Hochburgen, bei der Nationalratswahl waren es neben Graz-Umgebung und Leibnitz auch der Bezirk Weiz, der diesmal wieder eine ÖVP-Mehrheit hat.

Grafik zu den Wahlergebnissen in der Steiermark zwischen 2013 und 2015 im Vergleich

ORF.at

Die Bezirke im Vergleich: NR-Wahl 2013, EU-Wahl 2014 und LT-Wahl 2015

Freilich gehorchen Nationalratswahlen und vor allem die EU-Wahl völlig anderen Gesetzen: Bei beiden Wahlen hatten die Grünen und auch NEOS deutlich höhere Anteile, 2013 kam die Liste von Frank Stronach noch auf mehr als neun Prozent. Die Landtagswahl wurde nun zu einem Dreikampf, bei dem die FPÖ vor allem in der Südsteiermark und um die Hauptstadt Graz punkten konnte.

Blaue Tourismuszentren

Doch auch in anderen Landesteilen konnten die Freiheitlichen enorm punkten - sie haben in keiner einzigen der 287 Kommunen ein Minus stehen. Die größte Stimmenbewegung gab es in Ramsau am Dachstein: Hier wanderten mehr als 30 Prozentpunkte von der ÖVP zur FPÖ. Die Volkspartei verlor im Bezirk Liezen stark an die Freiheitlichen. Auch der Skiort Schladming sowie Sölk und Bad Mitterndorf sind mehrheitlich blau.

In Tourismusgemeinden konnte die FPÖ überhaupt überraschend stark punkten. Auch in den Thermengemeinden Bad Mitterndorf, Bad Blumau und Loipersdorf sind die Freiheitlichen die stärkste Kraft. Möglicherweise ist in den Tourismusgemeinden auch die Raucherdebatte ein Faktor, der den Freiheitlichen Stimmen brachte.

SPÖ und ÖVP verlieren in Hochburgen

Dass die SPÖ im Bezirk Liezen an erster Stelle rangiert, hat sie den westlichen Gemeinden Landl und Wildalpen sowie Trieben und Selzthal zu verdanken. In Hartberg-Fürstenfeld, Murau und Südoststeiermark, bisher fest in ÖVP-Hand, musste die Volkspartei herbe Verluste hinnehmen und konnte sich noch knapp als stärkste Kraft behaupten. Insgesamt verlor die ÖVP in 28 Kommunen zweistellig.

Bei der SPÖ waren es gar 42 Gemeinden mit einem Absturz von mehr als zehn Prozentpunkten. Hier setzte sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Die SPÖ verliert ihre Kernschicht, die Arbeiterschaft, zunehmend an die Freiheitlichen. Insofern gab es die größten Verluste in den SPÖ-Hochburgen: Im Murtal verloren die Sozialdemokraten mehr als zwölf Punkte, in Bruck-Mürzzuschlag fast zwölf Punkte und in Leoben fast zehn.

Neue FPÖ-Zentren

In etlichen Gemeinden kam die FPÖ über 35 Prozent. Im Ennstal sind das die erwähnten Schladming und Ramsau. Im Bezirk Murau ist es Neumarkt. Eine neue kleine FPÖ-Hochburg gibt es rund um Feistritztal. Der Ort und Pischelsdorf, Ilz, Sinabelkirchen, Kaindorf weisen einen FPÖ-Anteil von weit über einem Drittel der Stimmen auf, den Rekord hält Hartl mit 44 Prozent. Ähnliche Werte weisen einige Gemeinden in Deutschlandsberg und Voitsberg auf.

Grafiken zur Steiermarkwahl

ORF.at

Wo die FPÖ am stärksten ist

„Blaue Flecken“ nach Sozialkürzungen

Eindeutig sind auch die „blauen Flecken“, die die Gemeindereform hinterlassen hat: Etliche der ehemals rot oder schwarz geprägten Gemeinden sind jetzt mehrheitlich freiheitlich. Beachtlich hierbei ist allerdings die Motivlage der Wähler. Denn die SPÖ-ÖVP-„Reformpartnerschaft“ insgesamt wurde in einer ISA-Wahlbefragung als durchaus positiv bewertet - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Grafiken zur Steiermarkwahl

ORF.at

Die „neuen“ Gemeinden fielen zum Teil an die FPÖ

Noch höhere Zustimmungswerte haben die Verkleinerung des Landtags und die Abschaffung des Proporzes - und auch die lange Zeit umstrittenen Gemeinde- und Bezirkszusammenlegungen. Dieses Thema war also nicht für die Abfuhr für SPÖ und ÖVP verantwortlich. Es waren die Sozialthemen, für die die Koalition abgestraft wurde. Spitälerschließungen, die Abschaffung des Gratiskindergartens und die Einsparungen bei Sozialeinrichtungen nahmen die Wähler der Regierung wirklich übel. Und das könnte der FPÖ mehr Stimmen gebracht haben als ihr aggressiver Anti-Ausländer-Wahlkampf - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Christian Körber, ORF.at

Links: