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Warten auf die Batterierevolution

Alle paar Wochen liest man Jubelmeldungen über neue Technologiewunder, die teils immense Steigerungen der Speicherkapazität von Handyakkus versprechen. „Oft reine Sensationsmache“, relativiert Speicherexperte Hermann Kronberger vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien im Gespräch mit ORF.at.

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Erst im vergangenen Jahr ging etwa ein neuer Alu-Wunderakku durch die Medien. Forscher der US-Universität Stanford verkündeten einen Durchbruch bei der Entwicklung eines Akkus, der Smartphones binnen 60 Sekunden laden, nicht altern und billiger zu produzieren sein soll. Doch was auf den ersten Blick wie eine Speicherrevolution klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als voreiliges Versprechen.

Von Marktreife weit entfernt

„Die Entwicklung dieser Aluminiumbatterien ist derzeit noch im Laborstadium. Viele Probleme sind ungelöst. So liegt das Gewicht dieser neuen Batterie derzeit etwa auf dem Niveau eines alten Bleiakkus. Der Akku eines Smartphones wäre damit drei- bis viermal so schwer wie bei heutigen Geräten mit Lithium-Ionen-Technologie“, erklärt Kronberger. Zwar habe die Technologie, wie viele andere, durchaus Potenzial. Solche Laborprojekte vorschnell medial zu verkünden sei aber schlicht und einfach unseriös, so der Forscher. Es führe einzig zu erhöhten Erwartungen aufseiten der Konsumenten, die derzeit aber nicht erfüllt werden könnten.

Lithium-Ionen-Akku noch 15 Jahre

„Der Lithium-Ionen-Akku wird uns sicher noch die nächsten zehn bis 15 Jahre in der Unterhaltungselektronik begleiten, allerdings wird er immer besser werden“, so Kronberger. Es sei zu erwarten, dass der Akku noch kleiner wird, beziehungsweise bei gleichem Gewicht höhere Kapazitäten bieten wird.

„Eine Speicherrevolution erwarten wir in nächster Zeit nicht. Die Entwicklungen sind mehr als iterative Schritte zu sehen,“ so auch Atanaska Trifonova, Spezialistin für elektrische Energiespeichersysteme am Austrian Institute of Technology (AIT), gegenüber ORF.at. Schließlich seien die Möglichkeiten der Lithium-Ionen-Technologie nicht ausgeschöpft.

Österreichische Erfolge

Österreich spielte eine wenig bekannte, aber entscheidende Rolle bei der Entwicklung moderner Lithium-Ionen-Batterien. Ein Forschungsteam an der TU Graz unter der Leitung des 2006 verstorbenen Jürgen Otto Besenhard zählte über zwei Jahrzehnte zu den führenden Experten auf diesem Gebiet. Heute gibt es mit Martin Wilkening (TU Graz) und einer Gruppe um Atanaska Trifonova (AIT, Wien) zwei Forscherteams, die erfolgreich an der Entwicklung noch leistungsfähigerer Lithium-Ionen-Batterien arbeiten.

Größere Smartphones, größere Akkus

Die aktuell in Smartphones verwendete graphitbasierte Lithium-Ionen-Technologie hat jedoch ihre Leistungsgrenzen erreicht. Hier ist nur noch durch Vergrößerung der Akkus eine Steigerung möglich. Viele Hersteller bieten daher schon übergroße Smartphones, manchmal als neue Geräteklasse Phablets (ein Wortmix aus Phone und Tablet mit Displaygrößen zwischen typischerweise fünf und sieben Zoll) bezeichnet, mit stärkeren Akkus an, wie die BBC berichtet.

„Früher bei meinem alten Handy hat der Akku noch eine Woche im Stand-by gehalten“, klagen Handynutzer oft in Onlineforen. Die Bedingungen waren allerdings ganz andere. In Zeiten der GSM-Telefonie wurde nur telefoniert, auf die Uhr geschaut und hin und wieder eine SMS getippt. Heutige Smartphones hingegen haben Riesendisplays, weisen eine größere Rechenpower auf, sind im Hintergrund ständig vernetzt und übertragen Daten und sind als Fotoapparat, Videokamera, Spielekonsole, Musikplayer und in vielen andere Funktionen quasi im Dauerbetrieb. Telefoniert wird nur zehn Minuten täglich, wie deutsche Forscher der Uni Bonn herausgefunden haben. Der Rest der durchschnittlich drei Stunden Handynutzung pro Tag entfällt auf andere Funktionen.

Neue Materialien verbessern Leistung

Ansätze zur Optimierung der aktuellen Lithium-Ionen-Technologie gibt es viele, vor allem mit neu strukturierten Speichermaterialien im Akku könnte die Leistungsfähigkeit noch erhöht werden. Am vielversprechendsten ist für Speicherexpertin Trifonova der Weg, Silizium statt wie bisher Graphit als Speichermaterial in den Lithium-Ionen-Akkus zu verwenden. Damit könnte schon bald die Energiedichte (Speicherkapazität) der Lithium-Ionen-Akkus stark erhöht werden.

Kooperation mit Bolivien

Vor drei Jahren wurde durch Vermittlung von Hermann Kronberger von der TU Wien ein Treffen österreichischer Industrievertreter mit einer bolivianischen Delegation unter Leitung von Präsident Evo Morales organisiert, welches die Gewinnung und Veredelung der weltweit umfangreichsten Lithiumvorräte mittels österreichischer Technologie zum Ziel hatte. In der Folge wurden entsprechende Kooperationsverträge zwischen Bolivien und heimischen Unternehmen, Varta Microinnovations und Andritz, abgeschlossen.

Panasonic arbeitet bereits mit dieser Siliziumtechnologie und will einen entsprechenden Akku mit einer Kapazität von 4.000 mAh (Milliamperestunden) auf den Markt bringen. Herausforderung bleibt allerdings die dünne und leichte Bauweise des Akkus. Forscher in Singapur experimentieren unterdessen mit Titandioxid-Nanotubes als Speichermaterial, das wiederum den Vorteil des schnellen Ladens mit sich bringen soll, die Energiedichte weist allerdings Begrenzungen auf. Mehrere verschiedene Konzepte an Lithium-Ionen-Akkus werden derzeit erforscht.

Ausblick: Spezialisierte Akkusysteme

„Andere Technologien werden es schwer haben, die Lithium-Ionen-Technologie abzulösen,“ so Speicherspezialist Martin Wilkening von der TU Graz. Denn die Anforderungen seien groß. „Der ideale Akku muss eine hohe Energiedichte aufweisen, bei Autos des Weiteren eine ausreichende Spannung liefern, und außerdem möglichst klein sein und ungiftige Materialien enthalten.“

Langfristig sei die eine bahnbrechende Akkutechnologie, die alle Energieprobleme löst, noch nicht in Sicht. Wilkening schätzt, dass es vielmehr viele verschiedene Akkutechniken geben wird, die jeweils ihren eigenen speziellen Anwendungsbereich haben, für den sie sich ideal eignen. So hat ein Energiespeicher für zu Hause ganz andere Anforderungen als eine Batterie im Auto oder in tragbaren Geräten.

Tipp: So hält der Akku länger

Aktuell in Smartphones verbaute Lithium-Ionen-Akkus haben in etwa eine Lebensdauer von 500 bis 1.000 Ladezyklen, was etwa zwei bis drei Jahren entspricht. Danach ist der Akku zwar nicht kaputt, aber meist nicht mehr alltagstauglich, weil er sehr schnell leer wird.

Eine Grundregel der Lithium-Ionen-Akkus besagt, dass diese nicht voll aufgeladen und dauerhaft auf dem höchsten Ladezustand gehalten werden sollten. Darum muss sich der Handynutzer allerdings nicht kümmern, da die Smartphone-Hersteller in ihren Mobiltelefonen Systeme integriert haben, die ein hundertprozentiges Aufladen verhindern (auch wenn dem Nutzer alle Balken als voll angezeigt werden). Ein langes Aufladen etwa über Nacht stellt also kein Problem dar, da die Stromzufuhr rechtzeitig gekappt wird. Da auch das komplette Entladen schädlich ist, sollte das Handy spätestens bei den ersten Warnmeldungen wieder an den Ladestecker, bevor der Akku vollständig leer ist.

Akkus vertragen keine Sonne

Um die längstmögliche Lebensdauer rauszuholen, raten Experten vor allem dazu, das Handy keinen hohen Temperaturen auszusetzen, es etwa nicht im Auto oder Schwimmbad in der Sonne liegen zu lassen. Das wirkt sich schädlich auf die Leistung aus. Das Aufladen sollte immer bei Zimmertemperatur erfolgen.

Besonders intensive Nutzer, denen der Akku regelmäßig unterwegs ausgeht, können sich mit einem externen Akku behelfen. Viele Hersteller bieten inzwischen Akkupacks oder auch Powerbanks für Handtasche oder Rucksack an. Über das Ladekabel mit dem Smartphone verbunden, fungieren sie quasi als tragbare Steckdose zum Nachladen unterwegs.

Beate Macura, ORF.at

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