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Straftaten von USA aus geplant

In Zürich sind Mittwochfrüh sechs Funktionäre des Weltfußballverbands (FIFA) wegen Korruptionsverdachts festgenommen worden. Das bestätigte das Schweizer Bundesamt für Justiz (BJ). Die Verhaftungen erfolgten demnach auf Antrag der USA.

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Gegen die Funktionäre wird in New York wegen Annahme von Bestechungsgeldern und verdeckten Provisionen ermittelt. Angenommen haben sollen sie diese von den 90er Jahren bis heute. Vertreter von Sportmedien und Sportvermarktungsunternehmen sollen laut BJ in Zahlungen an hochrangige Fußballfunktionäre - Delegierte des Weltfußballverbandes und andere Vertreter von FIFA-Unterorganisationen - in Höhe von über 100 Millionen Dollar verwickelt gewesen sein.

Als Gegenleistung sollen sie an Fußballturnieren in den USA und in Lateinamerika Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechte erhalten haben, wie das BJ schrieb. Die Straftaten seien in den USA vorbereitet und abgesprochen worden, schrieb das Bundesamt unter Berufung auf das Verhaftungsersuchen. Auch seien Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden.

Zwei Reporter bei Verhaftung anwesend

Die Verdächtigten werden möglicherweise unverzüglich an die USA ausgeliefert. Voraussetzung für eine sofortige Überstellung ist, dass sich die Festgenommenen in der am Mittwoch geplanten Anhörung bei der Zürcher Kantonspolizei mit der sofortigen Auslieferung einverstanden erklären. Tun sie das nicht, will das BJ die USA auffordern, ein formelles Auslieferungsgesuch zu stellen.

Über die Festnahmen im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac berichteten auch zwei Reporter der „New York Times“ („NYT“), die den Polizeieinsatz an Ort und Stelle mitverfolgten. Über Twitter verbreiteten sie unter anderem Bilder und Videos von Polizeibeamten in Zivil, die an der Rezeption Zimmerschlüssel holen. Zudem erkannten die Reporter in mindestens einem der von der Polizei Abgeführten einen FIFA-Funktionär.

Erste Liste von Verdächtigen

Insgesamt wurden sechs FIFA-Funktionäre verhaftet. Die Schweizer Behörde hat die Namen zwar bisher nicht veröffentlicht, die „New York Times“ („NYT“) führt allerdings eine ganze Reihe von Personen auf, gegen die in den USA bereits länger ermittelt wird. Vermutlich befinden sich auch die nun Festgenommenen darunter.

Sendungshinweis

Das ORF-„Weltjournal +“ zeigt am Mittwoch um 23.00 Uhr eine kritische ARD-Dokumentation über den 79-jährigen FIFA-Präsidenten Joseph Blatter - mehr dazu in tv.ORF.at.

Demnach soll der frühere Blatter-Stellvertreter Jack Warner aus Trinidad und Tobago zu den Beschuldigten in diversen Korruptionsverdachtsfällen gehören. Ebenfalls ermittelt wird laut „NYT“ gegen Jose Maria Marin, den mächtigsten und umstrittensten Sportfunktionär Brasiliens. Zu den weiteren Verdächtigen zählen Jeffrey Webb von den Cayman-Inseln und der uruguayische Fußballfunktionär Eugenio Figueredo, beide Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees. Auch der Costa-Ricaner Eduardo Li, Rafael Esquivel aus Venezuela, Nicolas Leoz aus Paraguay, der 2003 den FIFA-Verdienstorden verliehen bekam, und Julio Rocha aus Nicaragua sollen in Bestechungsfälle verwickelt sein.

„NYT“: Blatter nicht unter Festgenommenen

Ebenfalls in den USA ermittelt wird gegen den ehemaligen US-Verbandschef Chuck Blazer. Er soll zuletzt mit den US-Behörden kooperiert haben und unter anderem bei den Olympischen Spielen 2012 in London per verstecktes Mikrofon Aufzeichnungen von Funktionärsgesprächen gemacht haben. Eine Stellungnahme der FIFA steht vorerst aus. Laut „NYT“ soll Blatter nicht zu den Beschuldigten gehören. Der 79-Jährige geht als großer Favorit in die Wahl für eine fünfte Amtszeit beim FIFA-Kongress am Freitag. Einziger Gegenkandidat ist Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien.

Weiter Streit um WM-Vergabe an Katar

Auch die WM-Vergabe 2022 an Katar, bei der der US-Fußballverband im Dezember 2010 überraschend dem Emirat unterlag, wird in den USA weiterhin untersucht. Die internen FIFA-Untersuchungen zu den Korruptionsvorwürfen waren im vergangenen Dezember ergebnislos eingestellt worden. Ermittler Michael Garcia aus den USA trat deswegen wenig später von seinem Posten als Chef der investigativen Einheit der FIFA-Ethikkommission zurück. Über die Veröffentlichung seines Berichts wird im Weltverband weiterhin gestritten.

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