Grüne, NEOS und SPÖ für Gleichstellung
Befürworter eines Endes der Diskriminierung homosexueller Partnerschaften sehen nach dem klaren Ja der Iren zur Homoehe einen Hoffnungsschimmer in Europa. Mit Irland sprach sich am Wochenende per Volksabstimmung das zwölfte EU-Land mit 62 Prozent Zustimmung klar für die Homoehe aus. Es ist nicht ausgeschlossen, dass danach bald weitere EU-Länder dazukommen.
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In Deutschland, wo mit „Lebenspartnerschaften“ bisher eine ähnliche Regelung wie in Österreich gilt, will die Regierung schon am Mittwoch weitere Erleichterungen für Homosexuelle beschließen. Das geht den deutschen Grünen und der Linken aber ebenso wie der deutschen Bundes-Antidiskriminierungsstelle zu wenig weit: Sie fordern die volle Gleichstellung. Die Antidiskriminierungsstelle fordert eine Gesetzesabstimmung im deutschen Bundestag ohne Fraktionsbindung.
„Kein sachlicher Grund“ gegen Gleichstellung
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erklärte, das Recht auf Heirat für Lesben und Schwule sei ein Menschenrecht und gehöre nicht in die Parteipolitik. „Ich bin sicher, die große Mehrheit der Parlamentarier ist für die Homoehe“, erklärte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, am Montag in Berlin. Es gebe „keinen sachlichen Grund, gleichgeschlechtlichen Paaren die vollständige Öffnung der Ehe zu verwehren.“ Sogar in der konservativen CDU sehen das manche offenbar gleich.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn zeigte sich offen: „Man sollte denken, was die katholischen Iren können, können wir auch“, sagte er der „Welt“ (Dienstag-Ausgabe). „Die Bevölkerung ist in diesen Fragen oft weiter, als wir denken.“ SPD-Justizminister Heiko Maas aber winkte ab: Das Thema bleibe zwar „auf der gesellschaftlichen Agenda“, sagte er „Spiegel online“ am Sonntag. Zur Wahrheit gehöre momentan aber auch: „In der Koalition mit CDU/CSU ist eine vollständige Gleichstellung leider nur schwer realisierbar.“
Kirche mobilisierte bisher nach Kräften
Maas verwies auf die kommende Initiative der Regierung. Damit würden Diskriminierungen in 23 Gesetzen und Verordnungen beseitigt. Das betrifft im Wesentlichen aber nur Kleinigkeiten: Künftig sollen homosexuelle Paare etwa die Möglichkeit haben, eine Bescheinigung zu beantragen, wenn sie im Ausland eine Partnerschaft auf Lebenszeit begründen wollen. Auch Lüders wies darauf hin, dass damit 130 Regelungen - in weit wichtigeren Bereichen - weiterhin gegen eine Gleichstellung gerichtet seien.
Unter jenen EU-Ländern, die noch keine geschlechtsunabhängige Ehedefinition haben, ist das Thema oft umstritten: In Slowenien etwa ist die Politik dafür, die Bevölkerung - animiert durch die katholische Kirche - machte einer Liberalisierung bisher aber immer wieder einen Strich durch die Rechnung. In der Slowakei scheiterte ein ebenso katholisch geprägtes Referendum gegen die Homoehe, in Kroatien umgekehrt war ein solches Ende 2013 äußerst erfolgreich.
Zorn auf „scheinheilige“ ÖVP
In Österreich ist die Haltung der Parteien jener in Deutschland nicht unähnlich: Grüne und NEOS sprachen sich schon am Samstag dafür aus, es den Iren gleichzutun: „Hoffentlich morgen!“, schrieb NEOS-Parteichef Matthias Strolz auf Twitter. Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek meinte: „Nun ist es höchst an der Zeit, dass andere Länder - und allen voran Österreich - nachziehen!“ Die SPÖ ließ wissen, dass es an ihr nicht scheitert: Das irische Votum sei ein „Signal an andere Länder in Europa“.
Die Menschen in Europa schienen „früher im 21. Jahrhundert angekommen als so mancher Politiker“, meinte SPÖ-Gleichbehandlungssprecherin Gisela Wurm wohl auch in Richtung ÖVP. Die Sozialistische Jugend (SJÖ) nannte den Koalitionspartner beim Namen und warf der ÖVP „Scheinheiligkeit“ vor: Die Volkspartei gebe sich „zwar weltoffen“, habe aber die Beseitigung von Diskriminierungen bisher wiederholt „erfolgreich verhindert“.
Umdenken im Vatikan?
Es könnte jedoch sein, dass zumindest die Kirche bald nicht mehr so vehement gegen die Homoehe mobilisiert: Am Montag begann im Vatikan hinter verschlossenen Türen die Vorbereitung der Familiensynode im Oktober. Dort sollen Bischöfe aus aller Welt heikle Themen wie die Behandlung von Homosexuellen und den Umgang mit Geschiedenen in der katholischen Kirche diskutieren. Bei den vorbereitenden nicht öffentlichen Beratungen diese Woche wird auch Papst Franziskus dabei sein, wie Radio Vatikan berichtete.
Viele Gläubige vor allem in Europa erhoffen sich von Franziskus eine Öffnung der Kirche in Familienfragen. Der Umgang der katholischen Kirche mit Homosexuellen ist unter ihm immerhin zu einem Thema geworden, das diskutiert wird. „Wenn jemand schwul ist und er den Herrn sucht und guten Willen zeigt, wer bin ich, das zu verurteilen“, hatte der Argentinier 2013 gesagt. Am Pfingstsonntag hatte er gesagt, die Kirche habe „eine Identität, die die ganze Welt umarmt, ohne jemanden auszuschließen“.
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