Mehr Verschwendung als erwartet
Rund 200.000 Tonnen Lebensmittel wirft Österreichs Gastronomie jedes Jahr weg. Das errechnete ein Pilotprojekt der Initiative „United Against Waste“. Dass viele Lebensmittel im Müll landen, stand als Grundannahme bereits im Vorfeld im Raum. Die tatsächliche Summe überraschte die Initiatoren dann aber selbst.
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Der Wert liege deutlich über den Erwartungen der Projektpartner, hieß es so auch kürzlich bei der Präsentation der Ergebnisse in Wien. Tatsächlich fallen die Zahlen verglichen mit vergangenen Berechnungen überraschend hoch aus. Das Lebensministerium sprach in seiner Initiative „Lebensmittel sind kostbar!“ bisher etwa von jährlich rund 157.000 Tonnen an verpackten und unverpackten Lebensmitteln sowie Speiseresten, die im Restmüll landen - das aber sowohl in Privathaushalten als auch in der Gastronomie.
Die nun präsentierten Berechnungen sind freilich nicht aus der Luft gegriffen. Wissenschaftler der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) führten vergangenes Jahr in 29 österreichischen Betrieben Abfallanalysen durch und rechneten die Zahlen für ganz Österreich hoch. Die im Pilotprojekt gewonnenen Basisdaten sollen nun helfen, die Abfallmenge drastisch zu reduzieren. Denn das gibt die Initiative als ihr Ziel an. Gegründet vom Lebensmittelriesen Unilever, beteiligen sich mittlerweile mehr als 30 Partner aus Industrie, Handel, der Dienstleistung, dem NGO-Bereich und dem öffentlichen Sektor an der Kooperation - unter ihnen auch das Lebensministerium.
Einsparungspotenzial sehr unterschiedlich
Bis zum Jahr 2020 will die Initiative die vermeidbaren Lebensmittelabfälle halbieren. Wenig überraschend fällt das Einsparungspotenzial von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich aus. Zwischen fünf und 45 Prozent aller Speisen landet laut der Erhebung im Müll. Und auch die Ursachen sind unterschiedlicher Natur. Bei den untersuchten Großküchen stellten die Tester etwa eine teils erhebliche Überproduktion besonders bei Suppen und Beilagen fest. Die Speisen wurden entweder gar nicht ausgegeben oder kamen wieder von den Tellern retour.
In Restaurants und Gasthäusern ließen die Gäste hingegen einerseits große Mengen Salatreste auf ihren Tellern. Andererseits ist von einem „Fleischproblem“ die Rede. Die Köche und Wirte scheinen mit ihren Portionsgrößen den Hunger ihrer Gäste regelmäßig zu überschätzen. Dabei bringe gerade dieser Produktbereich ein besonders hohes finanzielles und ökologisches Einsparungspotenzial mit sich, so die Initiatoren. Dort, wo auch Zimmer vermietet werden, sind laut Erhebung vor allem Abfälle von Milchprodukten, Obst, Gemüse sowie Getränkeretouren ein Thema - also all jene Lebensmittel, die sich auf dem klassischen Frühstücksbuffet finden.
Viel Land, viel Wasser, viel Geld
In Anbetracht einer sich global zuspitzenden Nahrungsmittelknappheit wirkt eine solche Verschwendung erschreckend. Die Umweltorganisation Global 2000 berechnete auf Basis der BOKU-Zahlen die Ökobilanzfaktoren und kam auf ein Einsparungspotenzial von rund 360.000 Tonnen CO2-Äquivalenten bei Treibhausgasemissionen, 25 Milliarden Liter Wasser und 43.000 Hektar Land beim Flächenverbrauch.
Doch neben der globalen Perspektive trifft die Wegwerfpolitik die Gastronomie auch ganz direkt. Nach Berechnungen von Helmut Obergantschnig vom Analysten Gastro Data ergebe sich allein beim Wareneinsatz ein Einsparungspotenzial von 395 Millionen Euro für die gesamte Branche. Für einzelne Betriebe könne die Kosteneinsparung in den sechsstelligen Bereich gehen. Im Durchschnitt liegt der errechnete Verlust pro Betrieb bei rund 10.000 Euro an Warenwert.
Tipps fürs Sparen
Mit den gewonnen Zahlen möchte die Initiative nun Strategien zur Abfallvermeidung entwickeln. Eine Reihe von Tipps hat sie allerdings bereits jetzt zur Hand: schockfrieren oder vakuumieren von nicht ausgegebenen Speisen, kleinere Gebinde und die Vermeidung essbarer Dekors. Auch kleine Portionsgrößen haben Potenzial: Lieber ein etwas kleineres Schnitzel, dafür dem Gast einen kostenlosen Nachschlag bieten, empfehlen die Fachleute.
Ausprobiert werden Sparmaßnahmen in den Testbetrieben. Die Erfahrungen, die daraus gesammelt werden, sollen anderen Betrieben zugutekommen und ab dem Frühjahr bei einer österreichweiten Roadshow präsentiert werden. Unterdessen können Betriebe selber ihr Lebensmittelabfallaufkommen mit einem eigenen Onlinetool testen.
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