Das lukrative Produkt Trinkwasser
Das Schweizer Nahrungsmittelunternehmen Nestle ist schon häufig im Zentrum herber Kritik gestanden. Die Vorwürfe reichten von der Verunreinigung von Babynahrung über die Genmanipulation von Inhaltsstoffen bis hin Tierversuchen und zur Ausbeutung von Kindern. Seit einigen Jahren muss sich Nestle neuen Anschuldigungen stellen: Der Konzern soll in Entwicklungsländern wichtiges Grundwasser abpumpen.
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Nestle vertreibt viele Produkte. Neben der Herstellung etwa von Nescafe, KitKat-Schokoriegeln, Maggi-Fertiggerichten, After Eight, Schöller-Eis, und Alete-Babynahrung gehört Wasser zum Kerngeschäft des Unternehmens. Weltweit ist es Marktführer bei abgefülltem Trinkwasser. Seit 13 Jahren vertreibt das Unternehmen „Nestle Pure Life“ in Plastikflaschen gefülltes Grundwasser - künstlich mit Mineralien und Salzen angereichert. Das Produkt ist ein wahrer Erfolgsgarant. Es findet vor allem in Entwicklungsländern breiten Absatz - nicht zuletzt weil es dort oft an sauberen Trinkwasserzugängen mangelt.
„Bottled Life“
Und genau dafür machen viele Kritiker Nestle selbst verantwortlich, wie etwa die Schweizer Filmemacher Res Gehringer und Urs Schnellder. In ihrem 2012 erschienenen Dokumentarfilm „Bottled Life“ werfen sie dem Unternehmen vor, das Grundrecht auf sauberes Trinkwasser zu verletzen, um Profite zu lukrieren. Es pumpe Grundwasser in Pakistan ab, um es in Flaschen zu füllen und teuer als „Nestle Pure Life“ an die Bevölkerung zu verkaufen.
Die Film zeigt ein Dorf in Pakistan, in dem die Menschen keinen Zugang zu Wasser haben. „Unseren Kindern zeigen wir das dreckige Wasser nicht“, klagt eine Bewohnerin, „dann würden sie es nicht trinken“. Während das Grundwasser des Dorfes seit Jahren sinke, pumpe Nestle aus dem örtlichen Tiefbrunnen Wasser. Laut „Handelsblatt“ haben auch in den USA Anwohner gegen Abfüllwerke von Nestle geklagt, weil der Grundwasserspiegel gesunken sei.
Wasser als ökonomische Ware
Im südkalifornischen Riverside County zapft Nestle Wasser, um es in „Pure Life“-Flaschen zu füllen und zu verkaufen. Die US-Regierung hat keinerlei Eingriffsrechte, weil sich das Grundwasser im trockenen Reservat der Morongo befindet. „Jeder darf hier das Grundwasser nutzen. Es ist nur eine Schande, dass das Wasser nicht der Bevölkerung zugutekommt, sondern exportiert wird“, zitiert „The Desert Sun“ David Luker, den Vorsitzenden der Firma Desert Water Agency, die für Wasserversorgung der Region zuständig ist.
Nestle selbst macht keinen Hehl aus seiner Einstellung zum Thema Wasser. Für das Unternehmen ist Wasser ganz eindeutig eine ökonomische Ware - und eine zentrale dazu, da im Vorjahr erstmals mehr Geschäft mit dem Verkauf von Wasser als dem von Softdrinks gemacht wurde.
Peter Brabeck-Letmathe, gebürtiger Österreicher und Verwaltungsratschef des Nahrungsmittelkonzerns, wird nicht müde, das zu betonen. Für ihn bestünde die Gefahr der gedankenlosen Wasserverschwendung, wenn es keinen ökonomischen Wert hätte. Kritiker sehen in dieser Argumentation einen Widerspruch zu dem Grundrecht der Menschen auf Zugang zu sauberem Wasser. Dieses könne nicht gewährleistet werden, solange Wasser auch ein Konsumgut sei.
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