Terrormiliz IS nutzt Machtvakuum
In Libyen herrscht seit dem Sturz und Tod von Diktator Muammar al-Gaddafi im Oktober 2011 Chaos. Aktuell gibt es zwei Regierungen, rivalisierende Milizen bekämpfen einander, und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nutzt das Machtvakuum, um Einfluss zu gewinnen.
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Zuletzt sicherten die USA, Deutschland und vier weitere europäische Länder ihre Unterstützung für die Verhandlungen über die Bildung einer Einheitsregierung in Libyen zu. „Wir wiederholen, dass Libyens Herausforderungen nur durch eine Regierung gemeistert werden können, die Libyens unabhängige Institutionen wirksam beaufsichtigen und schützen kann“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens, die Mitte Mai in Washington veröffentlicht wurde.
Islamisten eroberten Hauptstadt Tripolis
Zugleich äußerte sich die Staatengruppe besorgt über „Versuche, die libyschen Ressourcen zum Vorteil einzelner Konfliktparteien umzuleiten und die Finanz- und Wirtschaftsinstitutionen zu spalten, die allen Libyern gehören“. Die sechs Länder bekräftigten ihre Unterstützung der „Souveränität, Unabhängigkeit, territorialen Integrität und nationalen Einheit Libyens“. Sie warnten, dass „Terroristen“ den gegenwärtigen Konflikt in dem nordafrikanischen Land ausnutzten, um sich in Libyen auszubreiten und die Ressourcen des Landes für ihre Zwecke zu verwenden.
Im vergangenen Sommer hatten islamistische Milizen die Hauptstadt Tripolis erobert und dort eine eigene Regierung gebildet. Die international anerkannte Regierung und das Parlament flohen nach Tobruk im Osten des Landes. Die beiden Seiten verhandeln seit Jänner unter UNO-Vermittlung über ein Ende des Konflikts und die Bildung einer Einheitsregierung. Die letzte Gesprächsrunde begann Mitte April in Marokko unter Vermittlung des UNO-Gesandten Bernardino Leon. „Die Libyer sind am Ende der Geduld, und die internationale Gemeinschaft ist es auch“, sagte Leon damals.
UNO-Warnung vor Terror gegen Zivilisten
Parallel dazu forderte der UNO-Sicherheitsrat die Konfliktparteien auf, sich umgehend zu einigen, und drohte mit Sanktionen gegen die Verantwortlichen für die Gewalt im Land. Diese müssten sich auf „Regelungen zur Bildung einer Einheitsregierung verständigen, um die politische, institutionelle und die Sicherheit betreffende Krise in Libyen zu beenden“, hieß es in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung der 15 Mitglieder des Gremiums. Es könne keine militärische Lösung des Konflikts geben. Der Sicherheitsrat erklärte außerdem, zu Sanktionen gegen diejenigen bereit zu sein, „die den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit in Libyen bedrohen oder den politischen Übergang behindern“.
Die UNO-Mission für Libyen (UNSMIL) warnte erst vor wenigen Tagen vor Entführungen und Folter von Zivilisten in dem Bürgerkriegsland. „Bewaffnete Gruppen in Libyen sind verantwortlich für die Verschleppungen von Zivilpersonen, unter ihnen Minderjährige“, hieß es. Menschen würden unter anderem wegen ihrer Herkunft und ihrer politischen Orientierung entführt und liefen Gefahr, gefoltert zu werden. Viele von ihnen würden hingerichtet oder zu Tode gequält. Vor allem die Ausbreitung der Dschihadistenmiliz IS gilt als aktuell große Gefahr. Sie nutzt das praktische Nichtvorhandensein einer Regierung - ähnlich wie in Syrien und im Jemen -, um Territorium zu gewinnen. In Libyen rief der IS ein „Emirat“ aus.
Sturz und Tod Gaddafis 2011
In Libyen begann der „Arabische Frühling“ im Februar 2011, nachdem es bereits zuvor in den Nachbarstaaten Ägypten und Tunesien zu Unruhen gekommen war. Es folgten ein Bürgerkrieg und ein militärisches Eingreifen auf Basis einer UNO-Resolution, insbesondere die USA und Frankreich flogen zahlreiche Luftangriffe gegen Gaddafis Truppen.
Der Langzeitmachthaber wurde am 20. Oktober 2011 in der Stadt Sirte an der Mittelmeer-Küste von Rebellen gefangen genommen und getötet. Die Leiche Gaddafis zeigte deutliche Spuren von Misshandlung. Auch Gaddafis viertältester Sohn, Mutassim, starb am 20. Oktober 2011. Beide wurden an einem geheim gehaltenen Ort in der libyschen Wüste beerdigt.
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