„Randvolle“ Konten nach dem Tod
Der Familienclan des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi hat ein Riesenvermögen quer über den Erdball verstreut gebunkert. Nach und nach tauchten seit seinem Tod 2011 Konten auf, aktuell wird um viel Geld, das in Malta liegt, gestritten.
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Dieses Geld gehörte laut „Wall Street Journal“ („WSJ“) Mutassim al-Gaddafi. Der viertälteste Sohn des libyschen Langzeitmachthabers sei ein ziemlich „wertvoller Kunde“ der Bank of Valletta (BOV) im kleinen Inselstaat gewesen, so die US-Wirtschaftszeitung. Er habe auf Shoppingtouren zwischen Rom, Beverly Hills und Cannes zwar mehr als großzügig seine Kreditkarten gezückt, aber Millionen Dollar bei der Bank geparkt gehabt.

AP/J. Scott Applewhite
Designerkleidung und Partys: Mutassim al-Gaddafi lebte auf großem Fuß
Nach seinem Tod - Mutassim al-Gaddafi starb am selben Tag wie sein Vater, am 20. Oktober 2011 unter nicht ganz geklärten Umständen in der libyschen Mittelmeer-Hafenstadt Sirte - seien seine Konten „randvoll“ gewesen. Malta wolle das Geld trotz Drucks aus Libyen bisher nicht rücküberweisen.
„Dem Staat gestohlen“
Vertreter der libyschen Regierung verlangten nun, dass „zig Millionen Dollar“ nach Libyen, „wo sie während der Gaddafi-Herrschaft dem Staat gestohlen wurden“, freigegeben werden müssten. Libyen werfe der BOV außerdem vor, internationale Regeln gegen Geschäfte mit korrupten Regimes und gegen Geldwäsche zu brechen.
Arzt und Sicherheitschef
Mutassim al-Gaddafi, geboren zwischen 1974 und 1977, war Kommandeur von Muammar al-Gaddafis Leibgarde und Nationaler Sicherheitsberater. Er war außerdem promovierter Mediziner. Privat war Mutassim mehrere Jahre lang mit dem italienischen Model Vanessa Hessler liiert. Zu seinen Partygästen zählten Popstars wie John Bon Jovi und Beyonce.
Die Bank, teils in Besitz der maltesischen Regierung, weist die Vorwürfe laut „WSJ“ zurück. Vorstandschef Charles Borg betone, dass es keinerlei Verfahren „wegen irgendwelcher Rechtsverletzungen in Zusammenhang mit Herrn Gaddafis Konten“ gebe. Die Bank sei in ihrem Kundengeschäft größter Sorgfalt verpflichtet. Die BOV weigere sich, das Geld herauszugeben, solange libysche Vermögen irgendwo gesperrt blieben. Die Bank hat auch eine Niederlassung in der libyschen Hauptstadt Tripolis.
Die Konten seien vor dem „arabischen Frühling“, der in Libyen 2011 begann, eröffnet worden, folglich auch, bevor alle Gaddafi-Gelder wegen internationaler Sanktionen eingefroren wurden, zitierte die US-Wirtschaftszeitung Maltas Finanzminister Edward Scicluna. Die Gelder darauf seien geschäftlichen Ursprungs. Die Gaddafis hätten auf der Mittelmeer-Insel „so investiert wie in anderen Staaten auch“.
„Kenne deinen Kunden“
Gegen die BOV, betont das „WSJ“, gebe es keine Vorwürfe, gegen Sanktionen verstoßen zu haben. Stattdessen werfe ihr Libyen vor, die Regel „Kenne deinen Kunden“ („Know your customer“, KYC), gebrochen zu haben, indem sie Mutassim überhaupt als Kunden akzeptiert habe. Die KYC-Regel schreibt im Bankengeschäft eine Legitimationsprüfung vor, sie soll helfen, Geldwäsche zu bekämpfen.
19.000 Euro an einem Tag: Mutassim auf Einkaufstour
Laut „WSJ“ hatte Gaddafi junior bei der BOV bis zu 60 Mio. Dollar (rund 54 Mio. Euro) geparkt. Er habe seine Kreditkarte für „verschwenderische Ausgaben“ genutzt, mitunter hätten sich diese auf mehr als 100.000 Dollar (fast 90.000 Euro) „im Lauf weniger Wochen“ summiert, berichtete das Blatt, das nach eigenen Angaben Einsicht in entsprechende Abrechnungen hatte.
Am 10. April 2009 etwa habe Mutassim auf einer Shoppingtour in Rom fast 19.000 Euro ausgegeben, eingekauft habe er in den Designhäusern Versace und Dolce & Gabbana. Am nächsten Tag habe er erneut um umgerechnet knapp 7.500 Euro Designerstücke erstanden, in einer Bar und einem Nachtclub habe die Rechnung fast 3.000 Euro ausgemacht.
Woher kam das Geld?
Eine Frage lautet: Woher hatte Mutassim al-Gaddafi seine Millionen? Als Nationaler Sicherheitsberater seines Vaters habe er - offiziell - umgerechnet etwa 40.000 Euro Jahresgehalt bezogen. Laut libyschem Gesetz hätte er keine Einkommen aus dem Ausland oder über Unternehmensbeteiligungen haben dürfen, berichtet die US-Zeitung.
Seine ersten Konten in Malta habe er laut Bankunterlagen 2002 eröffnet. Gelautet hätten diese auf maltesische Unternehmen, an denen Gaddafi junior führend beteiligt gewesen sei. Die Einlagen seien von anfangs nicht einmal 700 Euro bis 2011 auf umgerechnet „zumindest“ 54 Mio. Euro gewachsen. Weder die BOV noch die Steuerprüfer von Gaddafis Unternehmen hätten die hohen Ein- und Ausgänge auf seinen Konten beanstandet.
Vorwürfe auch in Österreich
Die Geldflüsse der Gaddafis sind noch immer ein ziemliches Rätsel. In Frankreich beschäftigt der Verdacht, der Wahlkampf des seinerzeitigen konservativen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy könnte mit libyschem Geld mitfinanziert worden sein, die Justiz.
In Österreich machten immer wieder Gerüchte die Runde, es sei auch Geld aus Libyen in Richtung des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) geflossen. Saif al-Islam al-Gaddafi, der zweitälteste Sohn Muammar al-Gaddafis, und Haider waren befreundet. Beweise für die angeblichen Geldflüsse gab es allerdings nie. Die FPÖ beschuldigte auch die Grünen, Geld aus Libyen bekommen zu haben - was eine einstweilige Verfügung zur Folge hatte. Die Gaddafis hatten insgesamt Hunderte Mio. Euro auf Konten zwischen Südafrika und der Schweiz geparkt.
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