Obama bremst Castro-Hasser aus
US-Präsident Barack Obama hätte sich wohl gewünscht, dass in seinen zwei Amtszeiten alles so flott funktioniert hätte: Sieben Monate nach dem ersten Telefonat zwischen ihm und Kubas Staatschef Raul Castro wurde die Annäherung beider Länder mit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen besiegelt. Die Republikaner macht das wegen der nahenden Präsidentschaftswahl nervös.
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Bei Obamas Zugehen auf Kuba wird er wohl von außenpolitischer Vernunft geleitet gewesen sein und vielleicht noch vom Wunsch, sich einen Eintrag in den US-Geschichtsbüchern zu sichern. Darüber hinaus ist die Öffnung zum Nachbarn im Süden vielleicht einer von Obamas brillantesten innenpolitischen Schachzügen in den letzten acht Jahren. Das zeigen allein der Zeitpunkt und ein Blick auf die US-Wählerdemografie.
„Familiäre Bindungen“ als Schlüsselwort
Zum Unterschied von vielen Plänen Obamas, die die Republikaner in den letzten Jahren blockiert hatten, kann er in Sachen Kuba de facto frei agieren. Der Großteil der Boykott- und Blockadepolitik ruhte auf präsidentiellen Anordnungen, deren Aufhebung damit ebenso. Vor Kunstgriffen scheut er dabei nicht zurück: So gibt es rein rechtlich betrachtet noch immer keine Reisefreiheit, aber dafür einen reichhaltigen Katalog mit zwölf „erlaubten Ausnahmen“, darunter etwa sportliche Aktivitäten, Fortbildung und familiäre Bindungen.

Reuters/Enrique de la Osa
Der Handschlag zwischen Obama und Castro im kubanischen TV
„Familiäre Bindungen“ ist das Schlüsselwort unter den Ausnahmen. In den USA leben 1,8 Mio. bekennende Kubanoamerikaner mit festen Bindungen in die alte Heimat, Tendenz stark steigend. Es geht aber nicht nur um ihre Wählerstimmen, die vor allem in den südlichen Bundesstaaten der USA einiges Gewicht ausmachen. Die Kubanoamerikaner gelten auch als Meinungsmacher für die gesamte hispanischstämmige US-Bevölkerung, die inzwischen weit über 16 Prozent der Wählerschaft ausmacht.
Abgestandene Parolen langweilen neue Generation
Die Republikaner, die seit Jahrzehnten die Themenführerschaft bei der - kompromisslos harten - Kuba-Politik hatten, wurden angesichts von Obamas Umtriebigkeit in die erste Zuschauerreihe verbannt. Ohnehin fand aber eine neue Generation von Kubanoamerikanern den alten Zorn auf das Castro-Regime ziemlich langweilig und würde stattdessen lieber bei einem Urlaub die Verwandtschaft kennenlernen und dann ohne Probleme Rum und Zigarren mit nach Hause bringen. Obama gibt ihnen, was sie wollen.
Das geradezu manische Lobbying, das sich in den USA derzeit rund um Kuba entfaltet, spiegelt die Nervosität der Republikaner wider. Bisher hatte das strikt antikommunistische Politkomitee „US-Cuba-Democracy“ quasi ein Monopol in Washington und ließ Millionen an Spendengeldern in Richtung der Republikaner fließen. Allein die letzten Monate brachten die Gründung mehrerer neuer Gruppen („New Cuba“, „CubaNow“, „Engage Cuba“), die auffällig wenig über ihre politische Ausrichtung preisgeben.
Demokraten locken republikanische Überläufer
Alle neuen Gruppen betonen, dass sie allen politischen Überzeugungen gegenüber offen sind. Die Frage ist nur, warum sich etwa „New Cuba“ als „Political Action Committee“ (PAC) einstufen ließ - jene Form von Lobbyinggruppe, der allein es vorbehalten ist, Spendengelder für oder gegen die Regierung einzusetzen. Die Fäden der drei neu gegründeten Gruppen dürften allesamt beim demokratischen Politberater James Williams zusammelaufen, der aber auf republikanische „Überläufer“ hoffen darf.

APA/AP/Desmond Boylan
Kubanische Propaganda gegen das US-Handelsembargo
Kuba birgt reichlich Potenzial für Geschäfte. Die bisher ebenfalls republikanisch geprägte Unternehmerschaft im Süden der USA könnte damit ebenso zu den Demokraten wandern: „Engage Cuba“ beruft sich auf die Unterstützung von einem Dutzend US-Unternehmen aus dem erlauchten Kreis der „Fortune 500“, das „New Cuba“-PAC ebenso, ohne Zahlen zu nennen. Die Firmen kommen laut der Nachrichtenagentur AP etwa aus dem Bereich Hotellerie und Landwirtschaft.
Bundesstaaten im Süden könnten kippen
Vor allem aber könnte die Meinung der „kleinen“ Wähler über die Kuba-Öffnung zum Wasserscheidemoment für die Präsidentschaftswahl werden: Gerade im Südosten der USA, und damit in Nachbarschaft zu Kuba, machen die Kubanoamerikaner einen beträchtlichen Wähleranteil aus, im politischen Schwergewicht Florida überhaupt 6,5 Prozent. Die Kubanoamerikaner sind aber auch just in jenen Bundesstaaten immer stärker vertreten, die in den letzten Jahren knapp republikanisch wählten. Diese Mehrheiten könnten nun kippen.
„Danke an Präsident Barack Obama“
Die Kubanoamerikaner im US-Süden haben das Verhältnis zu ihrer alten Heimat schon bisher eher pragmatisch gesehen und sich etwa darüber geärgert, dass sie ihrer Verwandtschaft auf der Insel nur unter Mühen mit Sachspenden von Babykleidung bis zum Flat-Screen-TV unter die Arme greifen können. Nicht umsonst hatte Obama schon im Mai angekündigt, dass auch die Fährverbindungen zwischen den USA und Kuba nach über 50 Jahren wiederaufgenommen werden sollen.
„Danke an Präsident Barack Obama, dem wir sehr dankbar sind für seine Führungsstärke“, war postwendend auf der Facebook-Seite der bereits zugelassenen Firma Havana Ferry Partners zu lesen. Und einmal mehr stellte Obama sein gutes Timing unter Beweis: Die erste Fähre mit Platz für 1.000 Passagiere - und ihre Gastgeschenke - soll im Herbst ablegen, rechtzeitig zum Start der heißen Phase des US-Wahlkampfs.
Lukas Zimmer, ORF.at
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