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„Sehr ernste“ Gefahr

Die Computer Hunderter Passagierflugzeuge könnten über ihre Wi-Fi-Systeme an Bord gehackt und unter Kontrolle gebracht werden, auch von jemandem, der sich auf dem Boden befindet. Das berichtete der US-Sender CNN Mitte April unter Berufung auf einen neuen Bericht der US-Rechnungshofes (Government Accountability Office, GAO).

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Der US-Rechnungshof hatte sich aufgrund eines Auftrags der entsprechenden Komitees von Repräsentantenhaus und Senat mit dem Thema Zivilluftfahrt und Cyberkriminalität befassen müssen. Einer der Verfasser des Berichts, Gerald Dillingham, sagte gegenüber CNN, betroffen seien Maschinen vom Typ Boeing 787 „Dreamliner“, Airbus A350 und A380 sowie alle Flugzeuge mit einem modernen Cockpitsystem, die mit einem auch von Passagieren genutzten Wi-Fi-System ausgestattet seien.

Auch Firewall ist nur Software

Moderne Kommunikationstechnologien, darunter die IP-Konnektivität, wie sie immer häufiger in Flugzeugen genutzt würden, würden die Möglichkeit schaffen, dass nicht autorisierte Individuen Zugriff auf Computersysteme in den Maschinen erhalten und diese gefährden könnten, heißt es in dem Bericht, der sich auf Experten für Cybersicherheit und Luftfahrt stützt. Laut den Schlussfolgerungen des GAO muss man dazu nicht einmal im Flugzeug sein.

Gemäß dem Bericht wäre es theoretisch möglich, mit Hilfe eines Laptops vom Boden aus das Kommando über ein Flugzeug zu übernehmen oder einen Virus in den Flugkontrollcomputer einzuschleusen. Es könnten auch die Warn- oder sogar die Navigationssysteme gehackt werden. Voraussetzung sei, die Firewall zwischen dem Wi-Fi und dem Rest der Flugzeugelektronik zu überwinden: Auch Firewalls seien Softwarekomponenten und könnten wie jede andere Software gehackt oder umgangen werden.

„Ziemlich einfach“

CNN zitierte einen Flugzeugpiloten mit der Aussage, immerhin sei es Hackern auch schon gelungen, in das Pentagon einzudringen: „Da kann ich mir vorstellen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt ziemlich einfach ist, in ein Flugzeugcomputersystem reinzukommen.“ Die „besten Experten der Welt“ würden noch „eine lange Zeit brauchen“, um die moderne IT-Struktur von Flugzeugen auch wirklich sicher zu machen.

Dillingham schränkte ein, moderne Flugzeuge könnten zwar durch Hackerangriffe verwundbar sein, es gebe aber eine Reihe von Redundanzmechanismen in den Systemen, die es einem Piloten ermöglichen würden, ein Problem zu korrigieren. Für Maschinen, die älter als 20 Jahre sind, bestehe überdies ein weit geringeres Risiko. Die US-Flugsicherheitsbehörde (FAA) erklärte in einer Reaktion, man nehme dieses „sich rasant zunehmende“ und „immer schwieriger werdende“ Problem „sehr ernst“.

Airbus will nicht „diskutieren“

Der Bericht zog umgehend Reaktionen des US-Flugzeugherstellers Boeing und seines europäischen Konkurrenten Airbus nach sich. Dementi gab es aber keines. Boeing erklärte, es brauche die „Zustimmung“ des Piloten, wenn eine „Änderung der Flugpläne in die Flugzeugsysteme geladen“ werde. Airbus meinte lediglich, man arbeite konstant an der Verbesserung von Systemen, wolle Details aber nicht diskutieren, „weil so eine Diskussion im Hinblick auf die Sicherheit kontraproduktiv sein könnte“.

Erst kurz vor Bekanntwerden des Berichts hatten Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Website eines Flughafens in Australien angegriffen. Nach Polizeiangaben hinterließen die Hacker auf der Website des Hobart International Airport auf der südlichen Insel Tasmanien eine Solidaritätserklärung für den IS. Mit der IS-Miliz verbundene Hacker verübten zuletzt vermehrt Cyberangriffe. So legten sie im April den weltweit empfangbaren französischen Auslandssender TV5 Monde lahm.

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