Themenüberblick

Weichen sollen am Montag gestellt werden

Vor dem Hintergrund weiterer drohender Flüchtlingstragödien im Mittelmeer hat es die EU mit ihrer Militäraktion gegen Schlepper nun offenbar eilig. Gerade erst warb die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini in New York um die Unterstützung der UNO, und bereits am Montag wollen die EU-Außen- und -Verteidigungsminister in Brüssel den Startschuss für die Mission geben

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ein ranghoher EU-Beamter zeigte sich am Dienstag zuversichtlich, dass der UNO-Sicherheitsrat eine für den Militäreinsatz in internationalen Gewässern notwendige Resolution nach Kapitel 7 der UNO-Charta verabschieden werde. Diese sieht die Möglichkeit einer militärischen Intervention vor, wenn andere Maßnahmen zur Wiederherstellung des Friedens zuvor erfolglos verlaufen sind. Russland und China hätten sich „sehr unterstützend“ gezeigt, ebenso die USA und die afrikanischen Staaten.

Eine solche Resolution wäre auch dann nötig, wenn Libyen den EU-Einsatz unterstützen sollte, weil die Mission auch in internationalen und nicht lediglich in libyschen Hoheitsgewässern stattfinden soll. Ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates dürften anderenfalls lediglich Schiffe ohne Flagge bzw. bei Zustimmung des Flaggenstaates angegriffen werden.

EU-Gipfel im Juni

Ob sich die UNO-Resolution bis zum Außen- und Verteidigungsministerrat am Montag ausgehen wird, ist freilich fraglich. In Kreisen des Europäischen Auswärtigen Dienstes hieß es am Dienstag jedoch, die Außenminister würden sich auf jeden Fall auf das Konzept des Einsatzes einigen. Ob sie auch im Fall des Fehlens einer UNO-Resolution bereits den politisch-juristischen Grundsatzbeschluss über die Mission treffen wollen, sei „eine politische Entscheidung“. Für den tatsächlichen Beginn der Mission sollen dann voraussichtlich die EU-Staats- und -Regierungschefs beim Gipfel im Juni grünes Licht geben.

„Geschäftsmodell der Schlepper zerstören“

Aufgabe des Militäreinsatzes soll es laut Angaben aus Brüssel jedenfalls sein, „das Geschäftsmodell der Schlepper zu zerstören“. Das solle lediglich auf See geschehen, Bodentruppen und damit ein Einsatz auf jenen libyschen Stränden, von denen die Schlepperboote starten, kämen nicht infrage. Ebenso ausgeschlossen wurde von EU-Seite eine Rücküberführung von im Mittelmeer aufgegriffenen Flüchtlingen nach Nordafrika („Pushbacks“), wie sie unter anderem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vorgeschlagen hatte. Wenn diese einen Asylantrag stellten, würden sie entsprechend der Genfer Konventionen nach Europa gebracht.

Dennoch sprach sich auch die britische Innenministern Theresa May dafür aus, Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer künftig zurückzuschicken. Die EU solle sich darum bemühen, „sichere Landeplätze in Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives Rückführungsprogramm“, so May in einem Kommentar für die Zeitung „The Times“ (Mittwoch-Ausgabe).

Experten in Brüssel halten die Mission für wesentlich riskanter als den laufenden EU-Einsatz gegen Piraten vor dem Horn von Afrika (Mission „Atalanta“), der gerne als Vorbild herangezogen wird. Während die dortigen Piraten meist lediglich über leichte Waffen verfügen, sind die extremistischen libyschen Milizen, die hinter den Schmugglern stehen, wesentlich besser ausgerüstet. Dennoch gehe man davon aus, dass der Einsatz „zwar schwierig, aber machbar sei“, sagte ein ranghoher Diplomat in Brüssel. Die EU werde aber „alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen“.

Widerstand in Deutschland

Der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Regierung, Christoph Strässer (SPD), stellte sich gegen die Linie der EU-Kommission und deren Strategie, Schlepperboote zu zerstören: „Ich halte das für den falschen Ansatz. Der Druck der Menschen nach Europa wird nicht dadurch geringer, dass man Schiffe vernichtet.“

Links: