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„Schöne, positive“ Reaktionen

Im Rahmen des Wiener Life Ball und des Eurovision Song Contest hat ein österreichisches Magazin seine Mai-Ausgabe mit einer Mischung aus Tinte und Blut gedruckt - mit HIV-infiziertem Blut. Blut, über das gerade jeder spricht. Und genau das war auch das Ziel des „Vangardist“-Magazins, das sich im Kampf für eine stigmafreie Gesellschaft sieht.

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Julian Wiehl, Chefredakteur von „Vangardist – das Magazin für den progressiven Mann“, wirkt zufrieden, wenn er von den Reaktionen auf die zuletzt veröffentlichte Ausgabe erzählt. Dazu hat er auch allen Grund: Ob man die Idee nun gut oder schlecht findet, sie für eine geglückte Aufklärungskampagne hält oder als reinen Aktionismus und gewollte Aufregung abtut - es wird in jedem Fall darüber gesprochen. Darüber, dass die Infektionsrate mit dem HI-Virus in den letzten Jahren wieder angestiegen ist und vor allem darüber, dass es jeden treffen kann.

Vangardist-Magazin

Julian Behrenbeck

Gänzlich unterschiedliche Blutspender wurden für das Projekt gewonnen

Das wird unter anderem durch die Auswahl der HIV-positiven Blutspender dargestellt. So erzählt Wiehl, dass man drei ganz unterschiedliche Spender gefunden habe: „Einen homosexuellen Mann, einen heterosexuellen Mann und eine Frau und Mutter, was ich persönlich sehr spannend fand, weil sie so gar nicht dem Klischeebild entspricht, das vielleicht so mancher hat. Denn HIV wird nach wie vor hauptsächlich im Bereich des Drogenkonsums oder der homosexuellen Community gesehen.“ Spätestens hier regt die Kampagne dazu an, sich von vorurteilsbehafteten Bildern zu lösen.

Willkür und Abhängigkeit

Nicht nur die negativ besetzten, oftmals mit unaufgeklärten oder schlichtweg falschen Fakten vermengten Vorstellungen sind es, die der Entwicklung einer stigmafreien Gesellschaft im Wege stehen. Nicht minder problematisch ist „die völlige Willkür, der man als geouteter HIV-positiver Mensch ausgesetzt ist“, so Wiehl.

Denn: „Auch wenn viele nicht negativ reagieren, ist man immer von seinem Gegenüber abhängig.“ Der Chefredakteur illustriert das mit einem Beispiel: „Nehmen wir an, ein Arbeitgeber hat kein Problem mit der HIV-Infizierung seines Arbeitnehmers, aber Angst, seine Kunden hätten eines und könnten deshalb das Unternehmen wechseln“ - dann werde in den meisten Fällen wohl gegen den Arbeitnehmer entschieden.

The Positive Issue

Das Stigma ist also existent. Wiehl meint, dass „man nicht einfach so mit diesem Virus an die Öffentlichkeit gehen kann und immer noch Angst haben muss“. Auch deshalb sei er „glücklich, dass die Presse das Thema so positiv aufgegriffen hat“. Als besonders gut gelungen empfindet er den wertfreien, neutralen Ansatz der Berichterstattung, der dem Leser die Möglichkeit einer unabhängigen Meinungsbildung einräumt.

Beispielsweise „haben manche Medien das Magazin genommen, sind auf die Straße gegangen und haben dort einfach Leute gefragt, haben sie nicht schockiert, sondern einfach nur gefragt, wie sie das Thema finden“. Herausgekommen sind „sehr schöne, positive Nachrichten von den Menschen - Statements, die wir brauchen, um eine stigmafreie Gesellschaft hinzubekommen“.

Erster wichtiger Schritt

Auf die Frage, ob es bei der Kampagne auch um die EU-Richtlinie gehe, die homosexuellen Männern das Blutspenden verbietet, sagt Wiehl, dass das nicht Teil der Idee sei: „Wir konzentrieren uns auf das Stigma und die irrationalen Ängste. Das ist unser Thema. Aber das ist trotzdem ein guter Punkt, denn auch hier sieht man einmal mehr, dass das Ganze eigentlich ins Leere greift, denn die Qualifizierung homosexuell oder heterosexuell sagt ja nichts über die Qualität des Blutspenders aus.“ Nach seiner Sicht wäre es also „viel sinnvoller, einen Fragenkatalog zu entwerfen, der auf das sexuelle Verhalten“ abzielt, denn nur mit einer Auswertung dessen könne man spezielle Risikogruppen festmachen.

Wichtig ist für Wiehl, dass die Kampagne zwar ein gelungener erster Schritt ist, aber eben doch nur der erste: „Für uns ist die Kampagne nicht beendet. Wir versuchen jetzt, auf verschiedenen Wegen Leute zu motivieren, ihre Ängste zu überwinden, öffentlich Stellung zu nehmen und damit gemeinsam für diejenigen eine Lanze zu brechen, für die das nicht so einfach ist.“ Zudem wird der Verkaufserlös aus den 3.000 Exemplaren direkt an Aids-Organisationen weitergegeben.

Lena Eich, ORF.at

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