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Die Tücken der Zentralmatura

Fehlende Prüfungsbögen an einigen Schulen, ein umstrittener Deutschtext und für viele überraschende Änderungen beim Bewertungsschlüssel - die im Vorjahr bei der Generalprobe zur Zentralmatura aufgetretenen Probleme nehmen sich im Vergleich zu manchen Pannen in anderen Ländern harmlos aus. Fehlerhafte Aufgaben sowie gestohlene und im Internet veröffentlichte Beispiele kamen dort schon öfter vor.

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In Frankreich wird das Baccalaureat, kurz Bac, jedes Jahr zum nationalen Psychodrama, auch in anderen Ländern beherrschen die schriftlichen Abschlussprüfungen tagelang die Medien. Dafür verantwortlich ist neben dem großen organisatorischen Aufwand hinter einer landesweit gleichzeitig abgehaltenen Abschlussprüfung die Vielzahl an Pannen der vergangenen Jahre.

Fehlende Aufgaben

So gab es in mehreren deutschen Bundesländern mit zentraler Abiturklausur (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen), aber ebenso etwa in Frankreich, Großbritannien und Polen wiederholt fehlerhafte Klausuraufgaben. Die Schulen wurden darüber zwar in der Regel gleich nach Bekanntwerden informiert, in manchen Fällen verging allerdings einige Zeit, bis die Schüler die neuen Angaben erhielten. Probleme anderer Art gab es 2005 in der Slowakei: Dort mussten alle Mathematikklausuren wiederholt werden, nachdem auf einem Teil der verteilten Prüfungsbögen schon die richtigen Antworten markiert waren.

Über das Web verbreitet

Abseits solcher Pannen gab es auch wiederholt Fälle von Betrug in Zusammenhang mit zentralen Prüfungen: So sollen in Sachsen 2000 die Aufgaben über die für den Druck der Prüfungsbogen zuständige Gefängnisdruckerei an Gymnasiasten verkauft worden sein.

Mit dem Internet kam eine zusätzliche Erschwernis dazu - werden Prüfungsaufgaben bekannt, erreichen sie in Windeseile riesige Gruppen. Mit Folgen für alle Maturanten: Als 2011 etwa in Frankreich am Vorabend der schriftlichen Prüfung eine von vier Rechenaufgaben des prestigeträchtigen „Bac S“ mit Naturwissenschaftsschwerpunkt im Internet landete, wurde ebenjene Aufgabe trotz kollektiven Aufschreis der Betroffenen von der Benotung ausgenommen.

Wiederholungen an der Tagesordnung

In den Niederlanden mussten 2013 alle Maturanten einer Schule in Rotterdam ihre Klausuren wiederholen, nachdem die Prüfungsfragen aus dem Tresor gestohlen, fotografiert und ins Internet gestellt worden waren. Noch wesentlich mehr Betroffene gab es, als 2004 in Westpolen die Reifeprüfung in Polnisch und Geschichte im Netz aufgetaucht war. 14.000 Schüler mussten die schriftlichen Prüfungen noch einmal schreiben. In Ungarn landeten 2005 die Aufgabenstellungen für Mathematik und Geschichte im Netz, Zehntausende Schüler mussten die Klausur deshalb wiederholen.

In Italien war der zu übersetzende Cicero-Text der Lateinprüfung 2002 ebenfalls bereits vor der Prüfung im Internet verfügbar - das Leck wurde dabei sogar im Unterrichtsministerium oder in der Staatsdruckerei selbst vermutet. Das Unterrichtsministerium geriet auch in Großbritannien unter Beschuss, als 2002 nach einer Maturareform Zehntausende Prüflinge bei einer Reihe von Tests absichtlich eine schlechtere Note bekommen haben sollen, um zu viele sehr gute Resultate und damit den Vorwurf einer Entwertung der Prüfungen zu verhindern.