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Der Kampf ums Meer

Bolivien ist nicht immer ein Binnenstaat gewesen. Vor dem Salpeterkrieg mit Chile Ende des 19. Jahrhunderts verfügte es über einen 400 Kilometer breiten Küstenstreifen zum Pazifik.

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Bis heute ist die Regierung in La Paz darum bemüht, das Gebiet zurückzugewinnen. Der Verlust kommt einem Nationaltrauma gleich. An jedem 23. März begehen die Bolivianer den „Tag des Meeres“, an dem sei um den abhandengekommenen Ozean trauern.

Der Ursprung des Konflikts mit Chile geht in die Kolonialzeit zurück. Die Zugehörigkeit der Atacama-Region an der Pazifikküste war nach dem Ende der spanischen Kolonialzeit zwischen 1810 und 1830 höchst umstritten. Die neu gebildeten Staaten Chile, Peru und Bolivien erhoben Anspruch darauf. Bolivien verleibte sich - entgegen den alten Grenzen der spanischen Kolonien – das Gebiet ein. Obwohl rund 95 Prozent der wenigen Siedler Chilenen waren, tolerierte Chile das Vorgehen.

Wertvolle Rohstoffe

Chiles Einstellung änderte sich, als man in den 1860er Jahren den wertvollen Rohstoff Salpeter in den Böden der Region entdeckte. Die Grenze wurde neu gezogen. Chile überließ Bolivien das Gebiet um die Stadt Antofagasta - unter einer Bedingung: Chilenische Firmen in diesem Territorium durften für die nächsten 25 Jahre nicht besteuert werden. 1877 verwüstete ein schweres Seebeben die gesamte Küstenregion. Im Folgejahr brach Dürre aus. Bolivien schlitterte in die Finanzkrise. Die Regierung unter Präsident Hilarion Daza beschloss, die chilenischen Salpeterbetriebe doch zu besteuern.

Doch die Betriebe verweigerten die Zahlungen. 1879 wurden sie schließlich enteignet, Chile sah das als offene Provokation und deutlichen Vertragsbruch. Ein übermächtiges chilenisches Heer brach in Richtung Antofagasta auf. Der Krieg hatte begonnen. Chile kämpfte gegen Bolivien und Peru, die sich schon vorher zu einer geheimen Allianz zusammengeschlossen hatten.

Ein Gewinner, zwei Verlierer

Erst fünf Jahre später fand der erbitterte See- und Landkrieg ein Ende. Als Sieger ging Chile hervor. Sowohl Peru als auch Bolivien mussten Land an Chile abtreten. Die peruanische Provinz, die an Chile fiel, wurden teilweise im Jahr 1929 wieder zurückgegeben.

Anders verhielt es sich mit dem ehemaligen bolivianischen Staatsgebiet - der besagten 400 Kilometer langen Küste. Bis heute gehören die Hafenstädte Antofagasta, Iquique und Arica zu Chile. Die Spannungen zwischen den Ländern halten seither an. Alle Lösungsversuche scheiterten, und seit 1962 unterhalten die beiden Länder keinerlei diplomatische Beziehungen mehr.

Das peruanische Veto

Bolivien macht seinen Status als Binnenland für die schwache wirtschaftliche Lage verantwortlich. Immer wieder forderte es einen Korridor zum Pazifik. Dieser würde Chile allerdings in zwei Teile spalten. Der Vorschlag Chiles, im Norden des Landes - an der Grenze zu Peru – Land abzutreten scheiterte an der peruanischen Regierung. Der Nordkorridor würde auf ehemaligem peruanischem Gebiet verlaufen, das Chile nur unter deren Zustimmung abgeben kann. Seit dem Scheitern dieser Verhandlungen 1978 - hundert Jahre nach Kriegsbeginn - ist die Beziehung zwischen Bolivien und Chile endgültig abgekühlt.

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