Alle Appelle blieben ungehört
Alle Appelle, selbst Warnungen vor diplomatischen Konsequenzen, haben nichts geholfen: In Indonesien wurden in der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit) acht Häftlinge hingerichtet - darunter sieben ausländische Staatsbürger.
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Bei ihnen habe es sich um den 34-jährigen australischen Staatsbürger Myuran Sukumaran, dessen 31-jährigen Landsmann Andrew Chan, drei Nigerianer, einen brasilianischen Staatsbürger und einen Ghanaer gehandelt, hieß es.
Die indonesische „Jakarta Post“ zitierte aus dem Büro des Generalstaatsanwalts: „Wir haben die Exekutionen durchgeführt.“ Die Hingerichteten waren wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt worden und saßen bereits seit Jahren in Haft.
Eine Exekution in letzter Minute ausgesetzt
Bei einer Philippinerin wurde das Urteil laut „Jakarta Post“ und „The Jakarta Globe“ wegen einer neuen Entwicklung in ihrem Fall ausgesetzt - buchstäblich in letzter Minute. Ein französischer Staatsbürger, der ursprünglich ebenfalls am Dienstag hätte hingerichtet werden sollen, bekam schon zuvor noch einmal Aufschub gewährt. Grund ist eine Berufung vor einem indonesischen Gericht. Bei den anderen Verurteilten wurde das Urteil kurz nach dem geplanten Zeitpunkt Mitternacht (Ortszeit; gegen 19.00 Uhr MESZ) vollstreckt.
Hochzeit einen Tag vor dem Tod
Angehörige der Hingerichteten hatten diese noch am Dienstagnachmittag im Gefängnis auf der Insel Kambangan (Nusa Kambangan) besuchen dürfen. Sukumarans Mutter hatte sich danach resigniert gezeigt. „Ich werde ihn nicht wiedersehen“, sagte sie. „Sie erschießen ihn um Mitternacht.“
Chan war am Montag sein letzter Wunsch gewährt worden: Er heiratete im Gefängnis seine indonesische Lebensgefährtin. Die anderen Todeskandidaten hatten sich bereits am Wochenende von ihren Familien verabschiedet. Auch die philippinische Verurteilte Mary Jane Veloso hatte ihre Familie noch zu einem letzten Besuch empfangen.
Überraschende Wendung in einem Fall
Im Fall von Veloso ergab sich dann allerdings noch eine überraschende Wendung: Die 30 Jahre alte Mutter zweier Kinder sei ohne ihr Wissen als Drogenkurierin ausgenutzt worden, hatten ihre Verteidiger argumentiert. Eine Frau, die ihr einen Job in Indonesien vermittelt hatte, hatte sich auf den Philippinen Stunden zuvor der Polizei gestellt.
Australien warnte Indonesien
In Australien hatten in den letzten Wochen Tausende Menschen gegen die Hinrichtungen protestiert bzw. Mahnwachen abgehalten. Außenministerin Julie Bishop kündigte „Konsequenzen“ für den Fall der Vollstreckung der Urteile an. Ihre Regierung protestierte seit Wochen öffentlich. Sie habe auf ihre jüngste Intervention von Sonntag keine Reaktion bekommen, sagte sie im Fernsehen: „Wenn Präsident (Joko, Anm.) Widodo nicht in letzter Minute einschreitet, befürchte ich das Schlimmste für unsere Landsleute.“

APA/EPA/Francis R. Malasig
Auch auf den Philippinen kam es zu Protesten gegen die Hinrichtungen
Widodo hatte sich alle Einmischung in Justizangelegenheiten verbeten. Die Mutter des hingerichteten Australiers Sukumaran hatte an den indonesischen Präsidenten appelliert: „Sagen Sie die Hinrichtung ab. Bitte nehmen Sie mir nicht meinen Sohn.“ Der „Australian“ zeigte Bilder der verzweifelten Angehörigen und von Kundgebungen in ganz Australien. Gegen 19.30 MESZ berichtete die Zeitung, die Verurteilten seien von ihren Zellen zum Exekutionsplatz gebracht worden.
„Nichts gewonnen, viel verloren“
Auf der Website des australischen Außenministeriums hieß es, die Regierung sei auf diplomatischem Weg über die bevorstehenden Exekutionen informiert worden, gefolgt von einem nochmaligen Appell: Nichts werde gewonnen, aber viel verloren, wenn die Verurteilten hingerichtet würden.
Sogar UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte sich für sie eingesetzt. Er rief Widodo auf, die Todesurteile in Freiheitsstrafen umzuwandeln. Der ebenfalls wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilte Franzose Serge Atlaoui, der ursprünglich gleichzeitig hingerichtet werden sollte, bekam Aufschub, weil ein Gericht eine neue Eingabe prüfen wollte. Alle anderen verurteilten Ausländer hatten am Samstag die Nachricht von ihrer bevorstehenden Hinrichtung erhalten.
Kreuze waren bereits vorbereitet
Die Staatsanwaltschaft hatte sich geweigert, den genauen Termin dafür zu nennen - nach Angaben ihres Sprechers, um Medienrummel zu vermeiden. Das gelang ihr aber nicht. In Cilacap, wo die Boote zur Hinrichtungsinsel ablegen, kampierten seit Tagen zahlreiche Reporter. In australischen Medien kursierten zuletzt Fotos von Kreuzen für die Särge, auf denen der Mittwoch als Todesdatum steht. Erst im Jänner waren unter internationalem Protest sechs Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet worden, darunter fünf Ausländer.
Nusa Kembangan wird das „Alcatraz Indonesiens“ genannt. Auf der Insel vor der Südküste Javas befinden sich mehrere Hochsicherheitsgefängnisse. Indonesien zählt zu den Ländern mit den strengsten Drogengesetzen weltweit. Erst im Jänner waren unter internationalem Protest sechs Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet worden, darunter fünf Ausländer.
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