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Angst vor weiteren Nachbeben

Nach dem schweren Beben am Samstag ist Nepal am Sonntag von einem Nachbeben der Stärke 6,7 erschüttert worden. Das Zentrum sei diesmal nordöstlich der Hauptstadt Kathmandu nahe der Grenze zu China gelegen, teilte die US-Erdbebenwarte USGS am Sonntag mit.

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Bergsteiger auf dem Mount Everest berichteten, dass das Beben eine weitere Lawine ausgelöst habe. In den vom Beben am Vortag besonders betroffenen Orten wie Kathmandu und Bhaktapur rannten viele Menschen in Panik auf Freiflächen, um möglicherweise herabstürzenden Trümmern zu entgehen. In Kathmandu suchten Rettungskräfte zum Teil mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verschütteten.

Mann rennt während eines Nachbebens durch die zerstörten Straßen von Bhaktapur

Reuters/Navesh Chitrakar

Ein Mann in Bhaktapur bringt sich während eines Nachbebens in Sicherheit

Über 2.500 Todesopfer

Die Zahl der Todesopfer in Nepal stieg am Sonntag laut Angaben des nepalesischen Innenministeriums auf 2.450, rund 6.000 Menschen wurden verletzt. Im benachbarten Indien wurden 62 Tote gezählt, in Tibet sechs und in Bangladesch ein Opfer. Das Finanzministerium in Kathmandu erklärte, die Familie jedes Todesopfers erhalte umgerechnet 360 Euro. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Toten noch weiter steigen wird.

Krankenhäuser überfüllt

Die meisten Menschen in Nepals Hauptstadt Kathmandu verbrachten die Nacht im Freien, bei leichtem Nieselregen - darunter auch Verletzte, die in den überfüllten Krankenhäusern keinen Platz mehr fanden. Tausende haben ihre Häuser verloren oder fürchten sich, in die Gebäude zurückzukehren. Laut Augenzeugen bebt die Erde noch immer - zuletzt um 5.00 Uhr Ortszeit, als ein starkes Nachbeben viele Menschen aus dem Schlaf riss.

Blick über einen Teil von Kathmandu mit zerstörten Häusern

APA/AP/Niranjan Shrestha

Am Tag nach dem Beben bot sich in der Stadt Bhaktapur ein Bild der Zerstörung

Ganzes Ausmaß noch unbekannt

Auch Präsident Ram Baran Yadaf habe in einem Zelt geschlafen, sagte sein Sprecher in einem lokalen Radio. Fast nirgendwo in Kathmandu gibt es Strom, manche Menschen helfen sich mit Solarlampen. „Wir laden unsere Handys an Autobatterien auf“, sagte Alina Shrestha von World Vision. Etwa 30 Nachbarn hätten die Nacht in Zelten in ihrem Hof verbracht. Sie höre Helikopter, aber Soldaten oder Polizisten habe sie in ihrem Stadtviertel noch nicht gesehen.

Ältere Frau wird auf offener Straße in Kathmandu versorgt

APA/EPA/Narendra Shrestha

Zahlreiche Verletzte werden auf der Straße versorgt - die Krankenhäuser sind völlig überfüllt

Wie es in vielen abgelegenen Städten und Dörfern in dem Himalaya-Land aussieht, ist noch kaum zu überblicken. Das Dorf Barmak, unter dem das Zentrum des Bebens lag, sei fast vollständig zerstört, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. „Ich habe meine Angehörigen und alle meine Nachbarn verloren“, sagte eine Frau auf Jaybageshwari einem örtlichen Radiosender. „Kann jemand, der überlebt hat, uns helfen? Wir haben weder Essen noch Kleidung. Alles ist weg.“

Notstand ausgerufen

Nepal hat den Notstand in den betroffenen Gebieten ausgerufen. Schulen und Universitäten bleiben für eine Woche geschlossen. Die Stromversorgung könnte lange ausfallen, da das Erdbeben die Wasserkraftwerke beschädigt hat, von denen Nepal fast all seinen Strom bezieht. Indien hat mehrere Flugzeuge mit Hilfsgütern wie Nahrungsmitteln, Wasser und Kommunikationsgeräten geschickt.

Nepal kommt nicht zur Ruhe

Einen Tag nach dem verheerenden Himalaya-Erdbeben wurde Nepal von einem schweren Nachbeben der Stärke 6,7 erschüttert.

Zugang zu vielen Opfern nicht möglich

Die internationalen Caritas-Verbände arbeiten bereits an Ort und Stelle - und berichten von großen Problemen. „Der Zugang zu Erdbebenopfern ist vielerorts noch nicht möglich, weil die Straßen blockiert sind. Die Kommunikation ist aufgrund des Stromausfalls schwierig“, erklärte der Direktor der Caritas Nepal, Pius Perumana.

Karte von Nepal

APA/ORF.at

Nahrung und Wasser knapp

Augenzeugen berichten, vielfach hätten die Menschen nur noch Kekse und Trockenfrüchte übrig. Hilfsorganisationen fürchten, dass bald auch das Wasser ausgeht. Auch die Ärzte sind an vielen Orten bereits überlastet. „Unter den Toten sind viele Kinder“, sagte Doktor Pratab Narayan aus dem Teaching-Krankenhaus. „Wir sind völlig überfordert mit der Zahl an Menschen.“

Menschenmenge in Kathmandu auf der Straße vor Gebäudetrümmern

APA/EPA/Narendra Shrestha

Die Hauptstadt Kathmandu wurde stark zerstört - aus Angst vor Nachbeben bleiben viele Menschen auf der Straße

Nepals einziger internationaler Flughafen, der wegen der Nachbeben zwischenzeitlich geschlossen war, wurde am Samstagnachmittag teilweise wieder geöffnet, um Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) steht bereit für eine schnelle Evaluierung des Finanzbedarfs des Landes. Ein Expertenteam könne so schnell wie möglich nach Nepal reisen, um der Regierung bei der Einschätzung der makroökonomischen Lage und ihres Finanzbedarfs zu helfen, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde am Samstag in Washington.

Zu 22 Österreichern kein Kontakt

Schätzungen des Außenministeriums zufolge befinden sich derzeit rund 250 Österreicher in Nepal. Zu 22 Österreichern bestehe derzeit kein Kontakt, sagte Außenministeriumssprecher Martin Weiss. Das solle aber nicht „das große Alarmzeichen sein“.

„Die Kommunikation ist schwierig, die Telefonnetze fallen immer wieder aus.“ Man müsse außerdem davon ausgehen, dass einige Wanderer in abgelegenen Gebieten unterwegs sind und keinen Zugang zu einem Telefon haben. „Aus den Krankenhäusern haben wir keine Nachricht über verletzte oder tote Österreicher“, sagte Weiss im ORF-Radio. Zu 39 Österreichern konnte bisher Kontakt hergestellt werden, derzeit wird ihre Ausreise organisiert.

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