Themenüberblick

Grenzwert extrem überschritten

Nach der Messung einer extrem hohen Radioaktivitätsbelastung haben die Behörden in der japanischen Hauptstadt Tokio einen Spielplatz gesperrt. Im Boden des Geländes im Nordwesten der Stadt wurde laut Behördenangaben ein Wert von 480 Mikrosievert pro Stunde gemessen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Bei dieser Belastung würde ein Mensch binnen zwei Stunden so viel Radioaktivität aufnehmen, wie die japanische Regierung pro Jahr für vertretbar hält. Der gemessene Wert liege weit über demjenigen, den Japan als Höchstgrenze für die Gebiete rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima I nach deren Dekontaminierung festlegte. Der Wert gilt allerdings für Messungen einen halben Meter über der Erde - auf dem Spielplatz wurde im Erdreich selbst gemessen.

Der verstrahlte Spielplatz

APA/EPA/Kimimasa Mayama

Der verstrahlte Spielplatz wurden von den Behörden gesperrt

„Radioaktives Material vergraben“

Ein Anrainer hatte offenbar bereits am Montag die erhöhte Radioaktivität gemessen und den Behörden wegen der Verstrahlung einen Tipp gegeben. Die Behörden sehen keinen direkten Zusammenhang mit der Katastrophe von Fukushima, etwa Reststrahlung. Der Spielplatz war erst zwei Jahre später auf einem Parkplatz errichtet worden, hieß es weiter. Die Erde sei für die Errichtung des Spielplatzes ganz abgetragen worden.

„Der Bereich, an dem die Radioaktivität gemessen wurde, ist sehr klein und begrenzt, die Werte in der Umgebung normal“, so der lokale Bürgermeister des Stadtteils, Yukio Takano, in einer ersten Reaktion. „Wir vermuten, dass hier radioaktives Material vergraben wurde“, so Takano weiter. Die Behörden nahmen Ermittlungen auf.

Ermittler auf dem verstrahlten Spielplatz in Tokio

Reuters/Toru Hanai

Das radioaktive Material wurde in Spezialbehälter verpackt

Verstrahlte Drohne auf Regierungssitz

In Fukushima war infolge eines Erdbebens und eines anschließenden Tsunamis im März 2011 das Kühlsystem ausgefallen, was in drei Reaktoren zu Kernschmelzen führte. Es war das schlimmste Atomunglück in der Geschichte Japans. Die Säuberung des gesamten AKW dürfte sich noch über Jahrzehnte hinziehen.

Erst am Mittwoch war eine mysteriöse Drohne auf dem Dach des Amtssitzes des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe entdeckt worden. An dem kleinen Flugobjekt sei eine niedrige Dosis radioaktiver Strahlung festgestellt worden, berichteten japanische Medien am Mittwoch. Keinerlei Schaden an dem Gebäude oder Verletzte seien gemeldet worden, hieß es weiter.

Sicherheitskräfte untersuchen die Drohne

Reuters/Toru Hanai

Die rund 50 Zentimeter große Drohne mit vier Propellern sei mit einer kleinen Kamera sowie einer Art Leuchtkerze und einer Plastikflasche versehen gewesen. Offenbar sollte sie entdeckt werden. Ein Regierungsbeamter habe sie, als er neue Mitarbeiter durch das Regierungsgebäude führte, auf dem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Amtssitzes von Abe gefunden und die Polizei alarmiert. Diese nahm Ermittlungen auf.

Cäsium erinnert an Fukushima

Ermittler hätten an dem Container sehr niedrige radioaktive Werte festgestellt, wie die Nachrichtenagentur Jiji Press und die Zeitung „Mainichi Shimbun“ berichteten. Laut dem öffenlich-rechtlichen TV-Sender NHK stammte die Radioaktivität von Cäsium; die Werte seien aber zu gering gewesen, um eine gesundheitliche Gefahr für Menschen darzustellen. Cäsium zählte zu dem radioaktiven Material, das nach der Atomkatastrophe von Fukushima in die Umwelt strahlte.

Von Dutzenden Polizisten umringt

Die Drohe wurde abgedeckt. Ein Video von NHK zeigte Dutzende Polizisten und Beamte rund um die Drohne auf dem Dach. Es gebe niemanden, der sich dazu bekannt habe, hieß es offiziell. Unklar war auch, wann die Drohne gelandet war. Kleine Drohnen erfreuen sich in Japan zunehmender Popularität. In Japan gibt es keine Beschränkungen für deren Einsatz bis zu einer Höhe von 250 Metern. Ein ranghohes Kabinettsmitglied erklärte jedoch, der Vorfall vom Mittwoch könnte die Regierung dazu bringen, die Frage von Drohneneinsätzen zu prüfen.

Sicherheitskräfte untersuchen die Drohne

Reuters/Toru Hanai

Beamte und Polizisten sehen sich die Drohne an

Im Jänner war im Garten des Weißen Hauses in Washington eine Hobbydrohne zu Bruch gegangen, was Ermittlungen des Secret Service auslöste. Ein Geheimdienstmitarbeiter hatte die Drohne fliegen lassen. Er gab an, die Kontrolle über das Gerät eines Freundes verloren zu haben.

In Frankreich gibt es seit dem vergangenen Herbst immer wieder mysteriöse Drohnenflüge über besonders schützenswerten Einrichtungen. Die meisten Flüge fanden über Atomanlagen statt, aber auch die US-Botschaft und der Präsidentenpalast in Paris waren unter anderem betroffen. Wer dahintersteckt, konnte trotz eines großen Polizeieinsatzes bisher nicht herausgefunden werden.

AKW-Anrainer blitzten mit Klage ab

Bei dem nun verstrahlten Spielplatz und bei der auf dem Regierungsgebäude entdeckten Drohne scheinen umweltschützerische Motive möglich. Anrainer des Atomkraftwerks Sendai waren kurz zuvor mit einer Klage gegen die Wiederinbetriebnahme zweier Reaktoren des AKW des Betreibers Kyushu Electric Power in Sendai gescheitert. Das Bezirksgericht in der südlichen Präfektur Kagoshima habe die Klage abgewiesen, die den Neustart der Reaktoren 1 und 2 des Kraftwerks verhindern sollte, sagte ein Gerichtsbeamter am Mittwoch. Damit könnten die beiden Reaktoren im Sommer hochgefahren werden.

Erfolg für Regierung Abe

Das Urteil ist ein Erfolg für die Regierung von Abe, der möglichst schnell die nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 abgeschalteten Meiler im Lande wieder in Betrieb sehen will. Erst in der vergangenen Woche hatte jedoch ein Gericht in Fukui die Wiederinbetriebnahme zweier Reaktoren des AKW Takahama gestoppt und damit einem Antrag von Anrainern stattgegeben. Das Gericht urteilte, die Sicherheit der Reaktoren könne nicht gewährleistet werden. Neuen Sicherheitsstandards der japanischen Atomregulierungsbehörde mangle es an „Rationalität“, hieß es.

Das Gericht in Kagoshima dagegen urteilte, die neuen Sicherheitsstandards seien angemessen, wie japanische Medien berichteten. Die Kläger prüfen nun, ob sie gegen das Urteil vorgehen wollen. Nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom März 2011 waren die japanischen Atomkraftwerke schrittweise vom Netz genommen worden. Bei der Naturkatastrophe war das AKW Fukushima I im Nordosten Japans so schwer beschädigt worden, dass es zur Kernschmelze kam.

Link: