„Nichts davon ist wahr“
Eine australische Gesundheitsbloggerin hat sich selbst als Lügnerin offenbart. Seit 2013 machte Belle Gibson Furore mit ihrer App „The Whole Pantry“ (Die ganze Speisekammer), die als erste App zu Gesundheit, Wellness und Ernährung gefeiert wurde. Unter wachsendem öffentlichem Druck gestand sie nun, ihre eigene Krebserkrankung erfunden zu haben.
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In ihren Blogbeiträgen hatte die 23-Jährige über ihren täglichen Kampf gegen eine Krebserkrankung berichtet. Sie habe Tumore im Gehirn, der Milz, der Gebärmutter und Leber, schrieb Gibson immer wieder, auch das blutbildende System soll betroffen gewesen sein. Ihre Botschaft lautete, Krebs sei heilbar, und zwar mit Hilfe einer besonderen Ernährungs- und Lebensweise.
Das habe auch ihr dabei geholfen, ihren Hirntumor zu besiegen, während Bestrahlungen und Chemotherapien erfolglos geblieben seien, berichtete Gibson. Nun stellte sich allerdings heraus, dass ihre Geschichte offenbar nicht einmal im Kern wahr war. Nie habe sie an dieser schweren Erkrankung gelitten, gestand sie kleinlaut öffentlich ein.
Apple pries App an
Magazine und Tageszeitungen waren auf ihre Geschichte aufmerksam geworden, die Frauenzeitschrift „Elle“ hatte sie zur „inspirierendsten Frau“ des Jahres 2014 gekürt, der „Sunday Telegraph“ hatte sie „selbstlos, hinreißend und tapfer“ genannt. Gibsons Aufstieg war so rasant, dass ihre App laut Medienberichten sogar vom US-Konzern Apple für dessen neue Uhr Apple Watch ausgewählt worden war. Umso tiefer nun ihr Fall: Auf Gibsons Instagram-Account wurden mittlerweile alle Fotos gelöscht, auch Apple entfernte „Whole Pantry“ aus dem App-Store. Auch ihr erfolgreiches Buch zu dem Thema nahm ihr Verlag im März aus dem Handel, als der Skandal langsam ruchbar wurde.
„Auch nur ein Mensch“?
In einem Interview mit dem Magazin „Women’s Weekly“ räumte Gibson nun ein, ihre ganze Krankengeschichte von Anfang an erlogen zu haben. „Nichts davon ist wahr“, sagte Gibson in dem Gespräch mit dem Titel „Mein langer Kampf mit der Wahrheit“. Sie habe gedacht, es sei „das Beste“, mit allem aufzuräumen, und hoffe nun, dass die Menschen sagen: „Es ist gut, sie ist auch nur ein Mensch.“ Doch Gibsons Zuversicht scheint indes nur teilweise angebracht, denn sie erhält seit ihrem Geständnis nach eigenen Worten Hass-Mails und Todesdrohungen. Abertausende Fans fühlen sich betrogen, vielen gab die 23-Jährige mit ihrer fragwürdigen Leidens- und Genesungsstory falsche Hoffnungen.
Motiv „schwere Kindheit“
Zu ihrer Motivation, ein solches Lügengebäude zu errichten, sagte sie lediglich, sie habe eine schwere Kindheit gehabt. Ein Experte sagte „Women’s Weekly“, möglicherweise leide Gibson am Münchhausen-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine psychische Erkrankung, bei der die Betroffenen Symptome und Krankheiten mitunter sogar durch Selbstschädigungen vortäuschen, um damit ihr Umfeld und Ärzte zu täuschen.
Der Vorsitzende der Krebsvereinigung des Bundesstaates Victoria, Todd Harper, warnte Patienten angesichts der schillernden Gesundheitsratschläge Gibsons davor, auf Therapien zu setzen, die sich zu gut anhörten, um wirksam zu sein. Die Gesundheitsbehörden wollen dem Fall weiter nachgehen.
Schon länger Zweifel
Skepsis am Wahrheitsgehalt von Gibsons Geschichte gab es schon länger: Laut Huffington Post hätten sich Freunde und Familienangehörige gewundert, warum sie nie krank ausgesehen habe, auch nicht in den schlimmsten Phasen der Krankheit. Als ein Freund sie nach dem Zeitpunkt ihrer Diagnose gefragt habe, habe sie geantwortet, sie wisse es nicht. Später habe sie behauptet, ein bekannter US-Fernsehdoktor habe den Krebs festgestellt.
Im vergangenen Monat ruderte Gibson zurück und gab schließlich zu, nie an Milz-, Leber-, Blut- oder Gebärmutterkrebs gelitten zu haben. Es sei eine Fehldiagnose gewesen, so die Gesundheitsbloggerin gegenüber dem „Australian“. Allerdings beharrte sie auf ihrem vermeintlichen Hirntumor. Auch das stellten Mediziner jedoch als „extrem ungewöhnlich“ infrage.
Spenden nicht angekommen
Zuletzt waren Zweifel an Gibsons Lauterkeit aufgekommen, als bekanntwurde, dass sie Spenden in Höhe von umgerechnet 216.000 Euro aus Publikationseinnahmen nicht wie versprochen an gemeinnützige Organisationen weitergereicht hatte. Gibson rechtfertigte sich im „Sidney Morning Herald“ damit, dass die Einnahmen des App- und Buchgeschäfts geringer ausgefallen seien als erwartet.
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