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„Weit offener als vorher“

Der ÖVP-Bundesvorstand hat am Montag dem neuen Parteiprogramm der Volkspartei seinen Segen erteilt. Laut Generalsekretär Gernot Blümel soll die Partei damit „jünger, weiblicher und moderner“ werden. Auch Parteichef Reinhold Mitterlehner lobte die neuen Grundsätze naturgemäß - auch wenn er zwischen den Zeilen durchblicken ließ, dass sich viele wohl progressivere Inhalte gewünscht hätten.

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Basis für das neue Parteiprogramm - das derzeitige ist 20 Jahre alt - sind die Ergebnisse der Mitgliederbefragung, die Anfang Februar vorlagen und an denen sich rund zwei Prozent der ÖVP-Mitglieder beteiligten. Der entsprechende Antrag für den Bundesparteitag wurde nun im Parteivorstand abgesegnet. Eine Urabstimmung wird es nicht geben. Beim „Reformparteitag“ der ÖVP am 12. und 13. Mai in der Wiener Hofburg sollen die Neuerungen diskutiert und dann beschlossen werden.

Viele Klippen umschifft

Neue Wege will die ÖVP laut Antrag in mehreren Punkten gehen. Im Gesundheits- und Sozialbereich will man auf mehr „Eigenverantwortung“ bauen. Die Einführung von Selbstbehalten soll kein Tabu bleiben, im Gegenzug könnten Sozialversicherungsbeiträge reduziert werden. Die recht vagen Formulierungen spiegeln das Ergebnis der Mitgliederbefragung wieder: Dabei war etwa der Vorschlag der Parteiführung für eine Pflegeversicherung knapp, aber doch abgelehnt worden.

Umgekehrt findet das klare Ja der ÖVP-Mitglieder zu einem Mehrheitswahlrecht keine so eindeutige Entsprechung im Parteiprogramm. Diese auch für die ÖVP potenziell riskante Wahlreform ist dem Programm nach zu schließen noch länger Zukunftsmusik. Im Bereich Familie sieht es Mitterlehner bereits als Erfolg, das Thema der eingetragenen Partnerschaften am Standesamt überhaupt intern diskutieren zu wollen: „Da sind wir weit offener als vorher.“

„Manche werden enttäuscht sein“

Zukunftsorientiert gibt sich die ÖVP auch mit der Unterstützung einer gemeinsamen europäischen Armee - „als Fernziel“ und „in Relation und Einklang mit unserer Neutralität“, wie Mitterlehner betonte. Überhaupt seien manche Ideen eher langfristig zu verstehen, sagte er. Prüfstein könnte etwa ein neues Regierungsprogramm sein, sollte die ÖVP auch nach der kommenden Nationalratswahl Teil einer solchen sein.

ÖVP mit neuem Parteiprogramm

Die ÖVP gibt sich ein neues Programm. Sie will liberaler werden und die Eigenverantwortung von Bürgerinnen und Bürgern stärken, etwa durch Selbstbehalte und Belohnungen im Gesundheitssystem.

Einen Spagat vollführt die ÖVP im Kapitel Bildung ihres Parteiprogrammantrags. Dort bekennt man sich weiterhin zum Gymnasium, spricht sich aber auch für die Umsetzung neuer Schultypen in den Modellregionen aus, so Mitterlehner. „Manche werden enttäuscht sein, weil nicht ‚Gesamtschule‘ drinsteht“, vertröstete der Parteichef den progressiveren Flügel. Beim Thema Bildungsreform baut er aber ohnehin auf den laufenden „Prozess auf Regierungsebene“.

Mitterlehner verweist auf Einstein

Konkrete Schritte sollen beschlossen werden, um den Frauenanteil in den Organen und Gremien der ÖVP zu heben. Zumindest bei Bundeswahlen soll ein Reißverschlusssystem zum Greifen kommen, sieht der Antrag für ein neues Statut vor. Regional will man aufgrund des Vorzugsstimmenprinzips in die bestehenden Regeln nicht eingreifen.

Großes Augenmerk wird im Antrag zum neuen Parteiprogramm auch den neuen Medien geschenkt, etwa beim E-Voting. Integration soll vornehmlich durch „Leistung“ geschehen, auch an die Eigenverantwortung wird in den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach appelliert. Den eigenen Veränderungswillen versuchte Mitterlehner mit einem Zitat Albert Einsteins zu untermauern: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

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