Vom Millionär bis zum Selbstdarsteller
Acht Parteien treten am Sonntag in Finnland zur Wahl an. Vier haben gute Chancen, an der nächsten Regierung beteiligt zu sein. Während die Zentrumspartei unter Juha Sipilä einen Aufschwung erlebt, liefern sich die Spitzenkandidaten der Sozialisten, der Nationalen Sammlungspartei und der Partei Die Finnen ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
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Bis vor drei Jahren kannte ihn kaum jemand - auch nicht im eigenen Land. Dann wurde der erfolgreiche Unternehmer Sipilä im Juni 2012 überraschend Parteichef der ursprünglich als politische Organisation der Landwirte und der Regionalbevölkerung ins Leben gerufenen Zentrumspartei (Keskusta). Ihm werden die besten Chancen eingeräumt, zum neuen finnischen Premier gewählt zu werden.
Sipilä: Millionär ohne politischen Tiefgang
Sipilä gründete während des großen IT-Booms in den 1990er Jahren mehrere Firmen und war von 2002 bis 2005 Geschäftsführer des auch in Wien über einen Standort verfügenden Hochfrequenztechnikunternehmens Elektrobit Oyj. Als Politiker trat Sipilä angesichts der hohen Popularitätswerte, die er genießt, bisher wenig ins Rampenlicht. Er ließ sich zuletzt bei mehreren TV-Diskussionsrunden von Parteikollegen vertreten. Sein Engagement im Wahlkampf konzentrierte er auf die nördlichen Provinzen Finnlands, die seit jeher zu den Hochburgen der Zentrumspartei zählen.

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Juha Sipilä (Zentrumspartei)
Viel Beachtung in den Medien erhielt er, als sein jüngster Sohn Tuomo im Februar dieses Jahres wegen Komplikationen nach einem chirurgischen Eingriff unerwartet verstarb und er das über Twitter an die Öffentlichkeit brachte. Sipilä ist verheiratet und hat gemeinsam mit seiner Frau Minna-Maarja, mit der er seit 34 Jahren verheiratet ist, vier weitere Kinder und sechs Enkel. Sipilä gehört der erzkonservativen protestantischen Bewegung der Laestadianer an.
Stubb: EU-Fan und Selbstdarsteller
Ministerpräsident Alexander Stubb ist seit vergangenem Jahr Vorsitzender der konservativen Nationalen Sammlungspartei (Kokoomus). Er hat eine klassische „Eliteausbildungskarriere“ (Europa-College in Brügge, London School of Economics) hinter sich und bezeichnet sich selbst gerne als „EU-Nerd“. Er startete seine politische Karriere als Berater des damaligen Kommissionspräsidenten Romano Prodi. Über die finnische Vertretung in Brüssel und das Europaparlament fand er seinen Platz in der finnischen Politik, wo er zuerst die Funktionen des Außenministers und des Europaministers innehatte, bevor er vergangenen Sommer für den in die EU-Kommission berufenen Jyrki Katainen an die Regierungsspitze wechselte. Stubb ist offener Befürworter eines finnischen NATO-Beitritts.

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Premierminister Alexander Stubb (Nationale Sammlungspartei)
Seit er Regierungschef ist, sind die Popularitätswerte des talentierten Selbstdarstellers in den Keller gefallen. Stubb ist mit der britischen Anwältin Suzanne Innes verheiratet. Mit ihr hat er zwei Kinder.
Rinne: Vertreter der Arbeiter
Finanzminister Antti Rinne ist seit Mai 2014 Vorsitzender der Sozialdemokraten. Er entstammt einer Juristenfamilie und machte seine Parteikarriere als Gewerkschafter. Er hat den Ruf eines beinharten Verhandlers, der im Zweifel auch nicht davor zurückschreckt, Streiks zu organisieren, um die Anliegen der Arbeitnehmer durchzusetzen. Besonderer Dorn im Auge waren Rinne die Massenkündigungen bei finnischen Großkonzernen wie Stora Enso (Papier), Metso (Forstmaschinen) und Kemira (Düngemittel), die er beschuldigte, Hunderte Menschen auf die Straße zu setzen, um damit den Profit um Millionenbeträge zu steigern.

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Antti Rinne (Sozialdemokraten)
Daneben ist Rinne Musiker (Klarinette) und Kulturschaffender. Unter anderem engagiert er sich für Kunstausstellungen und Literatur. Er ist zum dritten Mal verheiratet. Aus einer früheren Ehe hat er zwei Töchter.
Soini: Der freundliche Rechtspopulist
Der konservative Populist Timo Soini heimste 2011 einen in Finnland beispiellosen Wahlerfolg ein, als seine Partei Die Finnen ihren Stimmenanteil verfünffachen konnte und mit 19 Prozent Stimmenanteil drittstärkste Partei im Parlament wurde. Der als bekennender Katholik recht untypische Finne Soini vertritt den gemäßigten Flügel seiner Partei, deren rechte Ausleger im ultrarechten Milieu wurzeln. Der wegen rassistischer Postings im Internet gerichtlich verurteilte Jussi Halla-aho wurde erst vor Kurzem aus der Partei ausgeschlossen, als er Soinis Parteiführung infrage stellte.

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Timo Soini (Die Finnen)
Die politischen Hauptanliegen Soinis sind Kritik an der EU und die Bewahrung der nationalen Souveränität Finnlands. Soini ist seit 19 Jahren mit einer Ärztin verheiratet. Mit ihr hat er einen Sohn und eine Tochter. Er hat den Ruf eines gutmütigen, leicht verschrobenen, aber ehrlichen Politikers, der über die Grenzen seiner Partei hinaus beliebt und anerkannt ist.
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