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Suche nach geschmolzenem Brennstoff

Ein Roboter hat erstmals Bilder aus dem tiefsten Inneren eines der Unglücksreaktoren in der japanischen Atomruine Fukushima I geliefert. Er wurde in den Reaktor 1 geschickt, um nach geschmolzenem Brennstoff zu suchen. Wegen der weiterhin extrem hohen Strahlung können keine Menschen ins Innere der Unglücksreaktoren.

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Die von dem Roboter gemessene Strahlendosis erreichte bis zu 10,7 Sievert pro Stunde. Ein Mensch würde bei einer solchen Strahlung innerhalb einer Stunde sterben. Die Temperatur lag den Angaben nach zwischen 17,8 und 20,2 Grad. Der Reaktor ist einer von dreien, in denen es infolge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 zu Kernschmelzen gekommen war.

Nach wenigen Stunden stecken geblieben

Auch vier Jahre nach der Katastrophe weiß niemand, wo sich der in den Reaktoren 1, 2 und 3 geschmolzene Brennstoff genau befindet. Der AKW-Betreiber TEPCO hatte deswegen den Roboter hineingeschickt, der jedoch schon nach wenigen Stunden stecken blieb. TEPCO gab das ferngesteuerte Gerät daraufhin auf.

Aufnahme aus dem Reaktor

APA/EPA/TEPCO

Roboter liefert erstmals Bilder aus dem tiefsten Inneren eines Unglücksreaktors

Nach Angaben von TEPCO wurden im Sicherheitsbehälter des zerstörten Reaktors 1 nahe einer Öffnung zum Tiefgeschoß keine größeren Hindernisse gesichtet. Das gilt als positives Zeichen für die weitere Suche nach den geschmolzenen Brennstäben. TEPCO und die japanische Regierung hoffen, 2020 mit der Bergung des Brennstoffs beginnen zu können.

Um die Lage im Inneren zu erkunden, haben Wissenschafter auch mit einem anderen Experiment begonnen, bei dem sie mit Hilfe kosmischer Strahlen durch die Reaktoren „hindurchschauen“ und „Schatten“ des Brennstoffs ausmachen wollen - ähnlich wie bei Röntgenaufnahmen. Solche Myonen werden auch in der Vulkanforschung und bei der Suche nach geheimen Kammern in Pyramiden eingesetzt.

Gericht stoppt Wiederhochfahren

Unterdessen erlebte die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, der möglichst schnell wieder die ersten Meiler im Lande in Betrieb gehen lassen will, einen Rückschlag: Erstmals seit dem GAU in Fukushima unterband ein japanisches Gericht das geplante Wiederanfahren von Atomreaktoren. In einer einstweiligen Verfügung entschied das Bezirksgericht der Provinz Fukui am Dienstag, dass der Betreiber Kansai Electric Power zwei Reaktoren im Kernkraftwerk Takahama vorerst nicht in Betrieb nehmen darf.

Karte der japanischen Ostküste

APA/ORF.at

Ein Erdbeben der Stärke neun löste 2011 eine gigantische Flutwelle aus, die im AKW Fukushima die Reaktorkühlung zerstörte

Das Gericht erklärte laut Medienberichten, die Sicherheit der Reaktoren sei nicht gewährleistet. Das Erdbebenrisiko werde nicht überzeugend eingeschätzt, und ein Wiederanfahren stelle eine „unmittelbare Gefahr" für die Anrainer dar. Die Reaktoren in Takahama hatten erst im Februar die nach dem GAU in Fukushima verschärften Sicherheitsauflagen erfüllt. Die Regierung nennt diese die "strengsten der Welt“. Das Gericht bewertete die Auflagen dagegen als „zu locker“. 

Früher 30 Prozent aus Atomenergie

Vor dem Atomunfall in Fukushima hatten Atomkraftwerke in Japan zu etwa 30 Prozent zur Stromversorgung des Landes beigetragen. Infolge der Katastrophe wurden alle 48 Meiler zu Inspektions- und Wartungsarbeiten heruntergefahren. Als Ersatz für den Atomstrom führt die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt seit Jahren riesige Mengen an Öl, Gas und Kohle ein. Die hohen Energiekosten belasten die Wirtschaft. Vier Atomreaktoren haben von der Atomaufsicht aber schon grünes Licht zum Wiederhochfahren bekommen.

Breite Ablehnung

Doch eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt in Umfragen ein Wiederanfahren der Reaktoren ab. Das Gerichtsurteil in Fukui sei ein "wichtiges Signal, dass die Pro-Atom-Agenda der Regierung und Betreiber blockiert werden kann", sagte Hisayo Takada von Greenpeace Japan. „Die Entscheidung legt das Versagen der (Atomaufsichtsbehörde) NRA offen, deren Rolle es ist, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.“

Doch die Regierung zeigte sich unbeeindruckt. Die Entscheidung des Gerichts habe keine Auswirkungen auf die Haltung der Regierung, sagte ein Sprecher in Tokio. Kansai Electric kündigte sofortigen Einspruch gegen die Verfügung des Gerichts an. Der Konzern hatte gehofft, die Reaktoren 3 und 4 im November hochfahren zu können. Das dürfte sich jetzt zumindest verzögern. 

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