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Eingespieltes Team aus sechs Männern

Eine britische Zeitung hat ein Video veröffentlicht, das den spektakulären Einbruch im Londoner Diamantenviertel zu Ostern zeigen soll. Die Bilder stammen von offenbar zwei Überwachungskameras und zeigen mindestens sechs Männer während des Coups von Karfreitag bis Ostersonntag, schrieb das Boulevardblatt „Daily Mirror“ am Samstag. Die Polizeibehörde Scotland Yard kommentierte die Videobilder nicht.

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Die Bilder dürften authentisch sein. Der „Mirror“ betonte, man habe die Polizei vor der Veröffentlichung eindringlich auf die Existenz des Videos hingewiesen. Dass die Bande sich bei dem Coup filmen ließ - die Reaktion eines der Männer legt nahe, dass sie sich der Existenz der Überwachungskamera bewusst waren -, blamiert die britischen Kriminalisten noch mehr als bisher. Erst am Freitag hatten die Ermittler zugeben müssen, dass am Karfreitag ein Alarm bei der Polizei eingegangen sei, dem aber niemand nachgegangen sei.

Preziosen in Sporttaschen

Über die Ostertage machten die Juwelendiebe in dem für Diamant- und Goldhandel berühmten Viertel Hatton Garden vermutlich eine Millionenbeute. Dem Bericht zufolge transportierten die Einbrecher den Inhalt von Dutzenden Safes, die sie im Keller einer Firma ausgeräumt hatten, in Mistkübeln auf Rollen und stiegen anschließend in einen weißen Lieferwagen. Was genau gestohlen wurde und wie wertvoll die Beute ist, ist weiterhin nicht bekannt.

Die Rede ist von einer Beute im Wert von möglicherweise über 200 Millionen Pfund (273 Mio. Euro), mindestens aber 60 Millionen Pfund. Die Safes nutzen vor allem Händler aus der Gegend, um ihre Waren zu lagern. Viele davon versicherten die Waren im Glauben an die Sicherheit des Safedepots nicht. Die Tat war erst Dienstagfrüh von den zurückkehrenden Mitarbeitern des Depots entdeckt worden, zwei Tage nachdem die Diebsbande sich mit den letzten voll gefüllten Sporttaschen aus dem Staub gemacht hatte.

Start vier Minuten nach Ladenschluss

Um an ihre Beute im Keller zu gelangen, waren die Täter einen Aufzugsschacht hinuntergeklettert und hatten eine zwei Meter dicke Stahlbetonwand durchbohrt. Dazu arbeiteten sie vermutlich über Stunden mit einem Hochleistungsbohrer, der mit Wasser gekühlt werden musste. Die Ermittler beschreiben den Tatort als „chaotisch“: Der Inhalt einiger Boxen, Trümmer, Staub und Gerätschaften der Einbrecher lagen überall verstreut. Der Eindruck dürfte allerdings trügen - die Täter gingen offenbar mit absoluter Präzision vor und dürften bestens informiert gewesen sein.

Der Coup begann dem Video nach zu schließen um 21.23 Uhr (Ortszeit) am Karfreitag, nur vier Minuten nachdem der letzte Mitarbeiter das für die Feiertage abgesperrte Safedepot verlassen hatte. Mehrere Männer in Arbeitskleidung, Bauhelmen und Staubmasken transportieren Ausrüstung an der an einem Stiegenabgang positionierten Überwachungskamera vorbei. Auf der Straße hatte kurz davor eine zweite Kamera die Ankunft des weißen Lieferwagens und möglicherweise noch einer zweiten schwarzen Limousine, die mit der Tat zu tun haben könnte, festgehalten.

Ein Coup „wie aus der guten alten Zeit“

Innerhalb weniger Minuten verschwindet die ganze Bande mit ihrer Ausrüstung im Keller und bleibt bis zum Morgen des Karsamstags dort. Dann zeigt das Video, wie die Männer ihre Beute abtransportieren. Damit, dass der Coup so lange unentdeckt bleiben würde, rechneten offenbar nicht einmal die Räuber. Anscheinend entschlossen sie sich deshalb noch zu einem „Nachschlag“: Am späten Samstagabend tauchen ein paar von ihnen wieder auf und holen noch mehr aus dem aufgebrochenen Safedepot. Erst am Ostersonntag um 6.44 Uhr verlassen sie den Tatort endgültig.

Wie der britische „Guardian“ am Wochenende mit einem Rundruf unter früheren Berufsverbrechern, die inzwischen ein mehr oder weniger respektables Leben führen, schloss, braucht man nach der Bande nicht mehr zu suchen: Die sechs Männer hätten die Beute mit einiger Sicherheit noch am Wochenende aufgeteilt, passende Abnehmer dafür bereits lange im Vorhinein kontaktiert und einzeln das Land verlassen. Einer der Befragten meinte, es handle sich um ein Verbrechen „wie aus der guten alten Zeit“: „Niemand wurde verletzt. Niemand wurde erschossen.“

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