Journalisten droht langjährige Haft
In der Türkei haben Staatsanwälte viereinhalb Jahre Haft für zwei bekannte Journalisten gefordert, die Karikaturen der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in ihren Kommentaren genutzt hatten. Die verkleinerte Reproduktion des damaligen Titelbildes mit einem weinenden Propheten Mohammed war in zwei kleinen Kolumnen im Blattinneren abgedruckt.
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Wie die Zeitung „Hürriyet“ am Mittwoch berichtete, warf der leitende Staatsanwalt den Journalisten Ceyda Karan und Hikmet Cetinkaya trotzdem vor, durch die Nachdrucke „öffentlichen Hass“ geschürt und „religiöse Werte“ beleidigt zu haben. Das damalige Titelbild mit dem weinenden Propheten Mohammed war das erste von „Charlie Hebdo“ nach dem Angriff islamischer Extremisten mit zwölf Toten auf seine Redaktion Anfang Jänner gewesen.
Nur eine Zeitung widersetzte sich Erdogans Diktum
Die satirischen Zeichnungen hatten weltweit Wut unter Muslimen ausgelöst, und die meisten Medien in der Türkei weigerten sich, Nachdrucke davon zu zeigen. Damit entsprachen sie auch dem Wunsch der islamisch-konservativen türkischen AKP-Regierung. Die Tageszeitung „Cumhuriyet“ widersetzte sich als einzige nennenswerte publizistische Stimme des Landes der Vorgabe von Präsident Recep Tayyip Erdogan und dessen Regierung.
„Cumhuriyet“ brachte Mitte Jänner eine vierseitige türkische Übersetzung der ersten Ausgabe nach dem Attentat heraus. Die herausziehbare Beilage zeigte zwar nicht das umstrittene Titelbild, allerdings war dieses zweimal in der Zeitung als Illustration von Beiträgen der beiden Journalisten zu sehen. Schon am Tag nach der Veröffentlichung hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, Ermittlungen gegen Karan und Cetinkaya aufzunehmen.
Davutoglu wetterte gegen „offene Provokation“
Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte die Publikation der Karikaturen als „offene Provokation“ verurteilt und gewarnt, dass die Türkei keine Beleidigung des Propheten Mohammed tolerieren werde. In der Türkei sieht sich aktuell eine große Zahl von Journalisten juristischer Verfolgung ausgesetzt, viele davon wegen angeblicher Beleidigung Erdogans. „Cumhuriyet“ betrachtet sich selbst als Sprachrohr säkularer Türken und als energischen Gegner des islamisch-konservativen Staatsapparates unter Erdogan.
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