Zeugen: Täter konnten mit „Genuss“ morden
Bereits wenige Tage nach dem Massaker der somalischen Al-Schabaab-Miliz an der Universität des kenianischen Garissa ist scharfe Kritik an der langsamen Reaktion der Einsatzkräfte laut geworden. Zeitungen berichteten, die Spezialkräfte der Polizei hätten sieben Stunden gebraucht, um aus der Hauptstadt Nairobi an den Tatort im Norden des Landes zu gelangen.
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„Das ist Fahrlässigkeit von einem Ausmaß, das ans Kriminelle grenzt“, schrieb die Zeitung „The Nation“. Sie erinnerte an Zeugenaussagen, wonach die Täter langsam, mit „offensichtlichem Genuss“ mordeten. Einige Journalisten aus Nairobi gelangten per Straße schneller ins 365 Kilometer entfernte Garissa als die Spezialkräfte, die auf dem Luftweg anreisten.
Spezialkräfte brauchten über acht Stunden
Dem Bericht der „Nation“ zufolge waren zwar die Spezialkräfte in Nairobi um 5.30 Uhr alarmiert worden, nachdem die ersten Berichte des frühmorgendlichen Angriffs der radikalislamischen Rebellengruppe auf die Universität öffentlich wurden. Allerdings traf das Hauptteam der Spezialkräfte erst kurz vor 14.00 Uhr am Tatort ein. Ein erstes Flugzeug brachte demnach zunächst den Innenminister und den Polizeichef nach Garissa.
„Können jedes Land überraschen“
Innenminister Joseph Nkaissery sagte, der Angriff sei „einer dieser Vorfälle, die jedes Land überraschen können“. Außenministerin Amina Mohamed verglich den Kampf gegen den Terror mit der Tätigkeit eines Torwarts: Niemand erinnere sich an die Bälle, die gehalten wurden, sondern nur an den einen Treffer.

AP/Ben Curtis
Großer Andrang vor dem Krankenhaus, in dem die Leichen aufgebahrt wurden
Die „Nation“ warf den Sicherheitskräften vor, mit ihrer verspäteten Entsendung der Spezialkräfte dieselben Fehler begangen zu haben wie beim Al-Schabaab-Angriff auf ein Einkaufszentrum in Nairobi, bei dem im September 2013 76 Menschen getötet worden waren.
Sohn von Regierungsbeamten unter den Attentätern
An dem Attentat war auch der Sohn eines kenianischen Regierungsbeamten beteiligt. Das bestätigte Regierungssprecher Mwenda Njoka. Der Anwalt Abdiram Abdullahi war von seinem Vater als vermisst gemeldet worden. „Zum Zeitpunkt des Angriffs wurde nach ihm gesucht. Sein Vater hat die Sicherheitsbehörden unterstützt“, sagte Njoka.
Der Sprecher bestätigte aber nicht, dass Abdullahi einer der vier getöteten Attentäter sei. Die Zeitung „The Star“ meldete, dass Einwohner in Garissa die Leiche des jungen Mannes erkannt hatten. Sein Vater ist dem Bericht zufolge der höchste kommunale Beamte der Region Mandera (Mandera County). Diese liegt im äußersten Nordosten Kenias - am Dreiländereck zwischen Kenia, Somalia und Äthiopien.
Blutbad mit 148 Toten
Bei dem Angriff in Garissa wurden Anfang April 142 Studenten und sechs Sicherheitskräfte getötet. Vier Attentäter hatten den Campus im Morgengrauen gestürmt, Dutzende Studenten erschossen und weitere als Geiseln genommen. Während Muslime freigelassen wurden, wurden Christen systematisch ermordet. Erst am Abend beendete die Polizei das Blutbad. Mit dem Angriff wollte Al-Schabaab Kenia zum Abzug seiner Truppen aus Somalia zwingen, wo sie am internationalen Einsatz gegen die Dschihadisten beteiligt sind.
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