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Händler suchen nach Notlösungen

Der niedrige Ölpreis hat Anfang des Jahres zu Spekulationsgeschäften geführt. Händler, die auf eine baldige Trendumkehr und einen starken Preisanstieg hofften, lagerten Millionen Tonnen von Rohöl in riesigen, im Meer schwimmenden Frachtschiffen. Doch ihre Hoffnung, das Öl nach einer gewissen Zeit gewinnbringend verkaufen zu können, haben sich nicht erfüllt.

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Rund 40 Millionen Barrel billig eingekauftes Rohöl schwammen seit Jänner auf knapp 40 Frachtschiffen. Laut einem kürzlich erschienenen Bericht der „Financial Times“ („FT“) rentierte sich die Zwischenlagerung auf See für die Händler nicht.

Der größte unabhängige Ölhändler Vitol hatte mit der „TI Oceania“ für die Zwischenlagerung von bis zu zwölf Monaten sogar einen der größten Supertanker überhaupt gebucht. Er hat ein Fassungsvermögen von drei Millionen Barrel, das sind fast eine halbe Milliarde Liter. Laut eigener Aussage habe Vitol nur einen Teil der Lagerungen verkaufen können. Die in der Schweiz ansässige Trafigura hatte sich mit der „Nave Synergy“ ebenfalls einen Megatanker gesichert, und der Energiekonzern Shell buchte mit der „Xin Run Yang“ und der „Xin Tong Yang“ gleich zwei solcher Schiffe. Nun bleibt man auf den Reserven sitzen.

Händler erwarteten Ölpreis von bis zu 200 Dollar

Der Grund dafür liegt beim Ölpreis, der seit Jänner für die Unternehmen nicht entsprechend hoch gestiegen ist. Als die Öleinkäufe für die geplanten Zwischenlagerung starteten, hatte der Preis für ein Barrel (159 Liter) im Jänner die Marke von 50 Dollar (47,28 Euro) unterschritten (Tiefststand war am 14. Jänner mit 45,94 Dollar). Im Laufe der Wochen stieg der Preis zwar wieder, in Summe dennoch zu wenig, um mit dem gebunkerten Rohstoff Gewinne zu erzielen, denn laut „Financial Times“ haben die Händler mit einem Preis von bis zu 200 Dollar pro Barrel gerechnet. Derzeit kostet etwa ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent zur Lieferung im Mai rund 54 Dollar. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI liegt bei rund 45 Dollar.

Contango-Geschäfte gingen nicht auf

Hintergrund für die Zwischenlagerungen sind die sogenannten Contango-Geschäfte. Damit wird eine Preissituation an den Warenterminmärkten beschrieben, wenn die Kosten auf dem Terminmarkt höher liegen als auf dem Tagesmarkt. Um Profit damit zu machen, muss die Differenz der beiden Preise entsprechend hoch sein. „Für Contango-Geschäfte muss die Differenz der beiden Preise mindestens zwischen neun und zwölf US-Dollar liegen, sonst werden die Kosten für die Lagerung zu hoch. Derzeit beträgt die Differenz nur sieben Dollar pro Liter“, sagte Alex Beard, führender Händler von Glencore gegenüber der „FT“.

Bis zu 40.000 Dollar Tagesmiete für einen Tanker

Die Kosten für die Anmietung der großen Tankschiffe samt Versicherung sind laut Alexander Poegl von JBC Energy derzeit höher als die Einnahmen aus den Einnahmen des gebunkerten Öls. Die Tagesmiete für ein Schiff beträgt zwischen 35.000 und 40.000 Dollar.

Kein Wunder also, dass Unternehmen bereits nach einer Notlösung suchen, um die Defizite beim Handel des gelagerten Öls nicht noch größer werden zu lassen. Eine Alternative ist offenbar, die Tanker tageweise für den „normalen“ Öltransport weiter zu vermieten. Damit, dass es beim Handel mit zwischengelagertem Öl noch eine Kehrtwende gibt, wird anscheinend nicht mehr gerechnet.

Überangebot an Öl könnte zu Problemen führen

Denn auch für Damas Pletser, Öl- und Gasanalyst der Erste Bank in Budapest, wird in Zukunft die Lagerung auf großen Tankern nicht profitabel sein. „Wenn man sich auf ein Contago-Geschäft einlässt, muss man die vielen Nebenkosten berücksichtigen. Allein die Transportkosten des Öls auf den Tanker sind extrem hoch“, sagte Pletser gegenüber dem „Format“. Die Öllagerung in billigeren Lagerungsstätten an Land seien weitaus gewinnbringender.

Was ebenfalls gegen die Zwischenlagerung auf Tankern spricht, ist das derzeitige Überangebot an Öl an Land. „Das Überangebot ist nach wie vor da, wir erwarten dieses Jahr einen durchschnittlichen Ölpreis von 55 US-Dollar“, so Pletser. 2016 soll er auf einem Niveau von durchschnittlich 65 US-Dollar liegen. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) sieht nur eine langsame Erholung des Ölpreises. Man erwartet in den kommenden zwei Jahren kein Preisniveau für Rohöl von 100 bis 120 US-Dollar - jenem Preis vor dem Verfall seit Mitte 2014.

Da sich der wichtigste Ölproduzent Saudi-Arabien trotz des Preissturzes Anfang des Jahres weigerte, die Förderung zurückzufahren, ist der Speicherbedarf für Öl weiterhin überdurchschnittlich hoch. Derzeit übersteige laut Rijsdijk das Angebot die Nachfrage um etwa 1,5 Millionen Fass am Tag. Der weltweite Tagesverbrauch liege bei etwa 92,5 Millionen Fass. Gegen Ende des Jahres sollte das Überangebot aber langsam abnehmen und die Nachfrage wieder steigen, sagte Pletser.

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