Vater legendärer Filmfiguren
Es ist das Münchner Nachtleben, die Frauen sind schön, da spricht der „Monaco Franze“ 1983 einen Satz für die Ewigkeit. „A bisserl was geht immer“, sagt der ewige Stenz beim Anblick der vielen Schönen. Im Traum hat Helmut Dietl diesen Satz erdacht, einer von vielen Geniestreichen des Regisseurs, der nun mit 70 Jahren verstarb.
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Kaum jemand in Deutschland inszenierte Humor so leicht und zugleich tiefsinnig wie der Münchner. Dass der Erfinder der ebenfalls legendär gewordenen Fernsehserie „Kir Royal“ oder der Satire „Schtonk“ schwer krank war, gab er selbst der Öffentlichkeit bekannt. Im November 2013 offenbarte er der Wochenzeitung „Die Zeit“, Lungenkrebs zu haben. Für ihn kein Wunder, „eine knappe Million“ Zigaretten habe er in seinem Leben geraucht.
Trotz der geringen Aussicht auf Heilung kämpfte Dietl nach der Diagnose zäh. „Das hat hauptsächlich damit zu tun, dass ich natürlich auch eine gewisse Verantwortung für Frau und Kinder verspüre“, sagte Dietl - vor allem für das jüngste seiner drei Kinder, die elfjährige Tochter Serafina Marie. Diese ist das einzige Kind aus seiner vierten Ehe mit Ehefrau Tamara.
Erster Erfolg mit „Münchner Geschichten“
Neben seinen Ehen pflegte Dietl viele Affären, die Daueraffäre mit der Schauspielerin Veronica Ferres war dabei die schillerndste. Weil Dietl seinen Lebenswandel auch mit Sätzen wie „Man kann nie genug blonde Frauen haben, aber auch nicht genug schwarzhaarige“ garnierte, nahm ihm sein Publikum seine oft als Lebenskünstler angelegten Figuren ab. Dietl sah sich als Autorenfilmer - er schreibe immer auch über sich.
Der am 22. Juni 1944 in Bad Wiessee geborene und in ärmlichen Verhältnissen im Münchner Stadtteil Laim aufgewachsene Dietl feierte 1974 mit den im ARD-Vorabendprogramm ausgestrahlten „Münchner Geschichten“ einen ersten Erfolg. Die Serie brachte ihm seinen ersten Grimme-Preis. Als ihm München zu eng wurde, zog er nach Los Angeles - und erfand dort Ende der 1970er Jahre die zum Sinnbild Münchner Lebenskunst gewordene Serie „Monaco Franze“.
Nominierung für Auslandsoscar
Seine Umgebung beobachten, dies zuspitzen und mit charmanten, witzigen Dialogen erzählen - diese Stärke Dietls spielte er auch bei „Kir Royal“ aus. Die Serie um den von Franz Xaver Kroetz gespielten Klatschreporter „Baby Schimmerlos“ lehnte sich an echte Figuren der Münchner „Abendzeitung“ und an die Münchner Schickeria an. Auch diese Serie hinterließ einen legendär gewordenen Satz - „Ich scheiß dich so was von zu mit meinem Geld“, sagte ein von Mario Adorf gespielter rheinischer Unternehmer, der mangels Popularität mit Bestechung in das Boulevardblatt kommen wollte und schließlich kam.
Viele seiner Erfolge schrieb Dietl zusammen mit Schriftsteller Patrick Süskind als Kodrehbuchautor. Ihr größter Erfolg war 1997 „Rossini“, eine Komödie über die Eitelkeiten des Kulturbetriebs. Doch „Rossini“, „Late Show“ oder vom „Suchen und Finden der Liebe“ standen allesamt im Schatten von Dietls Kino-Geniestreich „Schtonk“. Die 1992 veröffentlichte Persiflage auf den Skandal der Illustrierten „Stern“ mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern wurde nicht nur ein Kassenschlager. „Schtonk“ wurde für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert, bis dahin für eine deutsche Komödie undenkbar.
Für Dietl, der Billy Wilder als Vorbild sah, war angesichts dieser Erfolge die Häme für seinen letzten Film „Zettl“ aus dem Jahr 2012 eine Kränkung. Aus der folgenden Depression befreite er sich erst wieder nach dem Bekanntmachen seiner Krebserkrankung. Als er sich bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises für sein Lebenswerk 2014 von der Bühne verabschiedete, weinten viele im Publikum. Es war sein letzter großer Auftritt.
Ralf Isermann, AFP
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