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Das Böse ist immer und überall

„Wir wollen sie nicht bestechen. Wir wollen sie kaufen. Kaufen ist nachhaltig“: In David Schalkos neuer Serie „Altes Geld“ wird Klartext gesprochen. Korruption, Machtmissbrauch und im Mittelpunkt eine durch und durch dysfunktionale Familie dienen dem Regisseur und Autor als Zutaten für seine Familiensaga, die schon im Vorfeld für Aufregung im politisch-journalistischen Feld sorgte.

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Mit einem ganzen Kabinett an überzeichneten Typen, gespickt mit jeder Menge Zynismus und Ironie, hält er dem österreichischen Publikum einen Spiegel vor - und geht dabei alles andere als zimperlich vor. Ein saufender Bürgermeister, ein U-Ausschuss mit Sprengstoffpotenzial, Inzest und Dekadenz: Ähnlichkeiten zwischen den fiktionalen Charakteren und realen Personen sind dabei keineswegs zufällig - auch wenn Schalko sie im größeren Zusammenhang sieht. Es gehe ihm um eine Politikermentalität, nicht um direkte Entsprechungen in Österreich. Politik sei eben nie wegzudenken - „vom Königsdrama bis zu ‚House of Cards‘“, so der Regisseur. „Offenbar trifft ‚Altes Geld‘ einen empfindlichen Nerv, sonst wären manche Reaktionen nicht so wie sie sind.“

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Bildgewaltige Inszenierung

David Schalko nimmt in „Altes Geld“ Anleihe an klassischen Familiensagas, wie man sie aus Seifenopern kennt, und setzt in seiner Bildersprache auf überbordende Opulenz. Schon der Trailer verspricht großes Kino im Serienformat.

„Eine Möglichkeit, keine Dokumentation“

„Es ist eher ein surreales Zerrbild einer bestimmten Gesellschaftsschicht, eine Möglichkeit, keine Dokumentation“, glaubt auch Nicholas Ofczarek, der den ältesten Sohn Zeno gibt. „Dass nicht jede Familie perfekt ist und nicht jede Familie gut funktioniert, macht uns Menschen auch aus. Das Interesse, das diese Familie irgendwie vereint, ist das Geld, das alte Geld, das diese sehr schlecht funktionierende Familie korrumpiert. Dass man als Familienmitglied da, wo man eigentlich gehen müsste, doch bleibt, und zwar weil es die Existenz sichert, ist etwas, das jeder von uns kennt,“ so der Schauspieler.

Szene aus "Altes Geld"

ORF/Superfilm/Klaus Pichler

Folglich funktioniere „Altes Geld“ keineswegs nur als österreichische Serie, wie auch Cornelius Obonya zu verstehen gab. „Das ist das Schöne. Diese Stadt und ihre Figuren und Menschen, auch das Land, das dargestellt wird, könnte tatsächlich woanders sein.“ Von Dingen wie Gier lese man schließlich „jeden Tag in der Zeitung“, und nicht nur in Österreich, wie der Darsteller des Leibarztes der Rauchensteiners betonte. Und auch Ofczarek sprach diesem Sittenbild eine Gültigkeit zu, „die es auf der ganzen Welt in ihren Strukturen gibt“. Wobei: Mit Themen wie Restitution und Nazitum „gehen wir dann schon ziemlich auf die Verlierermächte des Zweiten Weltkrieges hin“.

Hinweis:

„Altes Geld“, eine Koproduktion von ORF und Superfilm ist auf DVD erhältlich und als Video-on-Demand auf der Plattform Flimmit zu sehen. Im Herbst wird die Serie in ORF eins ausgestrahlt.

Keine Angst vor Humor

Eine der großen Stärken Schalkos sei die Verknüpfung von Humor und Abgründigem, sagte Manuel Rubey. Das sei es, „was ihn neben dieser großartigen Beobachtungsgabe, die andere auch haben“, ausmache. „Dadurch ist viel mehr möglich, und das macht ihn so singulär in diesem Land. Man hat sonst das Gefühl, dass es eine panische Angst vor Humor gibt, wenn es um Drama oder Seriöses geht.“

Rubey glänzt in „Altes Geld“ als blondierter Sohn Jakob, der sich eigentlich so weit wie möglich von seinem Vater distanzieren möchte, „aber er scheitert daran“. Als Anweisung habe Regisseur Schalko der Familie Rauchensteiner mitgegeben: „Agiert unpsychologisch. Das sind Hülsen, und als solche hauen sie sich die schlagfertigen Argumente um die Ohren.“

Kier spielt das Böse „mit Genuss“

Mit eisigem, stoischem Blick erträgt dies das Familienoberhaupt, gespielt von Udo Kier. „Es ist so direkt, womit man über das Böse auch lachen kann“, so Kier. „Und es geht alles so nebenbei. Der Tod wird auf einem Tablett serviert, mit einem Glas Champagner. ‚Das ist der Tod? Mal antesten‘“, schmunzelte der Schauspieler. Er halte sich nicht zuletzt aufgrund seiner jahrelangen Zusammenarbeit mit Lars von Trier an das Motto „Don’t act“: „Ich schaue nicht auf Monitore beim Drehen, das finde ich furchtbar. Ich habe gelernt, nicht zu spielen.“ Wie sein Kollege Christoph Waltz beherrsche er es, „dass man das Böse mit Genuss spielt“.

Szene aus "Altes Geld"

ORF/Superfilm/Klaus Pichler

Sunnyi Melles gibt die böse Stiefmutter

Dass das Publikum etwas anfangen kann mit „Altes Geld“, steht für Schauspielerin Sunnyi Melles außer Frage. „Selbst ich bin als Zuschauerin immer wieder überrascht, wenn ich die Entscheidungen Lianes sehe.“ Die Serie zeige, dass „Geld ein Tumor wird“ und Menschen von „Macht und Gier“ getrieben sind. „Das ist in allen Schichten so, das ist der Mensch. David schaut in die Seele rein.“ Weniger missionarisch denn wie ein Märchen werde gezeigt, was man machen müsste, um nicht so zu enden. „Und dass es wichtigere Werte gibt“, betonte Melles.

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