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Das lange Warten auf Investoren

Einige italienische Fußballclubs wie jene von Rom, Mailand und Florenz wollen auf den desolaten Zustand ihrer Stadien reagieren und planen Neubauten. Die Projekte liegen seit Monaten auf dem Tisch. Das Hauptproblem für eine baldige Realisierung sind allerdings fehlende Investoren. Und die Städte lassen sich mit den Baubewilligungen Zeit.

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In Italien sind Neubauten keine einfache Sache, denn das letzte Wort haben die Gemeinde und die Region. Nach Einreichung eines Konzepts muss innerhalb von neun Monaten per Machbarkeitsstudie über die Projekte entschieden werden. Doch auch nach positiven Bescheiden ist es schon öfter vorgekommen, dass entsprechende Baubewilligungen auf die lange Bank geschoben oder die Projekte im Nachhinein gar durch andere Projekte auf dem geplanten Standort ersetzt wurden.

AS Roma will aus Olympiastadion ausziehen

Schon vor Jahren gab der AS Roma bekannt, sich von seiner Heimstätte verabschieden zu wollen. Vor allem weil man es sich mit dem ungeliebten Rivalen Lazio teilen muss. „Die Fans verdienen ihr eigenes Stadion, etwas Persönliches“, sagte Kapitän Francesco Totti in der „Gazzetta dello Sport“.

Rendering des neuen Stadions von AS Roma

APA/EPA/AS Roma Press Office

Das geplante Stadion in Rom soll sich architektonisch am Kolosseum orientieren

Die Römer planen daher einen Neubau am Stadtrand. Das vom US-amerikanischen Architekten Dan Meis entworfene Projekt orientiert sich optisch an Roms berühmtem Wahrzeichen, dem Kolosseum, und soll Platz für bis zu 60.000 Zuschauer bieten. Angrenzend soll zudem das „Roma Village“ entstehen - mit Trainingsgelände, Bars, Restaurants, Geschäften und der Ruhmeshalle des Vereins. „Architektonisch soll sich das neue Stadion am Kolosseum orientieren. Es ist ein Projekt, das die Gesellschaft stärken soll“, sagte US-Investor James Pallotta, der mittlerweile auch Clubpräsident ist, auf der Fußballwebsite Goal.com.

Für Realisierung fehlen 500 Millionen Euro

Doch die Realisierung zieht sich in die Länge. Rund 700 Millionen Euro kostet das Projekt, 500 Millionen müssen laut Pallotta noch aufgetrieben werden. Zuschüsse von Stadt und Land gibt es keine. Spätestens am 15. Juni soll entschieden werden, ob das Projekt realisiert werden kann oder nur ein Luftschloss bleibt. „Wir hoffen, noch weitere Investoren von unserem Vorhaben überzeigen zu können“, sagte Pallotta.

Der AC Milan stellte Ende Jänner seine Pläne vor. Die Mailänder wollen im Stadtteil Portello laut eigenen Angaben „eines der innovativsten Stadien der Welt“ bauen lassen. Bis Sommer sollen die Angebote für die Nutzung der Fläche im Nordwesten der Stadt bewertet werden. Die Arena soll an sieben Tagen in der Woche geöffnet sein und 48.000 Zuschauern Platz bieten.

Rendering des neuen Stadions von AC Milan

APA/AP/Arup

Der AC Milan will 2016 mit dem Neubau beginnen

Projekt in Mailand nach Münchner Plänen

Für das Projekt arbeitet der 18-fache italienische Meister mit jenem Ingenieurbüro zusammen, das auch am Bau der Allianz Arena in München beteiligt war. Das Stadion soll in einem modernen Komplex entstehen, der unter anderem ein Hotel, Restaurants, Spielplätze und Parks beherbergt. Die Kosten werden auf 300 bis 320 Millionen Euro geschätzt. Laut mehreren italienischen Medienberichten soll im Jahr 2016 mit dem Bau begonnen werden, die Einweihung ist für 2019 oder 2020 vorgesehen. „Die Notwendigkeiten im Bereich von Service und Infrastruktur haben sich im Fußball geändert. Darauf müssen wir endlich reagieren“, erklärte Vizepräsidentin Barbara Berlusconi, Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens, Silvio Berlusconi.

Streit zwischen Club und Stadt in Neapel

In Neapel tobt unterdessen wegen des geplanten Neubaus ein heftiger Streit zwischen Club und Stadt. Clubbesitzer und Filmproduzent Aurelio De Laurentiis hat das baufällige Stadio San Paolo von der Stadtverwaltung gemietet, ist aber mit sechs Millionen Euro Miete im Rückstand. Deshalb weigerte sich die Stadt bisher, ihm das Stadion für einen Neubau zu überlassen, De Laurentiis drohte daraufhin mit Emigration. „Ich gehe mit Trainer Rafael Benitez und den Spielern nach England und übernehme dort einen Club. Hier kann die Jugendmannschaft bleiben und meinetwegen mit den Ratsherren Fußball spielen.“ Ein Ende des Streits ist noch nicht in Sicht.

Auch in Florenz wird seit Jahren über einen Neubau gestritten, die Stadt verwehrte dem Club bisher die Baubewilligung. Clubbesitzer Diego Della Valle plant ein 300-Millionen-Stadion „nach dem Münchner Modell der Allianz Arena, aber natürlich eine Nummer kleiner“. Bis das Projekt und die Genehmigung stehen, investierte Della Valle als erster italienischer Privatmann schon einmal 25 Millionen Euro für den Erhalt des römischen Kolosseums.

Cagliari hat bereits vor drei Jahren einen Plan für eine neue Arena mit 23.000 Sitzplätzen eingereicht, dieser muss aber noch bewilligt werden. Um Druck auf die Politik auszuüben, hat der Club aus Sardinien Anfang des Jahres damit gedroht, die künftigen Heimspiele in Triest auszutragen.

Udine setzt auf Sparvariante

Viele kleinere Clubs können sich keinen Neubau leisten. In Udine zum Beispiel wird daher seit vergangenem Herbst das bestehende Stadio Friuli generalsaniert. Die Gegentribüne wird abgerissen und neu aufgebaut, das ganze Stadion erhält zudem eine Komplettüberdachung. Rund 25 Millionen Euro kostet das Vorhaben. Immerhin, der Club aus Norditalien ist derzeit der einzige aus der Serie A, der Pläne auch tatsächlich in die Tat umgesetzt hat.

Neidischer Blick nach Turin

Sonst blickt die Konkurrenz seit Jahren neidisch auf Juventus Turin. Der Club hat mit dem Autokonzern Fiat im Hintergrund aber auch andere finanzielle Möglichkeiten als andere Clubs. Das Juventus Stadium, entstanden auf den Resten des ehemaligen Stadio delle Alpi, wurde im September 2011 nach dreijähriger Bauzeit eröffnet und ist die erste Multifunktionsarena Italiens. Diese gilt als eine der modernsten und fortschrittlichsten weltweit. Das Stadion bietet Platz für 41.000 Zuschauer, die Errichtung kostete 120 Millionen Euro.
Abgesehen vom Juventus-Museum verfügt die Anlage auch über ein Einkaufszentrum.

Innenansicht des Juventus Stadium

GEPA/Richiardi

Das Juventus Stadium ist der einzige Lichtblick in Italiens trister Stadionwelt

Doch die Rechnung geht für den Club auf. Juventus ist nicht nur beim Verkauf von Abos (knapp über 45.000 in der aktuellen Saison) der Ligakrösus. „Das neue Stadion hat dem Club einen neuen Schub gegeben. Die Zuschauer wollen, dass ein Besuch ein Erlebnis wird und nicht, dass sie schon beim Eingang frustriert sind“, sagte Sergio Campana, Chef der italienischen Spielergewerkschaft im „Corriere della Sera“.

UEFA macht Bogen um Italien

Rund 40.000 Plätze und eine moderne Infrastruktur verlangt die Europäische Fußballunion (UEFA), damit in einem Stadion internationale Finalspiele stattfinden dürfen. Bisher machte der Verband einen Bogen um Italien. „Moderne Arenen zu finden ist in Europa einfach“, sagte UEFA-Präsident Michel Platini, „aber in Italien gibt es aktuell eben nur Turin.“

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