Florierendes Geschäft mit Imitaten
Italienische Parmesanhersteller sind Anfang März in Bologna auf die Straße gegangen, um gegen die boomenden Kopien ihres Käses zu protestieren. Erstmals verbündeten sich dabei die Rivalen Parmigiano Reggiano und Grana Padano. Sie sehen ihr Geschäft durch eine florierende Plagiatsindustrie bedroht und verlangen mehr Schutz für das typisch italienische Produkt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Parmesan ist nach Angaben des Landwirtschaftsverbands Coldiretti das am meisten kopierte Lebensmittel Italiens. Mit unterschiedlichen Namensvarianten werde der Hartkäse weltweit hergestellt und verkauft. In Brasilien heiße er etwa „Parmesao“, in Argentinien der „Reggianito“ und in den USA „Grande Parmesan“, zitierte die Lokalausgabe des „Corriere della Sera“ am Mittwoch Coldiretti.
Schäden schwerer als bei Jahrhundertbeben
Obwohl Parmigiano Reggiano durch ein europäisches Qualitätssiegel geschützt und die Anwendung der Bezeichnung für Fälschungen durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juni 2002 verboten sind, floriere das Geschäft mit Imitaten der bekannten Käsesorte, die ihren Namen der Stadt Parma verdankt, immer mehr, so Coldiretti. Die Plagiatsindustrie verursache für die lokale Wirtschaft einen höheren Schaden als die Finanzkrise oder das Jahrhundertbeben im Mai 2012, das die Arbeit eines Jahres vernichtet hatte.

AP/Marco Vasini
Parmesan ist das am häufigsten kopierte italienische Produkt
Nach Angaben des Verbandes der italienischen Nahrungsmittelindustrie, Federalimentare, boomt der Markt nachgemachter italienischer Markenprodukte und erreicht in der EU ein Volumen von mehr als 30 Milliarden Euro. Vor allem Klein- und Mittelbetriebe seien von der im Ausland betriebenen Produktpiraterie betroffen.
Tradition kostet Geld
„Die Produktion des echten Parmesans sinkt, die Hersteller müssen die Produktion einstellen und schließen“, sagte der Sprecher von Coldiretti, Massimo Aliprandi, gegenüber der Tageszeitung „Independent“ (Mittwoch-Ausgabe) über die Folgen der Plagiatsindustrie. Das Problem für die Produzenten des Originals seien die hohen Kosten für die traditionelle Herstellung, die auf Verfahren bis zum 14. Jahrhundert zurückgreift.

AP/Marco Vasini
Das Original muss aus der Region kommen
16 Liter Milch von Kühen einer bestimmten Rasse, die sich ausschließlich von Gras und Luzerne ernähren dürfen, sind für ein Kilogramm Parmigiano Reggiano nötig. Zwölf bis 72 Monate müssen die Laibe in klimatisierten Lagerräumen reifen - und dabei immer wieder gewendet, gesäubert und kontrolliert werden. „Diese Kultur geht verloren, wenn wir sie nicht schützen“, sagte Aliprandi.
Kopien „geschmacklich Lichtjahre entfernt“
Die nachgeahmten Produkte seien auch ein Betrug für Konsumenten in der ganzen Welt. So ist der in den USA hergestellte Parmesankäse laut „Corriere della Sera“ geschmacklich „Lichtjahre entfernt“ von den in der Emilia Romagna hergestellten kulinarischen Spezialitäten Parmigiano Reggiano und Grana Padano. „Ich denke, dass viele Amerikaner nicht einmal wissen, dass das, was sie essen, kein echter Parmesan ist“, sagte der Organisator des Protests am Donnerstag in Bologna, Giorgio Apostoli.
Der renommierte Parmigiano Reggiano ist in Italien eine Kultnahrung, fast wie Pizza und Spaghetti. 512 Molkereien mit 5.480 Milchproduzenten in der Gegend um die Städte Parma, Reggio, Modena und Bologna produzieren jährlich an die drei Millionen Laibe dieses Käses. Bei einem Durchschnittsgewicht von 39 Kilogramm pro Laib ergibt das an die 114.000 Tonnen im Wert von rund 900 Millionen Euro. Davon gelangen etwa 18 Prozent in den Export, der Rest wird in Italien konsumiert.
„Die Feinde haben einen Namen“
Außerhalb Europas werde der Begriff Parmesan generell für Hartkäsesorten verwendet, die jedoch dem Cheddar und dem Emmentaler ähnlicher seien als dem echten Parmesan. Die Herkunft spiele keine Rolle, beklagte der Verband Coldiretti und forderte die EU zu einer schärferen Offensive gegen Produktkopien und zur Verteidigung von geografisch geschützten Produkten auf.
„Unser Ziel ist es, renommierte Produkte vor unloyalem Wettbewerb zu verteidigen“, so Coldiretti. Bei dem Protest in Bologna wollen "Tausende Produzenten und Gastronomen in einer Art „Schurken-Galerie“ Plagiatsprodukte aus aller Welt ausstellen und anprangern: „Die Feinde des Parmigiano haben einen Namen.“
Links: