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Erste Anzeichen für Veränderung

In vielen Ländern Afrikas, etwa in Nigeria - der größten Volkswirtschaft des Kontinents -, zeigen sich die Versäumnisse in der Energiepolitik ganz offen: Vielerorts brummen Dieselaggregate, die das kompensieren, was das anfällige nationale Energienetz nicht leisten kann. Doch nach einem jahrzehntelangen Leerlauf bei Investitionen gibt es nun erste Zeichen eines Paradigmenwechsels in Sachen Energie.

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Als gutes Beispiel für ineffiziente Energiewirtschaft gilt Nigeria: Obwohl das Land dreimal so viele Einwohner zählt wie Südafrika, produziert es nur etwa ein Zehntel der Energie. Doch die schwache Versorgung läuft gigantischen Kosten zuwider: So betragen die Kosten für Energiegewinnung aus Generatoren gegenüber der Netzversorgung etwa das Zehnfache. Das bremst Unternehmen massiv, schließlich geht der abgesicherte Betrieb enorm ins Geld - ein zusätzlicher finanzieller Aufwand, der in Ländern mit hoher Energiesicherheit nicht anfällt.

Enorme Steigerungen

Doch es gibt Anlass, an eine Energieoffensive in Afrika zu glauben: Wie der „Economist“ berichtete, deutet die Anzahl der laufenden bzw. geplanten Projekte auf dem afrikanischen Kontinent darauf hin, dass bis 2020 die Energiekapazität im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte steigen wird. Doch scheinen die Ambitionen aus heutiger Sicht sehr hoch gesteckt: So plant etwa Angola, seine jährliche Energiekapazität bis 2025 zu verfünffachen.

Solarpaneele im Südsudan

Reuters/Andreea Campeanu

Handyaufladen per Solarenergie: Für den Betreiber sind Stromausfälle ein Geschäft

Auf Selbstversorgung angewiesen

Der Vergleich mit anderen Volkswirtschaften zeigt den Grad des Aufholbedarfs: China nimmt beispielsweise in einer derartigen Frequenz Kraftwerke in Betrieb, dass sich das Netz dort alle zwei Jahre um die Gesamtenergieproduktion des afrikanischen Kontinents erweitert. Laut Weltbank kostet die mangelnde Energiesicherheit die afrikanischen Staaten im Schnitt etwa zwei Prozent des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

In Afrikas Großstädten geht es für Investoren oft darum, die Versorgung mit Wasser und Strom selbst zu übernehmen. Um beispielsweise als Hotel für einen der regelmäßigen Stromausfälle gewappnet zu sein, ist das Betreiben eigener Generatoren, die sich bei Stromausfall automatisch aktivieren, unerlässlich. Auch die fehlende Leistungsfähigkeit des Wasser- bzw. Abwassernetzes muss oft mit eigener Infrastruktur überbrückt werden. Der schwerwiegendste Kostenfaktor ist aber Strom.

Märkte für erneuerbare Energien

Doch es gibt sogar konkrete Anzeichen einer Energiewende: Schließlich scheinen die Märkte Afrikas ideal für erneuerbare Energien. Auch Südafrika, das jetzt bereits zwei Drittel der Kapazität der Region produziert, will enorm zulegen - es sollen 64 entsprechende Projekte, von Wind- bis Solarparks, gebaut werden. In Äthiopien entsteht derzeit Afrikas größter Wasserstaudamm. Bei seiner Fertigstellung 2017 soll das Nil-Kraftwerk 6.000 Megawatt Strom liefern - so viel wie sechs Atomkraftwerke zusammen. Die Stromproduktion Äthiopiens würde sich auf einen Schlag verdreifachen.

Windrad in Südafrika

Reuters/Mike Hutchings

Eine Windmühle in Südafrika - Vorbote einer steigenden Zahl von Windparks

In Kenia entsteht derzeit das größte Geothermikkraftwerk der Welt. In der Nähe des kenianischen Turkana-Sees wird an Afrikas größtem Windpark gebaut. Das Auftauchen dieser Vielzahl an neuen Projekten kommt nicht von ungefähr: Einerseits haben viele afrikanische Staaten ihre Märkte liberalisiert und privaten Investoren geöffnet, andererseits wurden auch die Förderungen klarer geregelt und für Investoren attraktiver gestaltet. Südafrika beispielsweise entschied 2008, die Energieversorgung nicht nur an den Staatskonzern Eskom zu koppeln.

Begünstigende Umstände

Nigeria hat 2013 seinen staatlichen Stromversorger NEPA privatisiert, Kenia, Ghana und Tansania setzen auf Investitionen aus dem Ausland, vorwiegend von chinesischen Firmen. Ein weiterer Faktor sind die fallenden Kosten für erneuerbare Energien. Weil Afrika über zahlreiche Gegenden verfügt, die sich ausgezeichnet für Bau und Betrieb entsprechender Anlagen eignen, sind Investoren daran interessiert.

Zudem können Wind- und Solarparks auch kleine Einheiten unabhängig vom Gesamtnetz versorgen. Die Kosten im Vergleich zu Dieselgeneratoren sind jedenfalls ein Anreiz für erneuerbare Energiequellen - sie können konkurrenzlos entstehen. So hat der Kontinent das Potenzial sich von einem Nachzügler in Sachen Stromversorgung zu einem führenden Markt für erneuerbare Energien zu entwickeln - wenn ineffizient arbeitende Regierungen dieser Entwicklung nicht im Weg stehen.

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