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Psychische Belastung stark gestiegen

Acht Prozent der Arbeitnehmer in Österreich sind permanent, weitere 37 Prozent zumindest regelmäßig Stress im Job ausgesetzt. Das ist das Ergebnis einer europaweiten Umfrage, aus der Ende März in Wien bei einer Expertentagung zum Thema „Gesunde Arbeitsplätze - den Stress managen“ zitiert wurde.

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Stress am Arbeitsplatz ist das zweithäufigste Gesundheitsproblem Europas und verursacht Kosten in Milliardenhöhe. Europaweit sei bereits die Hälfte aller Krankenstandstage auf arbeitsbedingter Stress zurückzuführen, so Christa Sedlatschek, Direktorin der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA).

40 Prozent wegen Stresses berufsunfähig

In Österreich werden 40 Prozent aller Berufsunfähigkeitspensionen durch Stress und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit verursacht. Zwar habe sich in den letzten Jahren viel getan, doch Unternehmen seien weiter gefordert, mehr Maßnahmen gegen Stress zu entwickeln, so Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) im Rahmen der Tagung. „Die Wirtschaft muss mitgestalten“, so Hundstorfer, „die Forderung allein, länger im Erwerbsleben zu bleiben, reicht nicht. Wir werden nicht lockerlassen, Unternehmen weiterhin zu motivieren und zu unterstützen, bis alle ihre Hausaufgaben im Bereich Arbeitnehmerschutz gemacht haben“, so der Minister.

Auch ständige Umstrukturierung zermürbt

Vor allem der Umgang mit schwierigen Kunden, Patienten oder Schülern sowie Zeitdruck führen in Österreich zu erhöhter Stressbelastung. Daher sind in erster Linie serviceorientierte Branchen wie der Gesundheits- und Pflegesektor, öffentlicher Verkehr, Gastgewerbe und Schulen betroffen.

Im EU-Vergleich geht es den Arbeitnehmern in Österreich ebenso wie jenen in Skandinavien gut. Die höchsten Belastungswerte zeigten Länder wie Zypern, Griechenland, Slowenien, Portugal und Malta vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise. Dauernde Überstunden und Arbeitsüberlastung, ständige Restrukturierung und die Angst vor dem Jobverlust sowie Zeitdruck und Schikanen durch Vorgesetzte am Arbeitsplatz wurden als größte Belastungsfaktoren genannt.

Maßnahmen gegen unregelmäßige Arbeitszeiten

In Österreich ist der Schutz der psychischen Gesundheit seit 2013 im Arbeitnehmerschutzgesetz geregelt. Die bisher am häufigsten ergriffenen Maßnahmen zur Stressprävention in Unternehmen sind vertrauliche Beratungsangebote, Neuorganisation der Arbeit, Veränderungen von langen oder unregelmäßigen Arbeitszeiten und Einführung von Konfliktlösungsverfahren.

Christa Sedlatschek, Rudolf Dundstorfer, Johann Kalliauer und Anna Ritzberger-Moser

Sozialministerium/BKA, Regina Aigner

Sedlatschek, Hundstorfer, Kalliauer und Ritzberger-Moser (v. l. n. r.) am Podium

5.000 heimische Betriebe überprüft

Das im Sozialministerium angesiedelte Arbeitsinspektorat mit 310 Inspektoren hat eine Beratungs- und Kontrolloffensive gestartet und im vergangenen Jahr knapp 5.000 Betriebe geprüft, um 60 Prozent mehr als 2012. In 36 Prozent der Fälle sei eine schriftliche Aufforderung an Betriebe erfolgt, Mängel zu beheben, sagte Anna Ritzberger-Moser, die Leiterin der Sektion Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat im Sozialministerium. „Die meisten Beanstandungen hat es im Handel, in der Gastronomie und im Sozial- und Gesundheitswesen gegeben“, sagte Ritzberger-Moser.

Elf Fälle mit Durchschnittsstrafe von 1.600 Euro

Kommen Betriebe trotz der Beratung und Hilfestellung den gesetzlichen Vorgaben nicht nach, stellt das Arbeitsinspektorat Verwaltungsstrafanträge. Das sei selten nötig, da die Betriebe den Nutzen gesunder Arbeitsplätze für ihren wirtschaftlichen Erfolg erkennen. Seit 2013 wurde erst in elf Fällen ein solcher Antrag gestellt. Die Strafe betrug durchschnittlich 1.600 Euro. Hinter mangelhafter Umsetzung stecke zumeist keine böse Absicht, sondern mangelhaftes Wissen, sagte Ritzberger-Moser und betonte zugleich: „Wir weigern uns, Beratungsresistenz zu unterstützen.“

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