Harte Worte vor der Wahl
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Montag erklärt, solange er Regierungschef sei, werde kein Palästinenserstaat entstehen. Gefragt vom israelischen Nachrichtenportal NRG, ob es keinen Palästinenserstaat geben werde, wenn er Ministerpräsident bleibe, antwortete Netanjahu: „Gewiss.“ In Israel wird am Dienstag ein neues Parlament gewählt.
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Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei liegt in den Umfragen hinter der Zionistischen Union (HaMahane haZioni) aus Arbeitspartei und der zentristischen Hatnua von Ex-Außen-und -Justizministerin Tzipi Livni. Netanjahu richtete sich mit seiner Aussage gegenüber NRG offenbar an die rechtsgerichtete Wählerklientel; ohne die Unterstützung von weiter rechts dürfte er auch keine neue Regierungskoalition zustande bringen.
„Extremistischer Islam“
In der Vergangenheit hatte Netanjahu die Schaffung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates als Teil eines dauerhaften Friedensabkommens mit den Palästinensern erwogen. Unter seiner Regierung ist der Friedensprozess allerdings zum Erliegen gekommen. Der Friedensplan des Nahost-Quartetts (UNO, EU, Russland, USA) aus dem Jahr 2000 sieht eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten vor.
„Alle, die die Schaffung eines Palästinenserstaates und die Rückgabe von Gebieten wollen, machen diese Gebiete anfällig für Angriffe des extremistischen Islam gegen den Staat Israel“, sagte Netanjahu. Das sei „die Wahrheit, die sich in den vergangenen Jahren ergeben hat“. Wer das ignoriere, „steckt den Kopf in den Sand“.
Neue Situation nach „arabischem Frühling“?
In einem Interview mit dem staatlichen Rundfunk sagte Netanjahu, seit seiner Rede von Bar Ilan habe sich „die Realität geändert“. In der Ansprache vom 14. Juni 2009 hatte der israelische Regierungschef erstmals öffentlich eine Zweistaatenlösung zur Beilegung des Konflikts mit den Palästinensern befürwortet.
„Diese Rede wurde gehalten vor dem arabischen Sturm, den man ,arabischen Frühling‘ nennt und der über den Nahen Osten hinweggefegt ist und den radikalen Islam mit sich gebracht hat“, hob Netanjahu hervor. Jedes Territorium, das nun aufgegeben werde, „wird in die Hände von radikalen Islamisten fallen“, fügte der Regierungschef mit Blick auf einen Verzicht auf jüdische Siedlungen in den Palästinensergebieten hinzu. Es sei „unmöglich, die Rede von Bar Ilam anzuwenden“, denn Israel habe aufseiten der Palästinenser keinen Partner für den Frieden.
Symbolreicher Besuch
Unmittelbar vor der mit Spannung erwarteten Parlamentswahl lieferten sich die Kandidaten einen letzten heftigen Schlagabtausch. Anders als Oppositionschef Isaac Herzog sei er der Garant dafür, dass Jerusalem nicht erneut geteilt werde, sagte Netanjahu. Er besuchte in der Früh demonstrativ die jüdische Siedlung Har Homa im Südosten von Jerusalem.

APA/EPA/Abir Sultan
Netanjahu und seine Baupläne in der Siedlung Har Homa
Dieses große Neubauviertel ist besonders umstritten, weil es erst nach dem Oslo-Abkommen wie ein Riegel zwischen Jerusalem und ihrer historischen Schwesterstadt Bethlehem errichtet wurde. In Har Homa versprach Netanjahu für den Fall seiner Wiederwahl: „Wir werden in Jerusalem Tausende Neubauwohnungen errichten und trotz des internationalen Drucks unsere ewige Hauptstadt vergrößern.“
Am Dienstag sind knapp sechs Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, bereits nach etwas mehr als zwei Jahren erneut über die Zusammensetzung der Knesset zu entscheiden. Die Neuwahl gilt als Referendum über die Regierungszeit Netanjahus, der seit 2009 im Amt ist. Er baute in seiner Kampagne ausschließlich auf das Thema Sicherheit, insbesondere die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm. Wenig Beachtung schenkte seine konservative Likud-Partei sozialen Themen.
Angriffe auf Herausforderer
Um verlorenen Boden gutzumachen, entschloss sich Netanjahu zudem kurzfristig, bei einer Großkundgebung des rechten Lagers am Sonntagabend in Tel Aviv zu sprechen, was ursprünglich nicht vorgesehen war. Dort warnte er die rund 25.000 Teilnehmer vor „einer realen Bedrohung“ der Sicherheit Israels und der Zukunft Jerusalems, sollte die Zionistische Union die Wahl gewinnen. Israel hatte Ostjerusalem 1967 erobert und 1980 annektiert, was von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannt wird.
Zugleich verschärfte der konservative Regierungschef in Interviews am Montag seine Angriffe auf die Herausforderer. Herzog und Livni verurteilten „den von mir veranlassten Ausbau der jüdischen Viertel in der Stadt“, sagte Netanjahu dem israelischen Nachrichtenportal Walla. „Sie sind fähig, alles aufzugeben, unter jedem Diktat zu katzbuckeln, inklusive des Atomabkommens mit dem Iran.“
Ehud Barak wirbt für Herzog
Herzog wies die Vorwürfe des Regierungschefs zurück. „Ich bin besser als jeder andere Kandidat in der Lage, Jerusalem und seine Bewohner zu schützen - und zwar mit Taten und nicht nur mit Worten“, versicherte der Vorsitzende der Arbeitspartei bei einem Besuch an der Klagemauer in der Jerusalemer Altstadt.
Prominente Unterstützung erhielt er am letzten Tag vor der Wahl noch von Ehud Barak, der es 1999 als letzter Chef der Arbeitspartei geschafft hatte, das Amt des Ministerpräsidenten zu erobern. Herzog sei so „erfahren und zuverlässig“, dass Israel seine Sicherheit beruhigt in seine Hände legen könne, sagte Barak, der Netanjahu nach seiner ersten Regierungszeit abgelöst hatte.
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