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„Präsident kann nicht nur gehen“

Nach zehn Tagen ohne öffentlichen Auftritt und wilden Spekulationen über seinen Verbleib ist Russlands Präsident Wladimir Putin am Montag erstmals wieder vor Journalisten erschienen. Im Konstantinpalast bei St. Petersburg schüttelte er dem kirgisischen Präsidenten Almasbek Atambajew die Hand, bevor sich beide zu einem Gespräch zurückzogen.

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Davor hatte sich Putin das letzte Mal am 5. März in Moskau der Öffentlichkeit gezeigt. Damals traf der sich mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi. Als der russische Präsident in den kommenden Tagen von der Bildfläche verschwand, gab das Anlass zu allerlei Gerüchten. Schweizer Medien hatten in der vergangenen Woche über die angebliche Niederkunft von Putins mutmaßlicher Geliebter Alina Kabajewa in einer Privatklinik im Tessin berichtet. Der „Kurier“ schrieb wiederum von der medizinischen Behandlung Putins durch einen Wiener Arzt wegen Rückenproblemen.

„Ohne Gerüchte wäre es langweilig“

Andere sprachen gar vom Tod des Präsidenten oder seiner Entmachtung. Zumindest tot ist Putin nicht - auch das Präsidentenamt dürfte er noch innehaben. Atambajew sagte bei dem Treffen, Putin persönlich habe ihn im Park des prunkvollen Konstantinpalasts in Strelna im Wagen umherkutschiert. „Das heißt, der russische Präsident kann nicht nur gehen, er sitzt sogar am Steuer und fährt seine Gäste herum“, meinte das Staatsoberhaupt der früheren zentralasiatischen Sowjetrepublik.

Wladimir Putin und Almazbek Atambayew

APA/EPA/Anatoly Maltsev

Das Treffen mit Atambajew war Putins erster öffentlicher Auftritt seit dem 5. März

Putin selbst - der laut Beobachtern etwas blass wirkte - ließ die Journalisten dagegen nur wissen: „Ohne Gerüchte wäre es langweilig.“ Kreml-Sprecher Dimitri Peskow machte sich am Montag über die Spekulationen lustig: „Gut, haben Sie also alle den gelähmten Präsidenten gesehen, der von seinen Generälen entführten worden war, der mit einem Flugzeug aus der Schweiz zurückgekehrt ist, wo er selbst ein Kind zur Welt gebracht hat“, sagte er zu Journalisten.

Rätselraten bereits vor drei Jahren

Bereits 2012 war in Russland über Putins Gesundheit gerätselt worden, als er mehrere Auslandsreisen absagte und offensichtlich humpelte. Der Kreml erklärte damals, Putin habe Rückenprobleme wegen einer „älteren Verletzung“ an der Wirbelsäule. Diese hätten sich verschlimmert, als Putin versucht habe, in einem Leichtflugzeug eine Gruppe Kraniche zu begleiten.

Zum jüngsten Verschwinden erklärte der Kreml, der Präsident sei mit der Wirtschaftskrise schwer beschäftigt und habe „ständig Treffen, aber nicht alle Treffen sind öffentlich“. Demonstrativ gezeigtes Bildmaterial gab in der vergangenen Woche jedenfalls wenig Aufschluss über Putins Verbleib. Auf der Kreml-Homepage etwa wurde ein Bild von einem Treffen mit einem Gouverneur gezeigt, das am 11. März stattgefunden haben soll. Laut der russischen Zeitung „RBC“ fand dieses Treffen mit Putin aber bereits am 4. März statt.

Überprüfung der Gefechtsbereitschaft

Zumindest laut Kreml meldete sich der russische Präsident aber per Aussendung regelmäßig zu Wort. Erst am Montag ordnete Putin eine Überprüfung der Gefechtsbereitschaft von Streitkräften im westlichen Wehrbezirk sowie bei der Nordflotte und den Luftlandetruppen an. Insgesamt seien 38.000 Soldaten, mehr als 40 Schiffe, etwa 15 U-Boote und 110 Flugzeuge betroffen, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Die Anweisung des Oberbefehlshabers Putin sei Montagfrüh in Kraft getreten. Heimathafen der Nordflotte ist Seweromorsk nahe der Grenze zu Norwegen. Hauptquartier des Westbezirks ist St. Petersburg.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau begannen auch in der südrussischen Region Stawropol sowie im Osten des Landes Einheiten mit Schießübungen. Am russischen Stützpunkt Kant in Kirgistan hoben Jagdflugzeuge vom Typ Suchoi Su-25 und mehrere Hubschrauber zur Prüfung der Kampfbereitschaft ab. Zudem nehme im Kaspischen Meer ein russisches Kriegsschiff an Schießübungen teil.

Am Freitag will Putin mit einwöchiger Verzögerung nun seine Reise nach Kasachstan antreten - und damit jenen Besuch nachholen, dessen Absage die Gerüchteküche vergangene Woche befeuert hatte. In der Hauptstadt Astana will er am 20. März neben seinem Kollegen Nursultan Nasarbajew auch den weißrussischen Staatschef Alexander Lukaschenko treffen.

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