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Anhaltender Unmut in ÖVP-Reihen

Bis zu 40 Gesetze müssten im Zuge der Steuerreform geändert werden, hat es am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ geheißen. Details dazu wollen Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Dienstag im Ministerrat vorlegen. Dazu gehört offenbar auch eine weitgehendere Lockerung des Bankgeheimnisses als bisher gedacht.

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Nicht nur Unternehmen könnte die geplante Kontoöffnung betreffen, sondern „alle Prüfverfahren“, so Mitterlehner in der „Pressestunde“. Faymann nannte als Beispiel gewerbliche Pfuscher, die eine Garage umbauen. Mitterlehner verwies aber auch auf Onlinezimmervermittler wie Airbnb und Co., ohne diese namentlich zu nennen: „Wenn zum Beispiel im Tourismusbereich Personen ihre Wohnungen gegenseitig austauschen und das gewerbsmäßig machen, dann wird genau in dem Fall wahrscheinlich in das Konto hineingeschaut werden müssen.“ Ansonsten könne man den Fall nie beweisen.

Faymann sprach in diesem Zusammenhang erneut von der Notwendigkeit eines zentralen Kontoregisters. Dieses wäre „hilfreich“, um wie auch schon in anderen Ländern bei Betriebsprüfungen ohne Gerichtsbeschluss in die Konten von Unternehmen Einsicht nehmen zu können. Mitterlehner verwies hierbei auf die entsprechende Vorlage für den Ministerrat am Dienstag, bei dem weitere Details bekanntgegeben werden sollen. Kanzler und Vizekanzler kündigten in der „Pressestunde“ an, dass an den Details noch gefeilt werde, die Grundlagen seien aber fixiert. Es gab allerdings einige Zugeständnisse wie bei der Grunderwerbssteuer, die für den Tourismus gemildert werden soll.

Anhaltende Kritik seit Freitag

Seit der Präsentation der Steuerreform am Freitag gab es vor allem aufseiten der ÖVP teils heftige Kritik an den präsentierten Plänen - wenn auch nicht immer offen. Gegenüber dem „Standard“ sagte der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Peter Haubner, die Stimmung im Wirtschaftsbund sei „sehr schlecht“. Laut Bericht ist offenbar gerade die Lockerung des Bankgeheimnisses für Unternehmen nicht so sicher, wie sie von der Regierungsspitze präsentiert wurde.

So soll ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky weitere Präzisierungen fordern, dazu gehört ein begründeter Verdacht, um die Konten tatsächlich zu öffnen. Auch will er für die Banken einen Kostenersatz für die Einrichtung des geplanten zentralen Bankkontoregisters. Die FPÖ schloss ihre Zustimmung zur Lockerung des Bankgeheimnisses laut „Standard“ aus. Der Budgetsprecher der Grünen, Bruno Rossmann, zeigte sich am Freitag gesprächsbereit, die Grünen tendieren aber überhaupt in Richtung einer kompletten Abschaffung des Bankgeheimnisses.

Wirtschaft fordert niedrigere Lohnnebenkosten

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) hatte sich in Interviews am Wochenende mit der Steuerreform grundsätzlich zufrieden gezeigt, ortete aber ebenfalls Diskussionsbedarf. Es gebe viele Punkte, die „wir kritisch hinterfragen und durchrechnen müssen“, die Wirtschaftskammer werde sich in die parlamentarische Nachbehandlung auch entsprechend „massiv“ einbringen. Auch Leitl präferiert Kontoöffnungen nur bei begründetem Verdacht. Laut „Kurier“ fordert die Wirtschaft eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten wie eine kräftige Beitragssenkung zum Familienlastenausgleichsfonds und zur Unfallversicherung von in Summe mehr als zwei Milliarden Euro.

Diskussionsbedarf gibt es laut „Standard“ auch bei den Maßnahmen gegen Sozialbetrug, vor allem in den SPÖ-Reihen. Überlegungen in der ÖVP wie eine strengere Krankenstandsregelung für Arbeitslose und die Selbstkontrolle, ob Arbeitnehmer sozialversichert sind, stoßen demnach auf Widerstand. Laut „Presse“ könnte es in der SPÖ auch Widerstand geben, weil etwa die höhere Grunderwerbssteuer bei Erbschaften vor allem die Mittelschicht betrifft - die eigentlich entlastet werden sollte. Sie rechnet zudem mit einem Boom von vorzeitigen Übertragungen an die Nachkommen bis zum Inkrafttreten der Steuerreform.

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