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Tatsächliches Ausmaß völlig unklar

Einer der gefährlichsten Zyklone der Neuzeit ist am Samstag mit verheerender Zerstörungskraft über den Inselstaat Vanuatu im Südpazifik gezogen. Das UNO-Büro für Nothilfe (OCHA) sprach von mindestens 44 Toten, das Kinderhilfswerk UNICEF von der womöglich schlimmsten Wetterkatastrophe im Südpazifik. Zehntausende Menschen leben direkt in der Schneise von „Pam“.

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„Es ist noch zu früh, das mit Sicherheit zu sagen, aber die ersten Berichte lassen vermuten, dass diese Wetterkatastrophe die schlimmste sein könnte, die diese Pazifikregion je getroffen hat,“ sagte UNICEF-Neuseeland-Direktorin Vivien Maidaborn am Samstag.

„Deutlich schlimmer als vorhergesagt“

„Es ist klar, dass die volle Wucht des Superzyklons (die Inseln, Anm.) deutlich schlimmer getroffen hat als vorhergesagt“, berichtete UNICEF-Sprecherin Alice Clements aus der Hauptstadt Port Vila. „Das ist mit Sicherheit eine Katastrophe für die Einwohner.“ Die Sturmböen hätten in ihrem dreistöckigen Hotel die Schiebetüren aus der Verankerung gerissen. „Es war furchteinflößend“, sagte sie.

Verwüstes Gebiet in Vanuatu

APA/AP/UNICEF Pacific, Humans of Vanuatu

Die Hauptstadt Port Vila wurde weitgehend zerstört

„Ein Bild absoluter Verwüstung“

Weitere Berichte lassen Schlimmstes vermuten: Häuser und Regierungsgebäude seien komplett verwüstet, berichtete der Sprecher der Behörde für Katastrophenschutz, Mishaen Lulu Garae, am Samstag dem neuseeländischen Rundfunk. Auch ein Teil des Zentralkrankenhauses sei zerstört worden. Nach seinen Angaben gibt es keinen Kontakt zu vielen Inseln, deshalb sei es unmöglich, die Schäden und Opferzahlen einzuschätzen.

„Ich bin durch die Straßen gegangen, es ist ein Bild absoluter Verwüstung“, sagte Chloe Morrison von der Hilfsorganisation World Vision der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Unzählige Häuser wurden einfach fortgerissen, nur die stärksten Betonbauten haben dem Sturm standgehalten - und davon gibt es nicht so viele.“ Mindestens 10.000 der 44.000 Einwohner seien obdachlos. Die meisten lebten in 23 Notunterkünften. In der Stadt gebe es keinen Strom, nur wackelige Mobilfunkverbindungen und über Stunden kein fließendes Wasser.

Karte von Australien mit Vanuatu

ORF

Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h

Der Sturm sei Freitagabend (Ortszeit) aufgezogen, aber die schlimmsten Stunden seien gegen Mitternacht gekommen. „Pam“ war ein Zyklon der gefährlichsten Kategorie, Nummer fünf - das bringt Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometern pro Stunde. „Es war unendlich laut und hörte sich an wie Ozeanwellen, die an den Strand krachen“, berichtete die NGO-Mitarbeiterin Morrison. „Vor meinem Haus landete ein Dach, das ist mindestens 50 Meter durch die Luft geflogen.“ Morrison überlebte in einem Betonhaus. Der Zyklon sei am frühen Morgen weitergezogen. Am Samstag habe es aber tagsüber immer wieder stark geregnet.

Verwüstes Gebiet in Vanuatu

APA/AP/UNICEF Pacific, Humans of Vanuatu

Dächer wurden durch die Luft geschleudert

80 Inseln von der Außenwelt abgeschnitten

Zu den 20 World-Vision-Mitarbeitern in Port Vila habe sie Kontakt, aber weitere 80 seien auf abgelegenen Inseln im Einsatz. „Wir können uns gar nicht ausmalen, wie es dort aussieht“, sagte sie. Die Inseln seien von der Außenwelt abgeschnitten, Kommunikation sei nicht möglich. „Ich glaube nicht, dass auch nur eine der über 80 Inseln verschont geblieben ist“, sagte Morrison. „Es kann Tage dauern, bis wir das Ausmaß der Zerstörung oder Opferzahlen kennen.“

Australische Fernsehsender zeigten erste Videos, die nach ihren Angaben aus der Region stammten. Auf den Bildern waren mächtige Wellen, die über Uferpromenaden schwappten, entwurzelte Bäume und umgeknickte Strommasten zu sehen. Das Telekommunikationsnetz brach nach Angaben des Roten Kreuzes zusammen. Das genaue Ausmaß der Schäden war daher zunächst unklar. Zuletzt waren bei Zyklon „Lusi“, einem Sturm der Kategorie zwei, im März 2014 auf Vanuatu zehn Menschen ums Leben gekommen.

Verwüstes Gebiet in Vanuatu

APA/AP/UNICEF Pacific, Humans of Vanuatu

Lediglich Betonbauten hielten dem Zyklon stand

„Höchst zerstörerische Winde“

Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale nahm in Japan an der UNO-Konferenz zur Katastrophenvorsorge teil. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon versprach dem Land bei einem Gespräch mit Lonsdale Hilfe. Seine Gedanken seien bei den Einwohnern. Auf Vanuatu warnte die lokale Meteorologiebehörde im Vorfeld vor „höchst zerstörerischen Winden, heftigen Sturmfluten und verheerendem Regen“.

Der Inselstaat liegt rund drei Flugstunden nordöstlich von Brisbane an der australischen Ostküste. Auf rund 80 Inseln leben etwa eine Viertelmillion Menschen. Anders als andere Pazifiknationen hat Vanuatu Berge und Hochplateaus. Ein Drittel des Landes liegt auf einer Höhe von mehr als 300 Metern. Die meisten Menschen wohnen aber an den Küsten. Im November 2013 war der Taifun „Haiyan“ vom Pazifik über die Philippinen hereingebrochen. Mehr als 7.000 Menschen kamen ums Leben. „Haiyan“ war der bisher stärkste Taifun, der je an Land gekommen ist.

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